«Das Telefon läuft heiss – Stammkunden haben Priorität»
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Nachfrage nach Brennholz:«Das Telefon läuft heiss – Stammkunden haben Priorität»

Die Nachfrage ist weit höher als das Angebot
Einmal Rustico mit Wald, bitte!

Bereits im Lockdown wollten die Schweizer ein Stück Natur kaufen. Jetzt in der Energiekrise gibt es noch einen Grund mehr: Holz frei Haus. Doch der Privatwald ist Mangelware.
Publiziert: 20.09.2022 um 19:55 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2022 um 09:59 Uhr
Myrte Müller

Gas ist knapp. Strom wird immer teurer. Auch auf das Erdöl ist kein Verlass. Da fällt vielen das Holz ein. Die Nachfrage in diesen Wochen explodiert. Holzhändler werden förmlich überrannt – und sogar rotzfrech bestohlen.

Kein Wunder also, kommen einige auf die naheliegende Idee, sich gleich einen eigenen Wald zu kaufen. Holz frei Haus. Vielleicht kann man auch etwas davon verkaufen. So mancher stöbert die Anzeigenseiten der Immobilienmakler – die merken aktuell, dass die Nachfrage ansteigt. «Ein Viertel aller Anfragen von Schweizer Städtern, besonders aus dem Raum Zürich, betrifft Privatwald», sagt etwa Beat Geiersberger (75). Der Zürcher verkauft auch gerne Rustici im Tessin. Dort sei oft der Umschwung erwünscht. «Der Boom mit dem eigenen Wald ging mit der Pandemie los», erinnert sich der Makler, «die Kunden wollten raus aus ihren vier Wänden, träumten von der Natur, in der sie spazieren gehen und in der ihre Kinder spielen können.»

Bis zu fünf Anfragen in der Woche

Den Trend bestätigt auch Florian Landolt (39) von WaldSchweiz. Zwischen drei bis fünf Anfragen die Woche gehen beim Verband der Waldeigentümer ein. «Das Problem ist, die Nachfrage übersteigt das Angebot um ein Vielfaches», sagt der Mediensprecher, «es gibt in der Schweiz so gut wie kein Wald auf dem Markt». Mit ein Grund sei der niedrige Preis. «Bei 1.50 bis fünf Franken pro Quadratmeter lohnt sich für viele Waldbesitzer kein Verkauf.» Nur zwei Angebote habe der Verband im vergangenen Jahr aus der ganzen Schweiz erhalten. Auch Florian Landolt beobachtet den Wald-Wunsch seit über drei Jahren. Allerdings weniger, weil das Holz knapp wird. «Die Menschen suchen einfach einen Rückzugsort, in dem sie sich frei bewegen dürfen», so Landolt.

Im Tessin gefragt wie nie: Rustico mit Waldumschwung. Die Nachfrage nach einem Stück Natur steigt seit den ersten Lockdowns.
Foto: Myrte Müller
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Nur wer einen Praxiskurs absolviert, darf Bäume fällen

Doch nicht nur das Angebot bremst den Wunsch nach einem Privatwald aus. Denn Brennholz ist kein schnelles Geschäft. «Nur wer mit Motorsägen umgehen kann, darf Bäume fällen», sagt Florian Landolt, «entweder übernehmen das Profis oder man sollte einen zweiwöchigen Praxiskurs absolvieren. Denn der Beruf des Forstwartes ist einer der gefährlichsten in der Schweiz». Dann kämen noch die Ausrüstung und die Motorsäge dazu. Bevor die Kasse im eh wenig lukrativen Brennholzgeschäft. klingelt, muss also kräftig investiert werden. Dann, so der Sprecher von WaldSchweiz, müsse das geschnittene Holz noch gut zwei Jahre trocknen, ehe es sich als Brennholz eignet.

Auch Roland David (62), Chefförster des Kantons Tessin, hält die Hobby-Holzproduktion im Privatwald eher für eine Schnapsidee. «Für den Wald herrschen strenge Regeln. Der Kanton bestimmt die Menge Holz, die geschlagen werden darf. Die Waldpflege muss zudem respektiert werden», so der Tessiner. Und gefällt werden dürfe erst ab Mitte Oktober. Ehe das frisch geschlagene Holz verbrannt werden kann, sei die Energiekrise womöglich schon vorbei.

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