Ein Jahr danach
Erdogan-Fans in der Schweiz feiern Putsch-Scheitern

Vor einem Jahr wurde wurde in der Türkei ein Militärputsch niedergeschlagen. Staatspräsident Erdogan feiert den Jahrestag in der Türkei – und auch seine Anhänger in der Schweiz schwingen die Fahnen.
Publiziert: 15.07.2017 um 19:15 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:35 Uhr

Die Union der Europäisch- Türkischen Demokraten (UETD) gilt als verlängerter Arm der türkischen Regierungspartei AKP in der Schweiz. Der Verband organisiert immer wieder Auftritte von türkischen Politikern in der Schweiz und ist ausserdem in der Spionage-Affäre der Basler Polizei verwickelt (BLICK berichtete).

Gestern Abend haben die Anhänger des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in einem Hotel in Winterthur die Niederschlagung des Militärputschs vor einem Jahr gefeiert. Bilder auf der Facebook-Seite der UETD zeigen einen Anlass mit Reden und viel fröhlichem Fahnenschwenken. Auch mit dabei: Ilhan Saygili, der türkische Botschafter in der Schweiz. Abwesend war der Chef der Organisation, Murat Sahin (38), der offenbar in der Türkei weilt.

Auch der türkische Botschafter Ilhan Saygili (r.) nahm teil.
Foto: Facebook/UETD
In Winterthur gedenken Erdogan-Anhänger dem gescheiterten Putsch.
Foto: Facebook/UETD

Gedenken in der Türkei mit viel Pathos

Auch in der Türkei selbst wurde das Scheitern des Putschs vor einem Jahr mit viel Pathos gefeiert. Das Parlament in Ankara würdigte bei einer Sondersitzung die «Märtyrer und Helden» der Putschnacht vom 15. Juli 2016.

«Es ist ein Jahr her, dass aus der dunkelsten Nacht die Nacht der Helden wurde», sagte Regierungschef Binali Yildirim am Samstag bei seiner Ansprache vor den Abgeordneten. Er bezeichnete die Putschnacht als einen siegreichen «zweiten Unabhängigkeitskrieg» und bezog sich damit auf den Krieg nach dem Zerfall des Osmanischen Reichs, aus dem 1923 die Türkische Republik hervorgegangen war.

Zu seinen Zuhörern im Parlament gehörte auch Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, den eine Gruppe von Militärs im vergangenen Jahr zu stürzen versucht hatte. Er sass während der Ansprachen mit versteinertem Blick auf einem Platz in den Rängen.

Kritik an Erdogans «Säuberungen»

Der Chef der grössten Oppositionspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, warf der Regierung «Behinderungen» bei der Aufarbeitung der Putschnacht vor. «Über das vergangene Jahr hinweg haben sich alle Rechtsabläufe immer weiter vom gesetzlichen Rahmen entfernt», sagte er . «Die Justiz wurde zerstört.»

«Statt einer schnellen Normalisierung haben sie einen bleibenden Ausnahmezustand erschaffen», sagte Kilicdaroglu. Für eine vollständige Aufarbeitung des Putsches müssten diejenigen, die die Putschisten und Unterstützer «an den empfindlichsten Stellen des Staates» platziert hätten, zur Rechenschaft gezogen werden, forderte der CHP-Chef weiter mit Blick auf die Regierung.

Der stellvertretende Chef der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP, Ahmet Yildirim, kritisierte unter anderem die Massenentlassungen und Inhaftierungen von HDP-Abgeordneten und warf der Regierung vor, einen «zweiten Putsch» durchgeführt zu haben. (rey/SDA)

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