Booking.com sperrt Aroser Hotel wegen Antisemitismus
Jetzt setzt sich jüdische Vereinigung für Ruth T. ein

Im letzten Sommer forderte Ruth T. jüdische Gäste auf, vor dem Sprung in den Pool zu duschen. Der Shitstorm danach war riesig. Die Hauswartin leidet bis heute darunter – und erhält jetzt Hilfe vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund.
Publiziert: 10.02.2018 um 12:48 Uhr
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Aktualisiert: 19.07.2023 um 16:13 Uhr
Flavio Razzino

Plötzlich war Ruth T.* (61), die Hauswartin aus Arosa GR, auf der ganzen Welt in den Schlagzeilen. Ein Zettel, den sie vergangenen Sommer beim Hallenbad des Apartmenthauses Paradies in Arosa GR aufgehängt hatte, sorgte für einen weltweiten Shitstorm. «An unsere jüdischen Gäste: Bitte duschen Sie vor und nach dem Schwimmen in unserem Schwimmbad. Tun Sie das nicht, bin ich gezwungen, das Schwimmbad für Sie zu schliessen», stand da auf Englisch.

«Ich muss bitter dafür bezahlen»

Ruth T. wurde tagelang mit wütenden Briefen und Anrufen traktiert. Sie stand als Antisemitin am Pranger. Die für Hoteliers wichtige Buchungsplattform Booking.com sperrte darauf das Apartmenthaus wegen des Zettels sogar.

Ruth T. (61) hat wegen dem Zettel für die jüdischen Gäste vor dem Swimming-Pool des Apartmenthauses in Arosa GR viel Ärger bekommen.
Foto: zVg

Und dies, obwohl Ruth T. sich öffentlich sofort entschuldigt hatte. «Ich habe das Plakat ohne Fingerspitzengefühl gemacht und dafür muss ich nun bitter bezahlen», sagte sie im Sommer 2017 zu BLICK. Es half nichts. Im Dezember, vier Monate nach dem Shitstorm, kündigte Booking den Vertrag mit dem Apartmenthaus auch noch schriftlich. Das Hotel wird auf der Seite dauerhaft gesperrt.

Ruth T. (61) hat wegen dem an die jüdischen Gäste gerichteten Zettel beim Hallenbad des Apartmenthaues in Arosa GR viel Ärger bekommen.
Foto: zVg
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«Dort sind wir untendurch»

«Ich finde das wahnsinnig», sagt T. heute zu BLICK. Sie habe zwar noch mit Unterstützung von Arosa Tourismus versucht, Booking davon zu überzeugen, dass sie den Fehler eingesehen und behoben habe. Doch keine Chance. «Dort sind wir untendurch», sagt T.

Das geht auch dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) zu weit. «So nicht!», sagt Jonathan Kreutner an die Adresse von Booking.com. «Natürlich sind wir nach wie vor der Meinung, dass das Plakat inakzeptabel war. Doch wir glauben Frau T., dass sie es nicht mit antisemitischen Hintergedanken erstellt hat, sondern den Hinweis etwas unbedarft aufhängte.»

Darum hat der SIG Ende Januar der Chefin von Booking, Gillian Tans, einen Brief geschrieben. Darin fordert Kreutner, die Kündigung des Vertrages mit dem umstrittenen Apartmenthaus rückgängig zu machen. «Leider hat Booking darauf noch nicht reagiert», sagt Kreutner zu BLICK.

Seminar mit Ruth T.

Auch sonst zeigt sich der jüdische Gemeindebund daran interessiert, dass die Situation für Ruth T. nicht noch schlimmer wird. Das unglücklich formulierte Plakat nutzt der Gemeindebund, um in der Region mit seinem Aufklärungsprojekt Likrat Public auf den Vorfall und den Umgang damit einzugehen. «Konstruktiv», wie Kreutner sagt.

So führt der SIG vom 22. März bis am 25. März in Arosa ein Seminar für jüdische Studenten zum Thema durch – und zwar im Apartmenthaus Paradies und in Anwesenheit von Ruth T.

* Name der Redaktion bekannt

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