«Ich werde mich gegen das Urteil wehren»
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12 Monate Gefängnis für Bauer:«Ich werde mich gegen das Urteil wehren»

Hanfbauer Andreas K. (54) muss wegen Selbstjustiz ein Jahr ins Gefängnis
«Darum sperrte ich den Tunesier in den Keller»

Er schoss mit Schrot auf einen Hanfdieb und liess ihn gefesselt in seinem Rübenkeller schmoren. Dafür muss Hanfbauer Andreas K. (54) ein Jahr ins Gefängnis. Das Urteil ist ihm zu hart, er spricht von Notwehr. Denn ihm wurde mit der Mistgabel die Hand durchbohrt.
Publiziert: 01.10.2019 um 18:57 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2019 um 22:12 Uhr
Céline Trachsel

In einer Oktobernacht im Jahr 2016 kam es auf einem idyllischen Hof im abgelegenen Niedermuhlern BE zu wilden Jagd-Szenen: Hanfdiebe wollten Landwirt Andreas K.* (54) seinen potenten THC-Hanf stehlen. Der Bauer setzte sich mit einer Schrotflinte zur Wehr. Letzte Woche stand K. dafür vor dem Regionalgericht Bern. Und kassierte eine Strafe von 32 Monaten Freiheitsentzug – wovon er ein ganzes Jahr absitzen muss.

Nun äussert sich K. gegenüber BLICK zum Urteil. Er schäumt: «Das ist skandalös. Es kann doch nicht sein, dass ein Bauer, der sich mit seinem Hab und Gut identifiziert und es zu beschützen versucht, ins Gefängnis muss. Ich habe mich nur gewehrt.» Er hadert, schliesslich hatte er auf eine bedingte Strafe gehofft.

Die Richterin hatte ihn gescholten, dass Selbstjustiz in der Schweiz nicht toleriert werde. Das ist für den Landwirt nicht nachvollziehbar: «Ich wurde angegriffen. Es sass eigentlich der Falsche auf der Anklagebank!»

Landwirt Andreas K. (54) aus Niedermuhlern baute THC-Hanf an, das er angeblich seinen Schweinen verfutterte.
Foto: Céline Trachsel
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Gefesselt in den Rübenkeller gesperrt

Der Verurteilte erinnert sich an die besagte Nacht vor drei Jahren. Es seien acht Personen aus einem Auto in der Nähe seines Hofs ausgestiegen und in der Dunkelheit verschwunden. Die Diebe schlichen schon in den Nächten davor um den Hof, weil der Hanf bald erntereif war. Deshalb organisierte K. im Vorfeld eine Bewachung.

In der verhängnisvollen Nacht griffen der Bauer und ein Helfer einen der Gangster in einem nahen Wäldchen auf. «Es war Zufall, dass wir ihn entdeckten.» K. ballerte ihm eine Ladung Gummischrot hinterher, erwischte den Tunesier und fesselte ihn mit Kabelbindern. Dann lud man ihn auf die Ladefläche seines Pick-ups und warf ihn in den Rübenkeller. «Für die zwei Stunden, in denen er auf der Treppe des Rübenkellers sass, muss ich ihm nun 5000 Franken zahlen», sagt der Landwirt.

Bauer wurde mit Mistgabel angegriffen

Was dann folgte, ist für den Landwirt ganz klar Notwehr. «Die anderen Diebe wollten den Tunesier befreien. Ich kam um eine Ecke und wurde unvermittelt von ihnen angegriffen. Einer sprühte mit Pfefferspray in meine Richtung, und ein anderer durchbohrte mir mit der Mistgabel meine Hand.»

Das Blut spritzte, der Mittelhandknochen brach. «Darum schoss ich auf die Hanfdiebe», sagt K. heute. Zudem habe er auch Schüsse vernommen von seinen Gegnern. Der Bauer dazu: «Im Prozess kam das kaum zur Sprache. Aber was wäre mit uns passiert, hätten wir nicht die Überhand behalten? Was wäre passiert, hätte mich die Mistgabel in der Brust getroffen? Und ich soll mich nicht wehren dürfen.» Dass sein Vorgehen zu grob war, will er deshalb nicht gelten lassen.

Opfer ist auch Täter

Zudem weiss K., dass der Tunesier, der letzte Woche als Opfer im Gerichtssaal sass, kein unbeschriebenes Blatt ist. Während des Prozesses gab der Hanfdieb sogar zu, schon vor der Nacht in Niedermuhlern dreimal bei Hanfdiebstählen dabei gewesen zu sein – ein Gerichtsverfahren gegen ihn läuft noch. Das klare Urteil des Landwirts: «Nach dem Diebstahlsversuch bei uns hat er noch weitere Delikte begangen. Er kommt auch noch vor Gericht und hat, so viel ich weiss, bereits einen Landesverweis. Aber er ist immer noch da! Der Staat schützt uns nicht vor solchen Leuten – und ich darf es auch nicht. Das ist nicht recht.»

K.s Ziel ist nun, bei der nächsten Instanz eine mildere Strafe rauszuholen, damit er nicht ins Gefängnis muss: «Ich will meinen Hof weiter bewirtschaften können!» Und: Auch gegen die 5000 Franken Schmerzensgeld für den Tunesier will er sich wehren.

* Name d. Red. bekannt

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