Maisfeld-Mörder von Erlach wird verwahrt
1:19
Das Urteil steht fest:Maisfeld-Mörder von Erlach wird verwahrt

Täter Michael M. erschlug und schändete im Hafturlaub die zehnjährige Doris W.
Maisfeld-Mörder von Erlach wird verwahrt

Der damals 22-jährige Michael M. entführte 1989 am Winzerfest in Erlach BE die zehnjährige Doris W. – er erschlug und schändete sie. Jetzt stand der rückfallgefährdete Täter vor Gericht: Er wird verwahrt.
Publiziert: 11.02.2020 um 09:38 Uhr
|
Aktualisiert: 12.02.2020 um 19:10 Uhr
Céline Trachsel

«Mädchen (10) an Chilbi verschwunden», «Doris (10) lag ermordet im Maisfeld», «Häftling auf Urlaub tötete Doris»: So berichtete BLICK 1989 über den Maisfeld-Mord von Erlach BE.

Vier Monate nach dem Sexualverbrechen wurde der Täter, der damals 22-jährige Käser Michael M.*, gefasst. Der Verdingbub war schon mehrmals auffällig geworden. Eine Teenagerin soll er vom Töffli gerissen haben, um sie zu vergewaltigen. Doch sie biss ihn und entkam. In seiner Nachbarschaft hatte er sich zudem mehreren kleinen Mädchen unzüchtig angenähert.

Michael M. hatte in der Anstalt St. Johann im Nachbardorf Le Landeron gesessen – allerdings wegen einer Brandstiftung. Getötet hat er die kleine Doris während eines vierstündigen Freigangs.

Michael M. (52) wird am Dienstag vor das Bieler Regionalgericht geführt: Es geht um seine Verwahrung.
Foto: Blick
1/11

Sechs Monate Sicherheitshaft

Der Kindermörder musste sich 1991 vor dem Geschworenengericht in Biel BE verantworten. Schon damals forderte der Gutachter: Verwahrung! Zu ausgeprägt sei die Persönlichkeitsstörung von Michael M., zu hoch die Rückfallgefahr. Doch Michael M. kassierte nur 16 Jahre Zuchthaus mit Psychotherapie. Das Gericht sprach aufgrund des jungen Alters des Täters keine Verwahrung aus.

Am Dienstag und Mittwoch stand der heute 52-jährige Kindermörder erneut in Biel vor Gericht. Am Mittwoch fiel das Urteil: Michael M. wird verwahrt. Das Gericht hat den Antrag von Vollzugs- und Bewährungsdiensten auf Verwahrung angenommen. Das Gericht habe abwägen müssen zwischen dem Eingriff ins Freiheitsrecht des Täters und den gefährdeten Rechtsgütern der Öffentlichkeit. Die Richterin: «Der Allgemeinheit würden bei der Freilassung schwere Sexual- und Gewaltdelikte drohen, deshalb wäre eine Freilassung nicht vertretbar. Die Verwahrung ist gerechtfertigt. Alle Voraussetzungen des Gesetzgebers für die Verwahrung sind in diesem Fall erfüllt.»

Der Mann gilt seit 2013 als austherapiert, sass seither in der Langzeitvollzugs-Abteilung im Thorberg. In der Therapie hatte Michael M. zwar kleinere Fortschritte gemacht – aber diese reichten längst nicht aus, um je eine günstige Legalprognose zu erreichen. Deshalb stellten die Vollzugsbehörden die Behandlung ein.

Kindermörder sammelte in Haft Bilder nackter Kinder

Der Gutachter fand vor Gericht deutliche Worte für M.'s Persönlichkeitsstörung: «Bei ihm ist das Rückfallrisiko für Tötungsdelikte überdurchschnittlich erhöht. Viel höher als bei anderen Menschen, die schon getötet haben.» Der Täter habe nicht nur eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, sondern sei auch pädophil – könne sich dies aber nicht eingestehen. Eine besonders fatale Kombination, die kaum Behandlungsaussichten habe.

So wurde Michael M. im Jahr 2002 sogar erwischt, wie er in seiner Zelle Bilder von nackten Kindern und pornografisches Material gesammelt hatte. Der Gutachter: «Dieses doppelspurige Verhalten ist auf seine Persönlichkeitsstörung zurückzuführen. Das Psychopathische und Manipulative gehört zum Bild.» Und er stellt fest: Selbst nach fast 30 Jahren Haft und 20 Jahren Einzel- und Gruppentherapien habe Michael M. keinen nennenswerten Fortschritt gemacht.

