Blutige Attacke nach Urteil zu erfundener Vergewaltigung
Sohn aus erster Ehe rächt sich an Ex-Stiefvater

Thomas B. wird von seiner Ex-Frau falsch beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben. Dafür wird sie verurteilt. Nach dem Urteil kommt es zur blutigen Attacke.
Publiziert: 21.06.2022 um 19:15 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2022 um 06:19 Uhr
Beat Michel

Zwischen den geschiedenen Ehepartnern schossen immer wieder giftige Blicke hin und her. Der Hass zwischen den beiden war vor dem Strafgericht Baselland nicht zu übersehen. Sie hatte ihn fälschlicherweise der Vergewaltigung angeklagt, jetzt standen sie wieder vor Gericht. Dieses Mal in vertauschten Rollen.

Ihre Behauptung damals: An zwei Abenden im Januar 2018 soll sie Thomas B.* zu Sex gezwungen haben. Doch er hat alles heimlich mit einem iPhone aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen ihn eingestellt. Dafür musste sie jetzt für die falsche Anschuldigung und wegen versuchter Freiheitsberaubung vor den Richter.

Vergewaltigung war erfunden

Das Urteil geht voll gegen die Marokkanerin: Schuldig der falschen Anschuldigung und versuchten Freiheitsberaubung. Sie bekommt zehn Monate Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 80 Franken. Dazu muss sie 4000 Franken Genugtuung und 5000 Franken Entschädigung für den Anwalt des Privatklägers bezahlen.

Nach dem Prozess rächte sich der Sohn aus erster Ehe bei seinem Ex-Stiefvater und schlug ihm die Faust ins Gesicht.
Foto: BLICK / Beat Michel
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Nach dem Prozess eskaliert die Situation: Als die Besucher des Prozesses das Gebäude verlassen, passiert ein Überraschungsangriff. Der Sohn der Verurteilten aus erster Ehe geht auf seinen Ex-Stiefvater Thomas B. zu, streckt die Hand aus, wie zum Gruss – und schlägt dann voll zu! Der Rahmen der Brille schneidet sich in das Gesicht des Mannes, er geht zu Boden. Die Platzwunde blutet stark.

Nach der Attacke versucht der junge Mann erneut auf Thomas B., der blutend am Boden liegt, loszugehen. Seine Verwandten halten ihn zurück. Darunter die Verurteilte, ihre Schwester und eine Freundin. Sie packen den Täter und schleppen ihn in ein Auto, fahren mit quietschenden Reifen weg. Der verletzte Thomas B. wird mit dem Krankenwagen ins Spital gefahren. Beim Schläger handelt es sich laut Thomas B. um den 18-jährigen Sohn der Verurteilten, dieser wohne in einem Heim für gewalttätige Jugendliche, boxe auch in einem Verein.

«Wir waren nackt, da konnte ich kein iPhone verstecken»

Am Prozess gab der Mann bei der Befragung bereitwillig Auskunft, was wann wie geschehen ist. Bei einzelnen Fragen verhaspelt er sich, vergisst ein paar Details. Als der Richter nachfragt, erinnert er sich aber wieder. Der Richter interessierte sich bei der Befragung des Ehemannes als Auskunftsperson vor allem für den 26. Januar 2018. Drei Tage vorher und nachher hat die Exfrau die erfundenen Vergewaltigungen datiert. Aber auch am 26. haben sie sich getroffen. Doch hier hat er keine Audio-Aufnahmen gemacht. Warum, wollte der Richter wissen.

Er begründet: «Wir waren nackt, wir gingen in den Hammam im Keller des Hauses und hatten da Sex», sagt der Baselbieter. «Da konnte ich kein iPhone verstecken. Zudem waren die Vorzeichen anders. Wir haben im Restaurant gegessen und wir gingen spontan zu ihr nach Hause.»

Der Richter fasste zusammen: «Sie haben sich in der Woche drei Mal getroffen. Am 23. Januar, da haben sie nur geküsst. Am 26. Januar, da hatten sie Sex, und am 28. Januar, da gab es Oralsex. Richtig? Der Privatkläger nickte.

Ex verweigert Aussage

Während der Befragung des Ex-Mannes schüttelte die Ex-Frau immer wieder den Kopf. Sie war offensichtlich nicht einverstanden mit den Vorwürfen. Als der Richter sie aber schliesslich zu den falschen Anschuldigungen befragte, verweigerte sie die Aussage und verwies auf ihren Anwalt.

Auch beim Schlusswort sagte sie nichts zum Tatvorwurf. Sie erzählte in schlechtem Deutsch einen Vorfall, bei dem ihr Ex die Feuerwehr gerufen hatte, weil er bei ihr zu Hause einen Brand befürchtete. Als zweites erwähnte sie ein Foto, das sie beim Küssen mit einem anderen Mann zeigt. Warum sie das sagte, bleibt ihr Geheimnis. Von Bedauern für die falschen Anschuldigungen liess sie sich nichts anmerken.

Verteidigung wollte Freispruch

Ihr Anwalt baute seine Verteidigung auf eine neue Taktik. Sie habe es mit den Vergewaltigungen gar nicht so gemeint. Sie habe ja nur nebenbei von Sex gegen ihren Willen gesprochen. Eigentlich habe sich das Gespräch mit der Polizei um andere Vorwürfe gedreht, wie etwa Stalking. Und vielleicht habe man auf den Aufnahmen keine Gewalt gehört, weil der unfreiwillige Sex woanders stattgefunden hatte. Zudem seien die Audioaufnahmen illegal erstellt worden und somit nicht zulässig als Beweismittel. Der Verteidiger verlangte vergeblich einen Freispruch.

*Name bekannt

«Besser für Opfer, aber präventiv wirkts nicht»
9:39
Strafrechts-Experte erklärt:Das bedeuten die neuen Sex-Regeln im Alltag
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