Der Schweizer Nasa-Forschungschef Thomas Zurbuchen (54) über die neuen All-Bilder
«Für unser Wissenschafts-Programm ist es wie ein Apollo-Moment»

Die ersten Bilder des James-Webb-Teleskops sorgten am Dienstag weltweit für Schlagzeilen. Nun äussert sich Thomas Zurbuchen, der Schweizer Nasa-Forschungschef, dazu.
Publiziert: 13.07.2022 um 16:20 Uhr
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Aktualisiert: 13.07.2022 um 17:09 Uhr
Rebecca Wyss

Darauf musste die Wissenschaft lange warten: Die ersten Bilder des James-Webb-Teleskops. Und die «tiefste und schärfste bislang aufgenommene Infrarot-Sicht auf das Universum», wie die Offiziellen der Nasa gestern mitteilten. Nun äussert sich Thomas Zurbuchen (54), der Schweizer Nasa-Forschungschef, gegenüber Blick. Sagt, dies sei einer der grössten Erfolge der Nasa in der Geschichte der Behörde. «Für unser Wissenschaftsprogramm ist es wie ein Apollo-Moment. Besser gehts nicht!»

Thomas Zurbuchen letzte Woche im Hotel Bellevue Palace in Bern.
Foto: Siggi Bucher

Da schwingt Erleichterung mit. Die Erwartung von Öffentlichkeit und Wissenschaft war gross – so wie der Druck auf die Nasa. Das James-Webb-Teleskop ist das teuerste Instrument, das die Raumfahrtbehörde je ins All geschickt hat. Und eines der harzigsten Projekte: Das «Webb» kostete zehn Milliarden Dollar statt der anfangs geplanten Milliarde, die Bauzeit dauerte 14 Jahre länger als ursprünglich vorgesehen.

Gestochen scharfer Blick ins alte Universum

Nun sind die Bilder da und von einer Qualität, wie es sie bisher noch kein Teleskop liefern konnte: gestochen scharf. Ihre Wirkung: magisch. Auch für Zurbuchen. Bereits im Vorfeld sagte er, ihm seien fast die Tränen gekommen, als er sie zum ersten Mal gesehen habe. Darunter die erste Aufnahme, mit der US-Präsident Joe Biden bereits am Montag vorpreschte. Zurbuchen sagt nun: «Dieses Bild ist etwas ganz Besonderes. Es zeigt einen winzigen Winkel des Alls mit über 7000 Galaxien. Einige davon sind so weit entfernt, dass das Licht über 13 Milliarden Jahre brauchte, um zu uns zu gelangen.»

Das erste von Präsident Biden veröffentlichte Bild: Galaxien um Galaxien, mit Licht, das seit dem Ursprung des Universums unterwegs ist.
Foto: NASA

Überhaupt sei dies das Erstaunliche an dem Bild: Die weit entfernten Galaxien, die nie zuvor beobachtet wurden, weil sie so alt sind. Zurbuchen: «Für das Auge sind sie nur rote Flecken, aber wir können das Licht in seine Farben aufspalten und somit viele Aspekte dieser alten Galaxien messen.» Generell gilt: Je röter eine Galaxie auf dem Bild ist, desto älter ist sie.

Hinter dem Vorhang aus Staub und Gas in diesen «kosmischen Klippen» befinden sich bisher verborgene Baby-Sterne, die das James-Webb-Teleskop nun entdeckt hat.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Die Entstehung von Leben erforschen

Die Erforschung des alten Universums ist nicht nur für die Nasa wichtig. Das sagte der Chef-Forscher bereits im Interview mit dem SonntagsBlick Magazin: «Unsere Geschichte ist da drin festgeschrieben. Wir wollen verstehen, woher wir Menschen kommen. Wie die Entstehung von Leben möglich war.» Und wie dies heute möglich ist. Darum gehts überhaupt. Mit dem gleichen Teleskop schauten die Nasa-Forscher dann auch Planeten von anderen Sternen innerhalb unserer Galaxie an. «Um zu schauen, ob die Atmosphäre dort Leben unterstützt.»

Dieses Bild zeigt einen schwächer werdenden, sterbenden Stern, der Gas und Staub ausstösst. Das Weltraumteleskop kann diesen Vorgang in «nie dagewesener Detailtreue» beleuchten.
Foto: AFP
Dieses Bild zeigt fünf Galaxien – das Stephans Quintett. Es ist das bislang grösste Bild dieser Ansammlung von Galaxien.
Foto: AFP


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