Baubranche kritisiert Kantönligeist beim Testen
«Wir fordern das Bündner Modell für die ganze Schweiz»

Der Baumeisterverband übt scharfe Kritik: Grosse Firmen wollen testen, scheitern aber an den Kantonsgrenzen. Anderen Branchen ergeht es ähnlich.
Publiziert: 28.03.2021 um 12:46 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2021 um 11:50 Uhr
300000 Büezer schuften jeden Tag auf Schweizer Baustellen.
Foto: Keystone
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Danny Schlumpf

Der Bundesrat hat die grosse Offensive ausgerufen: 40 Prozent der «mobilen Bevölkerung» sollen regelmässig Corona-Tests machen. Mobil sind vor allem Schüler und Arbeiter, für die Homeoffice nicht in Frage kommt.

Dabei ist kaum eine Branche so mobil wie die Bauwirtschaft: 300'000 Büezer schuften jeden Tag auf Schweizer Baustellen. Doch von einer Testoffensive ist die Branche weit entfernt.

Mit 90'00 Mitarbeitern ist Implenia die grösste Bauunternehmung der Schweiz. Aber testen lässt sie nur in Graubünden. «In den anderen Kantonen sind diese Programme noch im Aufbau», so die Begründung eines Unternehmenssprechers.

Die Baufirma Frutiger lässt überhaupt nicht testen: «Unsere Baustellen sind weit verteilt. Aus administrativen und organisatorischen Gründen haben wir uns entschieden, nicht mitzumachen.»

Ankündigung des Bundes noch nicht angekommen

Das Problem: «Bei vielen Kantonen ist die Ankündigung des Bundes noch nicht angekommen», sagt Gian-Luca Lardi (51), Präsident des Schweizerischen Baumeisterverbands. Er fordert: «Die Corona-Testkonzepte müssen jetzt rasch und unbürokratisch umgesetzt werden!» Denn die versprochene Lockerung der Quarantäneregel sei für seine Branche zentral.

80 Prozent der Belegschaft müssen sich regelmässig testen – dann fällt die Quarantäne weg. Bis heute erreichen das nur wenige Baufirmen. Von den 300 000 Büezern könnten sich nur die allerwenigsten im Betrieb testen lassen, sagt Lardi. Das liege am Kantönligeist: «In jedem Kanton gelten andere Regeln, und die Kantone sind unterschiedlich weit beim Aufbau der Testkonzepte.» Dabei liege die Lösung auf der Hand, sagt Lardi.«In Graubünden testen bereits 40 Prozent der mobilen Bevölkerung. Das System funktioniert.» Deshalb fordert der Baumeisterpräsident: «Das Bündner Modell muss schweizweit eingeführt werden!»

Nicht nur die Baubranche leidet

Nicht nur in der Baubranche tut man sich schwer mit den 26 verschiedenen Testkonzepten in der Schweiz. Post und SBB klagen darüber, aber auch die grossen Detailhändler. So kann Coop seine Belegschaft bis jetzt nur in Chur GR und Pratteln BL testen lassen – in den Kantonen also, die bisher als einzige den Testturbo gezündet haben.

Auch Autohändler Amag lässt nur in Graubünden testen: «Eine einheitliche Lösung ist für ein schweizweit tätiges Unternehmen wie die Amag aktuell schlicht nicht möglich.»

Der Bundesrat habe hohe Erwartungen geschürt, sagt Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt (59). «Aber noch ist in vielen Kantonen unklar, wie das Testen umgesetzt wird. Da stösst der Föderalismus an seine Grenzen.» Viele Firmen stiessen jetzt auf bürokratische Hürden – was besonders stossend sei, wenn es um die Quarantäne-Erleichterungen gehe: «Sie sind einer der zentralen Antriebe für die Unternehmen, sich zu engagieren.»

Vogt warnt: «Es darf jetzt kein neues Bürokratiemonster entstehen, das erst wirkt, wenn das Gros der Bevölkerung schon geimpft ist.»

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