«Wir mussten uns zusammenreissen»
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Eltern des erstochenen Ilias:«Wir mussten uns zusammenreissen»

Wegen Mordes verurteilt
Alice F. findet das Leben jetzt «schön»

Alice F. (76) kündigte den Mord am Buben Ilias (†7) mehrfach an. Seit Montag steht sie in Basel vor Gericht. Von Reue zeigte bisher keine Spur, fühlt sich als Opfer der Behörden, das zur Tat getrieben worden sei. BLICK ist vor Ort.
Publiziert: 09.08.2020 um 17:29 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2020 um 20:59 Uhr
Michael Sahli

Die Killerin von Ilias (†7) lebt in ihrer eigenen, kranken Welt. Nach wie vor. Gestern stand Rentnerin Alice F.* (76) vor dem Strafgericht in Basel, weil sie den kleinen Buben am 21. März 2019 mit zwei Messerstichen von hinten getötet hatte. Sie wollte so auf einen Streit mit den Behörden aufmerksam machen, der sich schon seit 1977 hochschaukelte (BLICK berichtete). Den Prozess sah sie als Mittel zum Zweck – redete sich in Rage, versuchte ihrem Verteidiger gar das Wort zu entziehen, nur um selber noch mehr sprechen zu können. Ihr Tonfall? Empört.

Zur Tat sagte die Seniorin kühl: «Ja, ich habe das gemacht. Der Bub hatte keine Chance. Es tut mir leid für die Familie. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas fertigbringe.» Alice F. erschien in einem weissen Oberteil mit Blumenmuster vor Gericht. Auf den ersten Blick das nette Grosi von nebenan. Schuld haben die anderen: Man habe sie halt in die Enge getrieben. Die Angeklagte: «Mein Motto war immer: Es gibt keine Probleme, nur Lösungen.»

Wird die Killerin von Ilias (†7) verwahrt?
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Heute startet der Prozess:Wird die Killerin von Ilias (†7) verwahrt?

Das «Problem» nahm schon 1977 seinen Lauf. Dabei ging es zunächst um nichtige Gründe. Etwa einen misslungenen Briefmarkenverkauf des mittlerweile verstorbenen Lebenspartners, später die Zwangsräumung ihrer Wohnung wegen fehlender Mietzahlungen. Die Angeklagte sieht das als «Justizkorruptionsaffäre». Diese Affäre macht sie seit Jahrzehnten zu ihrem Lebensinhalt. Zehn Bananenkisten voll mit Querulanten-Briefen an Behörden und Gerichte wurden gefunden. Schon vor fast zwei Jahrzehnten begann sie mit Mord zu drohen. Als «Notwehrhandlung», wie sie selber schrieb.

Ilias (†7) aus Basel wurde erstochen. Die Killerin hat ihre Tat mehrfach angekündigt.
Foto: Zvg
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Alice F. sieht sich nicht verantwortlich

Immer wieder unterbrach die Richterin die ellenlangen Monologe der Killerin. «Jetzt reden Sie bitte wieder von dem Kind, nicht nur von sich», forderte sie. Es nützte nichts. Schnell driftete Alice F. wieder tief in die 70er- und 80er-Jahre ab: «Wenn man uns nicht so geplagt hätte, wäre das nicht passiert.»

Für die Eltern von Ilias waren die Ausflüchte fast unerträglich. Immer wieder weinten sie, die Mutter des toten Buben verliess den Saal mehrmals. Minutenlang legte sie den Kopf auf den Tisch vor ihr.

Die kranke Welt der Margrit P.
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Interview von August 2020:Jetzt sprechen die Eltern des getöteten Ilias (†7)

Für den psychiatrischen Gutachter stand fest: Alice F. leidet unter einer wahnhaften Störung. «Wahn-Kranke sind in ihrer Perspektive gefangen», erklärte er. Diagnose: Querulanten-Wahn.» Vor der Tat hätte Alice F. unter grossem Druck gestanden, drohte ihr die Obdachlosigkeit. Alle Hilfsangebote der Behörden habe sie ausgeschlagen. «Sie sieht sich zwar als schuldig, verantwortlich seien aber die Behörden», so der Gutachter. Schuldfähig sei sie nicht.

Alice F. hielt dagegen. Sie könne keine Querulantin sein, da sie ja im Recht sei. Gegenfrage: «Wenn feststeht, dass schwerwiegende rechtliche Verfehlungen begangen wurden von den Behörden – würden Sie dann immer noch sagen, ich wäre eine Querulantin?» Und: «Ich werde nie davon abrücken, egal, zu was ich verurteilt werde.»