«Hatte nie die Möglichkeit zu zeigen, dass ich nicht mehr derselbe bin»

Wie erwartet beteuerte der Kindsmörder am Prozess, dass er nicht pädophil sei. «Das Problem war vielmehr die Impulskontrolle.» Er jammerte: «Für mich ist das kein Gutachten, sondern ein Schlechtachten. Jetzt bin ich noch überdurchschnittlich psychopathisch. Ich habe in den Therapien motiviert mitgemacht und soll dabei immer gefährlicher geworden sein. Damit habe ich Mühe.»

Das Gutachten trage seinen Anstrengungen in all diesen Jahren keine Rechnung. «Ich werde als Monster dargestellt. Dabei hatte ich nie die Möglichkeit zu zeigen, dass ich nicht mehr derselbe Mensch bin wie mit 22 Jahren.»

«Kein Grund, vom Gutachten abzuweichen»

M.'s Verteidiger kritisierte das Gutachten als ungenügend. Er forderte die bedingte Entlassung des Kindermörders. Das Gericht dagegen sah keinen Grund, vom Gutachten abzuweichen, hiess es in der Begründung des Urteils. Dieses sei «nachvollziehbar und begründet». Genau wie das aktuelle Gutachten attestierten auch acht weitere zwischen 1987 und 2018 Michael M. die gleiche dissoziale Persönlichkeitsstörung. Die Pädophilie sei bei ihm erstmals 1990 diagnostiziert und seither immer wieder bestätigt worden.

Der Verteidiger von Michael M. kündigte an, dass er wohl den Fall vom Obergericht auch nochmals beurteilen lassen wolle.

*Namen der Redaktion bekannt

Der Fall Doris W. (†10)

Die Bernerin Doris W.* (†10) hatte am 24. September 1989 mit ihrer kleinen Schwester (damals 7) das Winzerfest in Erlach BE besucht. Ihre Eltern hatten einen Wohnwagen auf dem Campingplatz «Westside» in Erlach stationiert. Doch Doris W. kehrte vom Fest nie zurück.

Über 600 Einsatzkräfte suchten wochenlang nach der 4.-Klässlerin. Hubschrauber überflogen die Felder, der See wurde abgesucht, das Stauwehr in Hagneck untersucht, Wälder durchkämmt, Scheunentore geöffnet. Auch «Aktenzeichen XY» berichtete über den Fall. Man ging von einem Verbrechen aus.

Drei Wochen später entdeckte ein Mähdrescher-Fahrer die halbnackte Leiche des Kindes im Maisfeld. Nur zweihundert Meter neben dem Wohnwagen der Eltern! Doris W. wurde mit ihrem eigenen Pulli gewürgt, mit einem Stein erschlagen und ihre Leiche geschändet.

Der Täter wurde vier Monate später von der Polizei überführt. Er hatte den Mord an Doris W. während eines vierstündigen Hafturlaubes begangen. Der damals 22-Jährige hatte in der unweit gelegenen Strafanstalt St. Johannsen eingesessen – wegen einer Brandstiftung. Er war zudem vorbestraft, weil er eine 19-Jährige vergewaltigen wollte und weil er sich kleinen Mädchen unzüchtig angenähert hatte.

Die Bernerin Doris W.* (†10) hatte am 24. September 1989 mit ihrer kleinen Schwester (damals 7) das Winzerfest in Erlach BE besucht. Ihre Eltern hatten einen Wohnwagen auf dem Campingplatz «Westside» in Erlach stationiert. Doch Doris W. kehrte vom Fest nie zurück.

Über 600 Einsatzkräfte suchten wochenlang nach der 4.-Klässlerin. Hubschrauber überflogen die Felder, der See wurde abgesucht, das Stauwehr in Hagneck untersucht, Wälder durchkämmt, Scheunentore geöffnet. Auch «Aktenzeichen XY» berichtete über den Fall. Man ging von einem Verbrechen aus.

Drei Wochen später entdeckte ein Mähdrescher-Fahrer die halbnackte Leiche des Kindes im Maisfeld. Nur zweihundert Meter neben dem Wohnwagen der Eltern! Doris W. wurde mit ihrem eigenen Pulli gewürgt, mit einem Stein erschlagen und ihre Leiche geschändet.

Der Täter wurde vier Monate später von der Polizei überführt. Er hatte den Mord an Doris W. während eines vierstündigen Hafturlaubes begangen. Der damals 22-Jährige hatte in der unweit gelegenen Strafanstalt St. Johannsen eingesessen – wegen einer Brandstiftung. Er war zudem vorbestraft, weil er eine 19-Jährige vergewaltigen wollte und weil er sich kleinen Mädchen unzüchtig angenähert hatte.

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?