Der Bund arbeitet an einem Corona-Notfallplan
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Kommt er zu spät?Der Bund arbeitet an einem Corona-Notfallplan

BAG engagiert externe Firma für Strategie im Kampf gegen Virus-Varianten
Bund arbeitet an Notfallplan

SonntagsBlick-Recherchen zeigen: Der Bund rüstet sich gegen Virus-Varianten, die den Impfschutz umgehen. Das BAG hat eine Firma engagiert, die bis im Frühling einen Notfallplan ausarbeiten soll. Hätte das nicht schon viel früher geschehen sollen?
Publiziert: 09.01.2022 um 00:27 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2022 um 09:50 Uhr
Fabian Eberhard

Mitte Woche lancierte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen dringenden Appell. Durch die explosionsartige Zunahme von Omikron-Infektionen steige das Risiko einer neuen, besorgniserregenden Variante. Je stärker sich Omikron ausbreite, «desto wahrscheinlicher ist es, dass es eine neue Variante hervorbringt», warnte WHO-Notfallexpertin Catherine Smallwood. «Wir befinden uns in einer sehr gefährlichen Phase.»

Die Sorge vor neuen Varianten treibt auch den Bund um. SonntagsBlick-Recherchen zeigen: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) arbeitet an einem Notfallkonzept, mit dem im Ernstfall schnell geeignete Massnahmen getroffen werden können.

Der Lead liegt bei der Arbeitsgruppe Strategie des BAG, wie aus Sitzungsprotokollen der Taskforce Covid-19 hervorgeht. An einem Skype-Meeting vom 13. Oktober 2021 vermeldete ein Vertreter der Arbeitsgruppe: «Die Erarbeitung eines Notfallplans für ein Szenario, welches das Auftreten einer «Vaccine escape»-Variante beschreibt, wurde initiiert.» Eine Variante also, die den Impfschutz umgeht.

Der Bund wappnet sich nun für dieses Szenario, wie Protokolle der Taskforce Covid-19 zeigen. Demnach arbeitet das BAG an einem Notfallplan gegen neue Varianten.
Foto: Sitzungsprotokoll Taskforce BAG
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BAG-Sprecher Marco Stücheli bestätigt: «Der Notfallplan beschreibt die notwendigen Prozesse und Massnahmen zur Bewältigung von Infektionswellen mit neuen, besorgniserregenden Virusvarianten.» Für die Erarbeitung des Notfallplans hat sich das BAG externe Hilfe geholt. Am 28. Oktober unterzeichnete das Bundesamt einen Vertrag mit dem Beratungs- und Forschungsunternehmen Ecoplan. Kostenrahmen: 150'000 Franken. Laut Stücheli würden die Rechnungen nach effektivem Aufwand ausgestellt.

Eine «neue pandemische Welle» droht

Gemäss den Sitzungsprotokollen der Taskforce hat Ecoplan in den letzten Wochen mehrere Gespräche mit Expertinnen und Experten des Bundes geführt. Abgeklärt wird unter anderem, was die Auswirkungen einer Variante wären, gegen die die Impfung versagt.

Der Notfallplan soll bis im Frühling fertiggestellt sein. Das wirft Fragen auf. Hinkt der Bund den Entwicklungen hinter? Fachleute warnen bereits seit über einem Jahr vor Virusvarianten, die den Impfschutz umgehen und Fortschritte in der Pandemiebekämpfung zunichtemachen könnten. Und mit Omikron sind wir bereits heute mit einer Variante konfrontiert, bei der die Impfung zwar noch immer gut gegen schwere Verläufe wirkt, die Menschen aber wieder vermehrt erkranken.

Bundesbern weiss seit langem von der Gefahr. In einem Konzeptpapier vom 12. Mai 2020 warnte der Bundesrat: «Das Auftreten neuer Virusvarianten stellt eine reale Bedrohung für die vorgesehenen Schritte hin zu einer Normalisierung der Gesellschaft dar.» Die zunehmenden Durchimpfungsraten in vielen Ländern würden einen grossen Evolutionsdruck auf das Virus ausüben.

In einem weiteren Konzeptpapier vom 30. Juni betonte der Bundesrat die Sorge noch einmal. Darin entwirft die Regierung mehrere Szenarien. Szenario drei: «Es treten eine oder mehrere neue Virusvarianten auf, gegen die eine Impfung oder durchgemachte Erkrankung nicht mehr oder deutlich weniger schützt. Es kommt zu einer neuen pandemischen Welle.» Und weiter: «Ein starkes staatliches Eingreifen und eine erneute Impfung sind erforderlich.»

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Immunität der Bevölkerung wird wohl zunehmen

BAG-Sprecher Stücheli sagt: «Die Bewältigung der Pandemie wird in der aktuellen Situation durch die bestehende Krisenorganisation geleistet.» Diese sei so aufgestellt, dass sie auch auf neue Virusvarianten adäquat reagieren könne. «Der Notfallplan wird primär für die Bewältigung von neuen, besorgniserregenden Varianten in einem Zeitraum erarbeitet, in dem die Krisenorganisation nicht mehr im aktuellen Ausmass zur Verfügung stehen wird.»

Noch arbeiten Spitäler, Labore und Verwaltung im Krisenmodus. Gut möglich aber, dass dies bald ändert. Denn so ansteckend Omikron ist, die Variante ist zugleich auch ein Lichtblick. Immer mehr Fachleute sind vorsichtig optimistisch, dass durch Omikron die Grundimmunität der Bevölkerung rasch zunimmt und damit die endemische Phase eingeläutet werden könnte.

Das heisst, dass das Virus zwar weiterhin zirkuliert, die Ansteckungszahlen allerdings auf niedrigem Niveau in etwa konstant bleiben.

Und noch etwas macht Hoffnung: Die mRNA-Impfstoffe von Pfizer und Moderna können laut den Herstellern relativ schnell an neue Varianten angepasst werden. Im Frühjahr soll die Impfung gegen Omikron kommen.

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