«Es kommt nur eine Verwahrung in Frage»

Nach der Bluttat habe Alice F. gesagt, dass sie nun besser schlafen könne, sagte der Anwalt der Opfer-Eltern in seinem Plädoyer. Sie finde das Leben jetzt «schön», habe die Killerin gesagt. Sein Urteil: Eine «erschreckende Skrupellosigkeit, eine krasse Missachtung des Lebens».

Für den Staatsanwalt, der die Schuldunfähigkeit von F. anerkennt, war klar: «Es kommt nur eine Verwahrung in Frage.» Der Verteidiger hingegen stellte das psychiatrische Gutachten in Frage, sah für seine Mandantin vielleicht doch «Therapiemöglichkeiten». Alice F. stellte den Eigenantrag, dass kein Urteil gefällt werde. Stattdessen solle die vielfach erwähnte «Justizkorruptionsaffäre» endlich aufgearbeitet werden. Das Urteil folgt heute.

*Name bekannt

So brutal und sinnlos musste Ilias (†7) sterben

Am Tag seiner Ermordung verlässt der kleine Ilias (†7) aus Basel das Schulhaus um etwa halb eins am Mittag als Letzter. Er macht sich an diesem 21. März 2019 zu Fuss auf den nur etwa 500 Meter langen Heimweg.

Als der Junge das Gotthelf-Schulhaus verlässt, ist seine spätere Killerin Alice F.* (76) schon auf der Suche nach einem Opfer. Sie «tigert» um das Schulhaus herum, dokumentiert die Anklageschrift ihre eigenen Aussagen.

Ein Bekennerschreiben, das sie nach der Tat per Textnachricht an verschiedene Medien schickt, hat die Querulantin schon lange vorbereitet. Ihr fehlte nur noch das passende Opfer.

Etwa um 12.37 Uhr sieht F. den Buben mit kosovarischen Wurzeln, beschreibt die Anklageschrift den Ablauf der Tat. Nur 350 Meter von seinem Elternhaus entfernt. Sie nähert sich von hinten, sticht ihm ein Küchenmesser in den Hals. Ilias dreht sich um. Die Täterin sticht wieder zu, wieder in den Hals. Der Bub geht zu Boden, ist tödlich verletzt. Alice F. beugt sich über ihr Opfer, geht um Ilias herum. Als würde sie kontrollieren, ob er wirklich tot ist. Dann macht sie sich gemächlich davon.

Sie führt ihren Tatplan weiter eiskalt aus, kontaktierte Privatpersonen und Medien. Der Text ihres vorbereiteten SMS: «Hoi ihr lieben, Habe eine kind getötet, damit ich mein eigentum zurückbekomme stelle mich der polizei und übernehme die verantwortung sofern ich nicht als staatsfeind umgebracht werde.»

Dann stellt sie sich selber beim Empfang der Staatsanwaltschaft, erklärt, sie habe gerade ein ihr unbekanntes Kind getötet und gibt die Tatwaffe ab.

* Name bekannt

Am Tag seiner Ermordung verlässt der kleine Ilias (†7) aus Basel das Schulhaus um etwa halb eins am Mittag als Letzter. Er macht sich an diesem 21. März 2019 zu Fuss auf den nur etwa 500 Meter langen Heimweg.

Als der Junge das Gotthelf-Schulhaus verlässt, ist seine spätere Killerin Alice F.* (76) schon auf der Suche nach einem Opfer. Sie «tigert» um das Schulhaus herum, dokumentiert die Anklageschrift ihre eigenen Aussagen.

Ein Bekennerschreiben, das sie nach der Tat per Textnachricht an verschiedene Medien schickt, hat die Querulantin schon lange vorbereitet. Ihr fehlte nur noch das passende Opfer.

Etwa um 12.37 Uhr sieht F. den Buben mit kosovarischen Wurzeln, beschreibt die Anklageschrift den Ablauf der Tat. Nur 350 Meter von seinem Elternhaus entfernt. Sie nähert sich von hinten, sticht ihm ein Küchenmesser in den Hals. Ilias dreht sich um. Die Täterin sticht wieder zu, wieder in den Hals. Der Bub geht zu Boden, ist tödlich verletzt. Alice F. beugt sich über ihr Opfer, geht um Ilias herum. Als würde sie kontrollieren, ob er wirklich tot ist. Dann macht sie sich gemächlich davon.

Sie führt ihren Tatplan weiter eiskalt aus, kontaktierte Privatpersonen und Medien. Der Text ihres vorbereiteten SMS: «Hoi ihr lieben, Habe eine kind getötet, damit ich mein eigentum zurückbekomme stelle mich der polizei und übernehme die verantwortung sofern ich nicht als staatsfeind umgebracht werde.»

Dann stellt sie sich selber beim Empfang der Staatsanwaltschaft, erklärt, sie habe gerade ein ihr unbekanntes Kind getötet und gibt die Tatwaffe ab.

* Name bekannt

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