Weil sie kaum unterrichtete
Dozentin schimpfte über faule Studis – jetzt steht sie in der Kritik

Wirtschaftshistorikerin Andrea Franc kritisiert, dass Handwerker faulen Geisteswissenschaftlern das Leben mitfinanzieren müssten. Jetzt gerät sie selber ins Kreuzfeuer: Weiss sie überhaupt, wovon sie redet?
Publiziert: 09.06.2022 um 17:52 Uhr

Geschichtsstudierende sind faul, bekifft und liegen denjenigen auf der Tasche, die richtig arbeiten. In einem Interview mit der NZZ geht die promovierte Wirtschaftshistorikerin und Privatdozentin Andrea Franc hart ins Gericht mit Geisteswissenschaftlern. Diese würden nach dem Studium häufig nur in Minipensen arbeiten, Prämienverbilligungen kassieren und die Sozialwerke belasten. Die Studierenden an der Uni Basel und an der Uni Luzern, wo Franc unterrichtet, waren erbost über diese Aussagen und verlangten Antworten. Jan Rüdiger, Leiter des Geschichtsdepartements der Uni Basel, wendet sich nun in einer E-Mail an seine Studierenden. Darin bezeichnet er die Aussagen Francs als «unglücklich».

Wie Rüdiger gegenüber «Regionaljournal Basel Baselland» von SRF erklärt, habe Franc ausserdem nur wenig an der Uni Basel gearbeitet: In den letzten zehn Jahren hatte sie gerade mal zwei Lehrveranstaltungen. «Das bedeutet, dass gewisse Aussagen von Andrea Franc über das Studierenden-Verhalten in- und ausserhalb der Lehrveranstaltungen auf einer – vorsichtig gesagt – dünnen empirischen Grundlage beruhen.»

Departementsleiter widerspricht

Laut dem Leiter des Basler Geschichtsdepartements waren Francs Aussagen auch «eher Beleidigungen als Anschuldigungen». Man könne jetzt nicht darüber reden, ob jemand unter Cannabis-Einfluss an einer Lehrveranstaltung teilnehme, sagt Rüdiger. «Das ist ebenso gut möglich, wie dass es möglich ist, mit einem morgendlichen Champagner-Schluck an die Uni zu kommen. Das ist weder unser Interesse noch unsere Aufgabe, diese Dinge zu kontrollieren.»

Setzte sich mit einem Interview scharfer Kritik aus: Wirtschaftshistorikerin Andrea Franc.
Foto: Universität Basel
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Ganz im Gegensatz zu Franc schwärmt Rüdiger von seinen Studierenden: Das Interesse, das Engagement, die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, seien in seinen Veranstaltungen «einfach sehr, sehr gross in Basel».

Uni Luzern ist zurückhaltend

Auf das Verhältnis Francs als Privatdozentin zur Uni Basel haben ihre im NZZ-Interview gemachten Aussagen gemäss Rüdiger keine Konsequenzen. Die Universität Luzern hält sich bisher trotz einer Aufforderung durch Studierende mit offiziellen Aussagen zu diesem Sachverhalt zurück.

Franc greift in ihrer Attacke nicht nur die Studierenden und Absolventen von geisteswissenschaftlichen Fächern an, sondern auch die Dozierenden: «Wenn man genau weiss, dass man eine 100-seitige Masterarbeit schreiben muss, die nicht gelesen wird, demotiviert das ungemein», sagt sie. «Ich habe Arbeiten gesehen, die inhaltlich wie sprachlich unglaublich schlecht waren, die der zuständige Professor aber durchgewinkt hat.» (noo)

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