Bus-Fahrer Oliver Wyss (25) über seinen brutalen Job-Alltag
«Die Ausraster der Passagiere sind kaum zu ertragen»

Beleidigungen, Schimpftiraden, Faustschläge: Die Palette von Gewalt und Übergriffen, denen Busfahrer ausgesetzt sind, ist lang. Oliver Wyss (25) aus Aesch BL hat genug.
Publiziert: 08.11.2016 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 10:30 Uhr
Romina Lenzlinger

Für seinen einstigen Lieblingsberuf findet Busfahrer Oliver Wyss (25) nur noch bittere Worte. «Die Ausraster der Passagiere sind kaum mehr zu ertragen. Langsam nehmen sie mir die Freude am Busfahren», sagt der Baselbieter, der seit zwei Jahren für die BLT Baselland Transport AG unterwegs ist. Nach einer Lehre im Detailhandel erfüllte er sich vor drei Jahren seinen Kindertraum und wurde Busfahrer. Der Traumjob wird für ihn zunehmend zur Belastung. «Wir werden beschimpft, bespuckt, getreten oder als Vollidioten hingestellt», sagt er. Und: «An manchen Tagen fühle ich mich schlicht verschaukelt!»

So auch am vergangenen Samstag auf der Linie 59 zwischen Oberwil BL und Bottmingen. Wyss ist mit seinem Sprinter pünktlich unterwegs. An der Haltestelle Dreilinden wartet eine ältere Frau mit ihrem Rollator. Ohne Hilfe schafft die Rentnerin die Stufen in den Bus nicht. Wyss steigt aus und hilft ihr hinein. Als sie zwei Stationen später aussteigt, ist der Busfahrer erneut zur Stelle.

Passagiere maulen über Hilfsbereitschaft

Für den Chauffeur eine Selbstverständlichkeit, für manche Passagiere pure Schikane. Kaum zurück am Steuer beschimpfen sie den Busfahrer übel. «Ich sei ein Arschloch und solle endlich losfahren und die verlorene Zeit einholen, maulte ein Gast und wurde immer aggressiver», so Wyss. Für ihn noch schlimmer: «Weder der Frau noch mir haben die Gäste geholfen. Alle anderen Passagiere haben beschämt zur Seite geguckt oder in ihren Smartphones rumgetippt.»

Bus-Chauffeur war der Traumberuf von Oliver Wyss, langsam ist es aber ein Alptraum.
Foto: STEFAN BOHRER
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Das Beispiel ist laut Wyss kein Einzelfall. Mittlerweile werden Buschauffeure täglich beleidigt. «Die Leute motzen, wenn ich abrupt bremsen muss, wenn andere hupen und wir im Stau stehen», sagt Wyss. «Es ist eine Frage der Zeit, bis mich einer angreift und ernsthaft verletzt.» Erst im Juli starb einer seiner Kollegen im Waadtland an den Folgen einer Attacke im Führerstand (siehe Box). 

Zielscheibe im Strassenverkehr

Rücksichtslos geht es auch im Verkehr zu. Drängelnde Autofahrer, die mit dem Bus um jeden Meter kämpfen. Velofahrer, die den Vortritt missachten. Fussgänger, die bei Rot über die Strasse laufen. Der junge Busfahrer fürchtet zunehmend um die Sicherheit seiner Fahrgäste. «Ich trage die Verantwortung für über 100 Personen. Muss ich eine Vollbremsung machen, prallen die Passagiere an die Scheiben.»

Trotz Gefahren, Beschimpfungen und Beleidigungen – bislang schaffte es Wyss, immer ruhig zu bleiben. Er liess sich nicht provozieren. «Ich habe den Spass an meinem Job noch nicht verloren.» Doch das Abschalten nach Feierabend werde zunehmend schwieriger. «Manche Beleidigungen tun einfach weh!»

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