Eklat nach Streit im Vorstand
Schweizer Tierschutz suspendiert SP-Nationalrätin

Der Tierschutz-Dachverband suspendiert zwei Vorstandsmitglieder, weil sie das «Kollegialitäts- und Loyalitätsprinzip» verletzt hätten. Martina Munz spricht von einem «Racheakt».
Publiziert: 03.09.2023 um 00:11 Uhr
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Knall in der grössten Tierschutzorganisation des Landes. Der Dachverband Schweizer Tierschutz (STS) suspendiert zwei prominente Vorstandsmitglieder: SP-Nationalrätin Martina Munz und ETH-Agraringenieur Michel Roux. Laut einem internen E-Mail an die Sektionen habe der Zentralvorstand mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen, die beiden bis zur Delegiertenversammlung Anfang November zu suspendieren und ihre Abwahl zu beantragen. Der Grund: Munz und Roux hätten «wiederholt das Kollegialitäts- und Loyalitätsprinzip verletzt».

Der Eklat im Vorstand ist der vorläufige Tiefpunkt in einem Machtkampf, der schon lange schwelt. Anfang Juni machte der SonntagsBlick gravierende Missstände beim Tierschutz publik. Vertrauliche Dokumente ergaben das Bild einer millionenschweren Organisation, geprägt von einem autoritären Führungsstil, einer Kultur der Intransparenz – und Streitereien auf Führungsebene.

Vorwürfe gegen Präsidentin

Die beiden nun suspendierten Vorstandsmitglieder erhoben schwere Vorwürfe gegen STS-Präsidentin Nicole Ruch. Die Credit-Suisse-Bankerin aus Biel BE kehre Missstände unter den Teppich. «Die Präsidentin verhält sich wie eine Alleinherrscherin. Sie und ihre Leute führen den Verband autoritär und intransparent», sagte SP-Nationalrätin Munz zu SonntagsBlick. Auch ETH-Agraringenieur Roux griff die Tierschutz-Chefin frontal an: «Sie verletzt sämtliche Good-Governance-Regeln.»

SP-Nationalrätin Martina Munz erhob im SonntagsBlick schwere Vorwürfe gegen die Tierschutz-Chefin.
Foto: Keystone
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Der Verband stritt die Vorwürfe vehement ab. Präsidentin Nicole Ruch wehrte sich in einem Interview im Blick: «Ich führe vernünftig, partizipativ, zukunftsorientiert und kollegial.» 

Kurt Aeschbacher verliess Tierschutz im Streit

Daraufhin mischte sich TV-Talker Kurt Aeschbacher ein. Auch er sass im Zentralvorstand des STS, trat 2022 aber nach wenigen Monaten zurück. «Als engagierter Tierfreund freute ich mich auf das Amt, eine tolle Sache! Ich war dann aber schon nach der ersten Sitzung schockiert über die Zustände in diesem Gremium», sagte er. Erschreckt habe ihn vor allem das Verhalten von Präsidentin Ruch. Sie lasse keine kontroversen Diskussionen zu. «Nachfragen und Verbesserungsvorschläge wertete sie als Angriff.»

«Wir haben mehrfach das Gespräch gesucht»

In dem E-Mail, mit dem die Sektionen am Freitag über die Suspendierung von Munz und Roux informiert wurden, schreibt die Tierschutz-Führung jetzt: «Wir haben mit den beiden mehrfach das Gespräch gesucht und sie auch angehört.» Anstatt jedoch den Modernisierungskurs des STS zu unterstützen, habe sich das «unkollegiale» Verhalten der zwei nicht geändert. «Die Basis für eine koordinierte und zukunftsgerichtete Zusammenarbeit und Kommunikation war deshalb aus Sicht einer Mehrheit im Zentralvorstand nicht mehr gegeben.» Munz und Roux hätten dem Tierschutz geschadet.

«Das ist ein Racheakt»

SP-Nationalrätin Martina Munz sagt dazu einzig: «Das ist ein Racheakt. Mit dem Ausschalten der Personen, die auf Missstände aufmerksam machen, können die Probleme nicht behoben werden.» Der Verband selbst wollte sich über seine Ausführungen im E-Mail hinaus nicht mehr zum Streit äussern.

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