Comedy-Knatsch am SRF
Zwei Studien zum Lachen

Das Schweizer Fernsehen steht in der Kritik: Es schlägt nur Männer als neue Sonntagabend-Komiker vor – und stützt sich dabei auf zwei Online-Befragungen.
Publiziert: 12.03.2023 um 12:13 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2023 um 15:08 Uhr
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Wie humorvoll sind Männer? Wie männlich ist Humor? Braucht man ein Y-Chromosom, um das SRF-Publikum am Sonntagabend zum Lachen zu bringen?

Die Oberen im Leutschenbach zittern vor diesen Fragen, befinden sich derzeit überhaupt im Zustand des Zitterns, zumal die angekündigte Halbierungs-Initiative der SVP zur Reduzierung der Serafe-Steuer auf jährlich 200 Franken wie ein Damoklesschwert über dem Medienbetrieb hängt. Also schaltete Direktorin Nathalie Wappler (55) den Laden in den Mikado-Modus: Keine falsche Bewegung!

Wie ärgerlich muss es da sein, dass sich die SRF-Comedy-Abteilung gerade jetzt mit ihrer Nachfolge-Suche für Dominic Deville (48) in die Nesseln der Empörung setzt: Das Haus, das von der Formulierung der Medienmitteilungen bis zur Themensetzung der News-Redaktionen stramm auf Gender-Kurs getrimmt ist, hat ausnahmslos männliche Erben für Devilles Sendeplatz auserkoren. Seit 40 Komikerinnen in einem Protestbrief der SRG Sexismus vorgeworfen haben, stehen die drei Kandidaten Gabriel Vetter (40), Stefan «Büssi» Büsser (38) und Patrick «Karpi» Karpiczenko (37) plötzlich wie Ladykillers da.

Sind nur Männer lustig? Das Duo Oropax 2022 in der «SRF Comedy Show».
Foto: SRF/Oscar Alessio
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Humor ist in der Schweiz ausreichend vorhanden, aber vielleicht nicht immer dort, wo er gebraucht wird – vom Zürcher Fifa-Hauptsitz bis zu «Teleblocher», vom Militär bis zum elitären Kulturkuchen, der jüngst die schöne Pointe lieferte, dass ausgerechnet die nonbinäre Person Kim de l’Horizon (30) mit «Blutbuch» den vielleicht männlichsten Roman des letzten Jahrzehnts verfasst hat, ein mit testosterongeschwängerten Pornoszenen durchsetztes Werk über Baumkunde und Ahnenforschung.

An wen soll sich Comedy richten?

Zwerchfell-Bewegendes wäre hierzulande also reichlich vorhanden, und doch besitzt die Schweiz keinen Entertainer vom Kaliber eines Kurt Krömer (48) oder Hermes Phettberg (70). Umso entspannter könnte SRF eigentlich zu Werke gehen. Am Leutschenbach scheint man aber der Meinung zu sein, dass nicht einmal gestandenen Bühnentieren wie Patti Basler (46) oder Lara Stoll (35) der Primetime-Platz am Sonntag zuzutrauen ist, und stützt sich unter anderem auf zwei Studien.

SonntagsBlick wollte deshalb von der Rundfunk-Anstalt wissen, worum es sich bei diesen Untersuchungen handelt, hinter denen man sich versteckt. Nach gut 24 Stunden erfolgt die Antwort in Form einer Floskel, mit der man zuvor schon Blick, «20 Minuten» und andere abgespeist hatte: «Die Studien sind interne Dokumente, weshalb wir von einer Weitergabe absehen.»

Erst auf Nachfrage rückt eine Sprecherin zumindest Eckdaten heraus: Demnach liess die Abteilung Audience zwei Onlinebefragungen durchführen. Bei 2200 Teilnehmenden wollte man «die Wahrnehmung von verschiedenen Comedians bei der Deutschschweizer Bevölkerung» erfragen, bei 1400 Teilnehmern der zweiten Erhebung habe man die «Nutzung des Themas Comedy in den Medien» eruiert.

Onlinestudien sind ein gängiges Mittel, das auch der SonntagsBlick verwendet, um die öffentliche Meinung auszuloten. Die Resultate lassen sich nach Eigenschaften wie Geschlecht, Altersgruppe oder Wohnort gewichten, ein Verfahren, von dem man ein mehr oder weniger repräsentatives Ergebnis erwarten darf.

Stutzig macht der Hinweis von SRF, man habe «an Comedy und Satire interessierte Personen» befragt. Denn womöglich sind Leute, die von sich selber sagen, an Erheiterndem interessiert zu sein, nicht unbedingt die richtige Zielgruppe, an der man neue Comedy-Formate ausrichten sollte.

Welche Plätze belegen die Komiker?

Zudem wies die SRF-Sprecherin daraufhin, dass die Antworten Tom Schmidlin (49) zugewiesen werden sollten, dem «Head of Comedy». Der ist ein erfahrener Fernsehmacher, unter anderem war er einst für die «Volkskultur» zuständig, wo er Formate wie «Landfrauenküche» und «Hopp de Bäse!» verantwortete.

Auf Social Media beweist Schmidlin durchaus Sinn für Humor, so teilte er 2021 einen Link zu den «30 nervigsten Schweizer*innen», die das Portal kultz.ch gekürt hatte.

Dort wiederum belegen Schmidlins Arbeitskollegen Sandro Brotz (53) den siebzehnten («Sein grösster Fan im ‹Arena›-Ring: Brotz selbst») und Sascha Ruefer (51) den siebten Rang («Seine sprachliche Substanzlosigkeit scheint ihm nicht bewusst zu sein»).

Bezeichnenderweise kriegt auf der Liste auch eine bekannte Bühnenfrau ihr Fett weg: Comedienne Stéphanie Berger (45) schafft es lediglich auf Platz 21. «Als Miss Schweiz zurück in den Job als zahnmedizinische Assistentin zu gehen», sei ja nicht ihr Ziel, «leider aber reichen Zahnarztwitze von Guschti Brösmeli in der Ich-Perspektive nicht aus, um eine Komikerin zu sein».

Derweil wird in der SRF-Zentrale darüber nachgedacht, wie der Schaden zu begrenzen wäre.

«Ein detailliertes Kommunikationsdatum kann noch keines genannt werden», heisst es allerdings auf die Frage nach einem Termin, zu dem der oder die Neue im Sonntagabendprogramm vorgestellt werden soll.

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