Diese Münze ist älter als Jesus
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Sie ist in Zürich ausgestellt:Diese Münze ist älter als Jesus

Beamte der Eidgenössischen Münzprägeanstalt bereichern sich an Sondermünzen
Mit der Münze «Platinum» verdiente sich der Swissmint-Chef eine goldene Nase

Mit Sondermünzen der Eidgenössischen Münzprägeanstalt Swissmint kann man auf Internet-Verkaufsplattformen viel Geld verdienen. Blick-Recherchen zeigen: Swissmint-Angestellte selber mischen beim Münzhandel mit. Nun wird der fragwürdige Nebenverdienst gestoppt.
Publiziert: 29.03.2023 um 00:33 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2023 um 12:46 Uhr
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Michael SahliReporter News

In dieser Berner Amtsstube rollt der Rubel – direkt in die Taschen der Beamten. In der Eidgenössischen Münzprägestätte Swissmint werden normalerweise Fünfliber und Co. für die Schweiz produziert. Aber auch die Angestellten selber verdienen sich hier gerne ein paar Batzen dazu – mit grenzwertigen Nebengeschäften. Der Trick: Sie erwerben als Privatpersonen seltene Sondermünzen aus dem eigenen Haus und verkaufen diese mit Gewinn auf Plattformen wie Ricardo.ch weiter.

Ans Licht kam die Sache wegen der Sondermünze «Platinum». Im Januar 2022 brachte die Münzprägestätte zum ersten Mal eine Münze aus Platin heraus – mit einer limitierten Auflage von 999 Stück. Ausgabepreis: 799 Franken. Die Nachfrage war viel grösser als das Angebot, wie schon früher, wenn von Swissmint limitierte Sondermünzen herausgegeben wurden.

Preissteigerung von 800 auf 4000 Franken

Der Server des Webshops brach beim Verkaufsstart zusammen. Die Münze war trotzdem sofort ausverkauft – aber die meisten Sammler gingen leer aus. Auf Onlineplattformen explodierte der Preis der knapp 14 Gramm schweren Platinmünze innert Stunden auf 2500 Franken und mehr. Mittlerweile gibt es schon Angebote für über 4000 Franken. Kurz: Mit den Münzen lässt sich viel Geld verdienen.

Hat ein sehr glückliches Händchen beim privaten Münzhandel: Swissmint-Chef Ronnie Mocker.
Foto: Swissmint
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Einem Sammler, der sich bei Blick gemeldet hat, ist ein Kauf zum wiederholten Mal nicht gelungen. Dafür ist ihm das Profil «Ronnie_75» auf der Verkaufsplattform Ricardo aufgefallen. Ronnie konnte eine «Platinum»-Münze nur Tage nach der Ausgabe für knapp 2500 versteigern – ein Gewinn von 1700 Franken. Auffällig: Alle Angaben zum Münzhändler mit dem glücklichen Händchen passen auf Ronnie Mocker, den Geschäftsführer von Swissmint. Der wütende Sammler schreibt: «Ich finde es eine Sauerei, dass wir Münzsammler stundenlang auf dem Webshop ausharren, um leer auszugehen. Und der Geschäftsführer macht mit unserem Leid noch Profit!» Der anonyme Sammler stellt auch die Frage: Hatte Mocker einfach nur Glück – oder hatte er als Chef einen privilegierten Zugang?

Swissmint-Chef gelobt Besserung

Auf Nachfrage von Blick gibt der Swissmint-Chef zu, dass er hinter Ronnie_75 steckt: «Ich sehe im Rückblick, dass dies kein gutes Signal gesendet hat und unklug war. Deshalb bedaure ich den Kauf und insbesondere den Weiterverkauf.» Den Gewinn wolle er nun der Krebsliga spenden. Mocker versichert aber, gegen kein Gesetz verstossen zu haben. Und: Er habe auch keinerlei privilegierten Zugang gehabt.

Der Chef ist aber nicht der einzige Swissmint-Mitarbeiter mit einem glücklichen Händchen. Auch mindestens drei seiner Kollegen konnten eine «Platinum»-Münze im überlasteten Webshop erwerben, wie Swissmint auf Nachfrage schreibt. Von der Swissmint-Presseverantwortlichen heisst es: «Rückblickend war der Weiterverkauf ungeschickt und nach kritischem Hinterfragen auch unangemessen. Die Swissmint-Mitarbeitenden werden darauf hingewiesen, dass sie dies künftig unterlassen sollen.» Allerdings: Einen privilegierten Zugang habe es nicht gegeben, stattdessen habe der Zufall gespielt. «Wir verstehen, dass solche Vermutungen gerade bei Sammlern, die selber keine Münze erstehen konnten, aufgekommen sind. Sie liegen aber falsch», heisst es von Swissmint.

Sondermünzen waren Thema im Nationalrat

Mitte-Nationalrat Marco Romano hat wegen des Puffs beim Verkauf von Swissmint-Sondermünzen im März 2022 eine Anfrage im Parlament gestellt. Und beklagt da, dass «Sammlerinnen und Sammler keine Chance haben, die Münze zu erwerben, weil der Ansturm zahlreicher Spekulantinnen und Spekulanten die Website der Swissmint lahmgelegt hat.»

Romano zweifelt an den Beteuerungen von Swissmint, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist: «Trotz der Verkaufsbeschränkung auf eine Münze pro Nutzer gab es Personen, die kurz nach Ausgabe mehrere Exemplare derselben Münze zum Verkauf angeboten haben.»

Das ist auch dem Zürcher Münzhändler Fabio Luraschi (55) von der Zürcher Münzhandlung «Erwin Dietrich» aufgefallen – und auch der alteingesessene Händler ging leer aus. «Diese Art von Vermarktung mit kleinen Auflagen begann in den 90er-Jahren», erklärt er. Der Ärger über das «Platinum»-Puff in der Sammlerszene ist gross. Im Schweizer Magazin für Münzen, der «Numis-Post», wurde sogar über Bestrafungsmethoden für die Verantwortlichen von Swissmint fantasiert: «Sie müssten zur Strafe die für 2022 geplanten 21 Millionen Umlaufmünzen von Hand schlagen, mit einer winzig kleinen Zange und das im Dunkeln», heisst es da.

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