«Ich habe mich absichtlich von der Spinne beissen lassen»
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Experte über Nosferatu-Spinne:«Ich habe mich absichtlich von ihr beissen lassen»

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Nosferatu-Spinne
Was tun, wenn ich ihr begegne?

Die Nosferatu-Spinne breitet sich in der Schweiz aus. Blick klärt mit Experte Ambros Hänggi alle wichtigen Fragen.
Publiziert: 05.09.2022 um 17:06 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2022 um 16:18 Uhr
Georg Nopper

Gross und giftig – so wird die Nosferatu-Spinne meist beschrieben. Aufgrund der Klimaerwärmung fühlt sich das Krabbeltier nördlich der Alpen immer wohler, glauben Experten. Das erste bekannte Exemplar wurde hierzulande 1994 beim Naturhistorischen Museum Basel abgegeben. Spinnen-Experte Ambros Hänggi (65) war dort Leiter der Abteilung Zoologie. Er hat die Ausbreitung der Zoropsis spinimana, wie die Nosferatu-Spinne auf Lateinisch heisst, aufmerksam beobachtet. Mittlerweile ist sie im ganzen schweizerischen Flachland zu finden.

Wie gefährlich ist der Biss?

«Nosferatu-Spinnen sind harmlos für den Menschen», sagt Hänggi. «Ich habe mich selbst beissen lassen. Dabei hat nur das Zubeissen gezwickt.» Die Stelle habe dann ungefähr ausgesehen wie bei einem Mückenstich. «Es hat nicht gebrannt wie bei einem Wespen- oder Bienenstich.» Auszuschliessen ist dem Spinnen-Experten zufolge jedoch nicht, dass an ganz empfindlichen Stellen wie zum Beispiel an einem Augenlid stärkere Bissfolgen auftreten könnten. «Nosferatu-Spinnen sind zudem extrem beissfaul. Sie verteidigen sich nur, wenn sie in Bedrängnis geraten. Das kann natürlich der Fall sein, wenn sie sich in einem Pullover oder in einem Schuh verstecken – und jemand da hineinschlüpfen will.»

Gibt es Allergiker?

Meldungen über Spinnenangriffe gibt es allgemein nur sehr wenige. Hänggi: «Dass jemand nach einem Biss der Nosferatu-Spinne wie bei einem Bienenstich einen allergischen Schock erlitten hätte, habe ich noch nie gehört.» Ganz ausschliessen kann man das aufgrund der seltenen Vorkommnisse jedoch nicht. Und es gibt noch eine zweite Unsicherheit: «Bei heftigeren Infektionen muss man sich fragen, inwiefern dies auf eine Verunreinigung der Bisswunde zurückzuführen ist, oder ob eventuell doch eine allergische Reaktion vorliegt.»

Im ganzen schweizerischen Flachland zu finden: die Nosferatu-Spinne.
Foto: Naturhistorisches Museum Basel
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Video zeigt die neue Gift-Spinne
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Was tun, wenn ich der Nosferatu-Spinne begegne?

Die Nosferatu-Spinne ist nachtaktiv und hält sich gern in Städten auf. «Tatsächlich begegnen ihr die Menschen häufig im Schlafzimmer», sagt Hänggi. Der Grund dafür sei schlicht, dass man sich bei Einbruch der Dunkelheit meistens noch bei Licht im Wohnzimmer befinde. «Derweil fühlt sich eine Nosferatu-Spinne im dunklen Schlafzimmer ungestört und kriecht aus ihrem Versteck. Wenn man das Licht anmacht, ist sie dann plötzlich da.» Totschlagen würde er sie nicht, sagt Hänggi. «Das gäbe einen hässlichen Fleck an der Wand.» Der Spinnen-Experte rät zur altbewährten Methode: «Glas drüber, Karton drunter – und raus!»

Woher kommt sie eigentlich?

Ursprünglich war die Nosferatu-Spinne im Mittelmeerraum heimisch. Je länger, desto mehr ist sie auch nördlich der Alpen zu finden. «Die Ausbreitung erfolgte entlang der Transportwege der Süd-Nord-Achse», sagt Hänggi. Es wird vermutet, dass auch die Klimaerwärmung die Verbreitung weiter nördlich begünstigt. «Die Holländer sind schon in den 50er-Jahren mit dem Wohnwagen in den Süden. Die ersten Sichtungen von Nosferatu-Spinnen nördlich der Alpen wurden jedoch erst in den 90er-Jahren registriert.»

Muss ich eine Sichtung irgendwo melden?

Nein. «Am Anfang haben wir dazu aufgerufen, Sichtungen zu melden und Fotos einzuschicken. Wir wollten die Ausbreitung möglichst genau nachverfolgen.» Inzwischen erachtet Hänggi das nicht mehr als notwendig, da die Spinne von Österreich über die Schweiz bis Deutschland schon überall im Tiefland heimisch geworden ist.

Was frisst die Nosferatu-Spinne?

Die Nosferatu-Spinne ist eine umherschweifende Jägerin. «Sie frisst Insekten, tastet sich vorsichtig an ihre Beutetiere heran oder erfasst sie beim Vorbeilaufen mit ihren Vorderbeinen und führt sie an ihre Giftklauen heran.» In ihrem Wohngespinst, in das sie sich tagsüber verkriecht, können sich aufgrund der Beschaffenheit auch Insekten verfangen.

Wie gross ist sie?

«Im Vergleich mit den einheimischen Spinnen ist die Nosferatu-Spinne sehr gross», sagt Hänggi. «Sie gehört mit einer Körperlänge der Weibchen von gut zwei Zentimetern zu den eindrücklichsten Vertretern dieser Tiergruppe bei uns.» Die Männchen sind deutlich kleiner, meist unter 1,5 Zentimetern. Die Spannweite der Beine ist sechs bis acht Zentimeter.

Wie alt wird sie?

Die gesamte Entwicklungszeit der Nosferatu-Spinne vom Ei bis zum ausgewachsenen Stadium dauert acht Monate. Die Tiere machen mehrere Häutungen durch. Die Lebenszeit dauert knapp anderthalb Jahre.

Warum heisst die Nosferatu-Spinne so?

«Die Nosferatu-Spinne hat ein auffälliges Muster», sagt Hänggi. Die Grundfärbung sei recht variabel von hellbraun bis dunkelbraun. Der Hinterkörper habe im vorderen Bereich eine deutliche zwei- bis dreiteilige dunkle Zeichnung. «Auffällig und unverkennbar ist aber das Zeichnungsmuster auf dem Vorderkörper. Es handelt sich um eine helle Fläche mit dunklerem sternartigem Muster, das an die Vampir-Filmfigur Nosferatu erinnern soll.»

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