Jetzt spricht das Vergewaltigungsopfer (33) von Basel
«Jeden Tag werde ich an diese Nacht erinnert»

Zwei Männer vergewaltigten Anfang Februar Alina T. (33) in Basel. Direkt vor ihrer Haustür. Nun sitzt einer der Täter in Haft. Das Opfer kannte ihn. Im BLICK spricht Alina T. nun erstmals über jene Nacht.
Publiziert: 13.02.2020 um 16:48 Uhr
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Aktualisiert: 10.06.2020 um 09:58 Uhr
Helena Schmid

Alina T.* (33) erkennt ihr Leben nicht mehr. Jeder Tag ist plötzlich ein Kampf. Ein Kampf gegen die Erinnerung. Und die holt sie ein, kaum tritt sie vor ihre Haustüre – am Tatort vorbei. «Eigentlich bin ich eine Kämpferin, war schon immer eine», sagt sie zu BLICK. Doch die Vergewaltigung vor zwei Wochen reisst ihr den Boden unter den Füssen weg. Alina T. fragt sich: «Wie soll ich jemals damit umgehen?»

Basel, 1. Februar, 6 Uhr. Der Morgen graut. Alina T.* (33) hat mit Freunden gefeiert. Sie läuft zum Barfüsserplatz, wartet, steigt ins Tram Nummer 14. Ein Mann ist da, ein bekanntes Gesicht, er kommt auf sie zu. «Wir kennen uns, oder?», fragt er sie. Ja, die beiden kennen sich. «Er war der Ex-Freund einer guten Kollegin von mir», erzählt Alina T. BLICK.

Ihr Bekannter (31) ist mit einem jüngeren Kollegen unterwegs. Sie kennt ihn noch nicht. Sie unterhalten sich. «Ich hatte den Bekannten schon ewig nicht mehr gesehen. Er erzählte mir von seiner Familie», erinnert sie sich. Das Gespräch sei nett gewesen, ganz normal. Der 31-Jährige schlägt vor, sich irgendwann wieder zu treffen. «Ich gab ihm sogar noch meine Handynummer.»

João P. ist Portugiese und in seiner Gegend als Troublemaker bekannt.
Foto: zvg
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«Sie rissen meinen BH weg – ich schrie»

Am Voltaplatz steigt die Gruppe aus. Die beiden bieten an, sie nach Hause zu begleiten. Sie denkt sich nichts dabei – wieso auch. Plötzlich unterhalten sich die Männer auf Portugiesisch. «Noch immer hatte ich kein mulmiges Gefühl. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass sie etwas planen, was ich nicht verstehen sollte.»

Im Eingangsbereich ihres Mehrfamilienhauses an der Elsässerstrasse will sie sich verabschieden. Der ältere der Männer, ihr Bekannter, packt Alina T. plötzlich, drückt sie gegen die Wand. Die Täter versuchen zu zweit, sie auszuziehen. «Sie rissen meinen BH weg. Ich war völlig geschockt – den einen kannte ich doch!», sagt sie.

Alina T. wehrt sich mit Händen und Füssen. Sie reissen sie zu Boden. «Ich schlug um mich und schrie. Es nütze nichts. Der Jüngere der beiden verging sich an mir.» Ihr Bekannter hätte auch gewollt. Doch sie habe sich so sehr gewehrt, dass die Täter schliesslich die Flucht ergriffen.

«Jeden Tag werde ich daran erinnert»

Das Opfer bleibt am Boden liegen. Wie gelähmt. Sie ruft die Polizei. Die Beamten bringen sie ins Spital. Dort wird ihre Kleidung eingezogen, um Spuren zu sichern. Die Ärzte nehmen DNA-Proben. T. hat Schürfwunden an den Händen und an der Brust. Ansonsten ist sie unverletzt. Körperlich. «Ich stürzte in ein tiefes Loch und weiss nicht, wie ich rauskommen soll.»

Wenn immer sie ihr Haus verlässt, muss sie jene Treppe hinuntersteigen, durch jenen Eingang laufen, über den Boden, vorbei an der Wand. «Jeden Tag werde ich an diese Nacht erinnert. Ich halte das nicht aus», sagt Alina T.

Am Tag nach dem Übergriff verfolgt Alina T. die Berichterstattung in ihrem Fall. Sie liest verletzende Kommentare auf Facebook. Einige Nutzer geben ihr eine Mitschuld, wie es häufig bei Vergewaltigungsopfer geschieht. Sie bezeichnen Alina T. als naiv – als hätte sie sich nicht begleiten lassen dürfen. Es passiert, was einem Opfer nie passieren dürfte: Sie fühlt sich plötzlich schuldig. «So etwas zu lesen, tut weh», sagt Alina T.

Bekannter (31) stellt sich der Polizei

Die Polizei hat indes Ermittlungen eingeleitet. Sie konnte die Täter zwar identifizieren, aber nicht fassen. Bis jetzt. Am Dienstag teilt die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt mit: Ein Portugiese (31) hat sich gestellt. Es ist Alina T.s Bekannter. Beim zweiten Täter handelt es sich offenbar um einen Jugendlichen, ebenfalls Portugiese. Er ist noch flüchtig.

Der 31-Jährige sitzt nun in Untersuchungshaft. Alina T. wurde von der Staatsanwaltschaft nicht informiert. Enttäuscht sagt sie zu BLICK: «Ich hatte ständig Angst, diesen beiden zu begegnen. Und dann sagen mir die Behörden nicht einmal, wenn einer hinter Gittern ist.»

Beim Täter handelt es sich um den Portugiesen João P.* Er und seine Familie zogen vor 8 Jahren in die Basler Gegend und sollen seither eigentlich nichts als Probleme gemacht haben. «An der Schuld von João P. zweifelt hier niemand», meint der Besitzer eines Ladens in Basel gegenüber BLICK, welchem João P. auch noch Geld schuldet.

Auf Anfrage von BLICK möchte sich Peter Gill, Sprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, nicht zu den Vorwürfen äussern. Er verweist auf das laufende Verfahren.

* Name geändert

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