Hat Berner CEO seine Frau vergiftet?
Der Tod kam mit dem Porridge

Fast wäre es das perfekte Verbrechen gewesen: Im März 2021 soll ein Berner Ex-CEO seine Ehefrau mit einem vergifteten Porridge umgebracht haben. Diese Woche hätte der Prozess beginnen sollen, doch die Verhandlung wurde vertagt.
Publiziert: 13.08.2022 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2022 um 11:22 Uhr
Luisa Ita

Ein wunderschön renoviertes Bauernhaus umringt von alten Bäumen mit dunkelgrünen Blättern an bester Lage in einem Berner Vorort, in der Garage steht ein schnittiger Sportwagen, und die Fensterfront lässt einen Blick auf eine hochwertige und exquisite Einrichtung zu. Die Idylle hier scheint perfekt.

Auf den zweiten Blick erkennt man jedoch die dicke Staubschicht, die sich auf dem Jaguar im Carport bereits angesetzt hat: Der Flitzer wurde schon länger nicht mehr bewegt, das Kennzeichen ist demontiert.

Die Wohnung wirkt verlassen. Kein Wunder: Boris H.* (50) sitzt im Knast, seine Frau Viola H.* (†54) ist tot.

Viola H. starb im März 2021 – sie wurde mutmasslich von ihrem Ehemann vergiftet.
Foto: Zvg
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Er recherchierte zu Giftstoffen

Rückblende. Der seit vielen Jahren verheiratete Boris H. verliebte sich gemäss einem Artikel der «NZZ» neu. Der konfliktscheue und introvertierte Berner soll aber zu feige gewesen sein, seiner Ehefrau Viola H. von seiner neuen Flamme zu berichten und sie zu verlassen. H. wollte bald schon Ferienpläne mit seiner Neuen schmieden, doch seine unglückliche Ehe war ihm im Weg. Und er begann über die Wirkung von Giftstoffen zu recherchieren.

Eines Tages soll er im Internet grosse Mengen eines Medikaments gegen Gicht bestellt haben. Bei Überdosierung wirkt es toxisch. Ein Gegenmittel gibt es nicht. Als Nebenwirkungen sollen bei den Tabletten unter anderem Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall gelistet sein.

Ideal für den teuflischen Plan. Er ging offenbar davon aus, dass niemand bei diesen Symptomen Verdacht schöpfen würde, schliesslich hatte seine Frau eine Essstörung.

Verdacht auf gewöhnliche Magen-Darm-Erkrankung

Die Tabletten habe er pulverisiert und am Morgen des 20. März 2021 seiner Frau in den Porridge gemischt. Viola H. habe kurze Zeit später mit Durchfall und Erbrechen zu kämpfen gehabt, doch im Spital habe man sie mit Verdacht auf eine gewöhnliche Magen-Darm-Erkrankung wieder heimgeschickt.

Am 22. März ging es der 54-Jährigen immer noch nicht besser, und sie kam wieder ins Spital. Zwei Tage später versagte ihr Kreislauf. Multiples Organversagen. Viola H. starb im Spital.

Er streitet die Tat bislang ab

Boris H. mimte daraufhin den trauernden Witwer, wie die «NZZ» schreibt. Solange, bis das Ergebnis der Obduktion vorlag. Am 7. April wurde der Berner verhaftet und sitzt seitdem hinter Gittern. Die Tat streitet er angeblich ab.

Erst Anfang März 2022 erfährt die Öffentlichkeit schliesslich vom mutmasslichen Giftmord im Berner Vorort, als die Staatsanwaltschaft die Anklageerhebung wegen Mord kommuniziert.

Diesen Montag sollte eigentlich der Prozess stattfinden. Doch vom Regionalgericht Bern-Mittelland heisst es am Dienstag: «Bitte nehmen Sie Kenntnis, dass diese Verhandlung aufgrund des aktuellen Gesundheitszustandes des Beschuldigten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden muss.»

«Und wir hatten zuerst noch Mitleid mit ihm»

Im Quartier, wo das ehemalige Paar einst lebte, weiss man unterdessen mehr oder weniger Bescheid, was sich in der mittleren Wohnung des neu renovierten Bauernhauses abgespielt haben soll – die Fassungslosigkeit ist auch Monate später noch gross. «Und wir hatten zuerst noch Mitleid mit ihm, als wir vom Tod seiner Frau erfahren hatten», sagt eine Anwohnerin zu Blick.

Gekannt hat man den mutmasslichen Giftmischer und seine Frau im Vorort kaum. Die Wohnungen seien erst im November 2020 bezugsbereit gewesen und auch aufgrund von Corona habe man in den Monaten bis zum Drama im März 2021 bloss wenig Kontakt miteinander gehabt.

Eine Nachbarin berichtet von «vielen zivilen Einsatzkräften», die sie nach dem unerwarteten Todesfall gesehen habe – eine andere Frau erzählt, die Wohnung sei lange Zeit über versiegelt gewesen. Was nun mit der frisch sanierten Eigentumswohnung des Paars geschehe, sei noch offen.

Ein Schock für die Mitarbeitenden

Auch wenn es im Privatleben offenbar nicht gut lief, finanziell stand der Berner mit beiden Beinen im Leben. Er war CEO eines Beratungsunternehmens in der IT-Branche. Gegenüber Blick gibt das Unternehmen bekannt, dass der mutmassliche Killer weder Gründer noch Inhaber der Firma war – er sei lediglich als Geschäftsführer engagiert gewesen.

Seit Juni 2021 sei das Arbeitsverhältnis beendet. Zu den genauen Umständen und auch zur Person will sich das Unternehmen nicht äussern. Nur so viel: Für die Mitarbeitenden sei die Geschichte ganz klar ein Schock gewesen.

Für den Ex-CEO gilt die Unschuldsvermutung, bis ein rechtskräftiges Urteil gefällt ist. Ein neuer Termin für die Gerichtsverhandlung steht noch nicht fest.

* Namen geändert


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