Geheime Abstimmung in Lauterbrunnen
Gemeinderat stutzt Air-Glaciers die Flüge

Der Lauterbrunner Gemeinderat will Air-Glaciers einen Teil der Flugkontingente abnehmen und sie der Firma eines Ratskollegen übergeben. Auf Nachfrage von BLICK zeigt sich: Dem Gremium war bei seinem Entscheid bewusst, wie heikel das Geschäft ist. Jetzt hüllt es sich in Schweigen und offenbart ein merkwürdiges Demokratieverständnis.
Publiziert: 10.11.2017 um 23:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:15 Uhr
Flavio Razzino

Bruno Bagnoud (82) muss ums Überleben seiner Air-Glaciers kämpfen. Grund: Der Gemeinderat von Lauterbrunnen BE will dem zweitgrössten Schweizer Helikopterunternehmen Flugkontingente abnehmen und der Beo Helicopter AG übertragen. «Damit wird der Stützpunkt in Lauterbrunnen für uns nicht mehr rentabel», so Bagnoud. Das Aus droht.

Bruno Bagnoud (82) kämpft um sein Lebenswerk, die Air-Glaciers. Der Lauterbrunner Gemeinderat will dem Helikopterunternehmen einen Teil der Flugkontingente abnehmen.
Foto: Yoshiko Kusano

Pikant: Die Beo Helicopter wurde von Gemeinderat Christian von Allmen gegründet. Er ist ehemaliger Mitarbeiter der Air-Glaciers und wurde im November 2016 fristlos entlassen. Von Allmen will nun zum scharfen Konkurrenten der Air-Glaciers werden. Die übrigen Lauterbrunner Gemeinderäte unterstützten ihn dabei tatkräftig. «Sauhäfeli, Saudeckeli» werfen ihnen deshalb zahlreiche Lauterbrunner in einer Petition vor.

Ratsschreiber: «So was habe ich noch nie erlebt»

Dass dem Gemeinderat bewusst war, wie heikel das Geschäft zugunsten des Ratskollegen von Allmen ist, belegt die Aussage von Ratsschreiber Anton Graf gegenüber BLICK: «Vor der Sitzung haben die Gemeinderäte beschlossen, die Entscheidung in einer geheimen Abstimmung zu fällen.» Eine Seltenheit: «Ich bin seit 20 Jahren Ratsschreiber in Lauterbrunnen und habe das noch nie erlebt», sagt Graf. Bei einer geheimen Abstimmung wissen nicht mal die Gemeinderäte unter sich, wie die anderen Mitglieder abgestimmt haben.

Die Air-Glaciers steht vor dem Abgrund. Verliert das Helikopterunternehmen einen Teil der Flugkontingente in Lauterbrunnen, kann der Standort nicht mehr rentabel betrieben werden.
Foto: Richard Chapuis

Selbst der Gemeindepräsident taucht ab

Nach der BLICK-Berichterstattung tagten die Gemeinderäte gestern, um eine Kommunikationsstrategie in der Causa festzulegen. Resultat: Man einigte sich offenbar auf Verschwiegenheit. Auf die Nachfrage, ob es sich beim Entscheid pro Beo Helicopter um einen Freundschaftsdienst gehandelt habe, heisst es bei allen acht Gemeinderäten: Kein Kommentar. Ihre Begründung: «Wie wir innerhalb des Gemeinderates entscheiden, geht niemanden etwas an», sagt etwa Gemeinderat Karl Näpflin. Auf die Frage, ob das nicht ein merkwürdiges Verständnis von Demokratie sei, sagt Karl Herren: «Das lassen Sie mein Problem sein.» Gemeindepräsident Martin Stäger ging nach der Sitzung gleich ganz auf Tauchstation und ignorierte jegliche Kontaktversuche.

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