Angeblich wurde er verfolgt
Rumäne überholte neun Mal im Gotthard-Tunnel

Ein Rumäne bolzte durch den Gotthard wie von der Tarantel gestochen. Angeblich weil er von einem Deutschen verfolgt wurde, überholte mehrere Male andere Autos. Jetzt kams zum Prozess.
Publiziert: 17.05.2021 um 14:44 Uhr

Er war laut eigener Aussage auf der Flucht. Im Sommer 2017 donnerte ein Rumäne durch den Gotthard-Tunnel. Neun Mal fuhr der damals 27-Jährige auf die Gegenfahrbahn und überholte so andere Wagen vor ihm. Trotz Überholverbot und doppelter Sicherheitslinie. Dafür wurde dem Mann, der mit seiner Familie in England lebt, vor dem Landgericht in Ursern UR der Prozess gemacht.

Das Urteil: Zwei Jahre bedingte Haft und zwei Jahre Probezeit. Dazu sollte er die Verfahrenskosten (4320 Franken) und eine Busse (6000 Franken) zahlen, wie die «Luzerner Zeitung» berichtet. Doch damit war der Rumäne nicht einverstanden und zog das Urteil vor das Obergericht weiter. Denn schliesslich habe es einen guten Grund für die Überholmanöver gegeben.

Rumäne bekam Angst wegen deutschem Verfolgerwagen

Ein Wagen mit deutschem Kontrollschild habe ihn verfolgt, behauptete er, und er habe nur versucht, seine Verfolger abzuhängen. Angefangen habe alles mit folgender Situation. Er selber sei gerade am Überholen gewesen, als das deutsche Auto ebenfalls vorbei wollte. Der Rumäne konnte aber die linke Spur nicht gleich freimachen und dies habe den deutschen Lenker samt zwei Beifahrer wütend gemacht.

Ein Rumäne überholte neun Mal im Gotthard-Tunnel.
Foto: Keystone
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Man habe ihn zunächst ausgebremst und im Anschluss die Verfolgung aufgenommen. Der Rumäne bekam Angst und geriet in Panik. Also habe der Rumäne aufs Gas gedrückt, um sich in Sicherheit zu bringen.

Monatliches Gehalt wurde zu hoch angesetzt – Busse reduziert

Für das Obergericht gab es zwar keine Zweifel, dass sich das Ganze so zugetragen haben kann, allerdings sei dies noch lange kein ausreichender Grund, um neun Mal im Gotthard zu überholen. Die Haftstrafe bleibt also. Die Berufung hat sich aber trotzdem für den Rumänen gelohnt. Die Busse wurde reduziert. Von 6000 auf 1800 Franken. Der Mann habe lediglich ein monatliches Einkommen von zirka 900 Pfund, umgerechnet knapp 1100 Franken.

Das vorinstanzliche Gericht habe fälschlicherweise angenommen, dass der Mann 900 Pfund in der Woche verdiene. Die Busse sei viel zu hoch angesetzt worden. Zahlt der Gotthard-Raser die 1800 Franken nicht, muss er für zwei Monate in den Knast. Das Obergericht hat die zwei Monate von der Gefängnisstrafe abgezogen. Statt 24 Monate wurde der Rumäne zu 22 Monaten bedingter Haft verurteilt, wie die «Luzerner Zeitung» berichtet.

Zuletzt hatte der Christian R.* Schlagzeilen für seine Irrfahrt durch den Gotthard gemacht. Der Deutsche war 2014 mit einem BMW Z4 durch den Tunnel gerast und hatte mit 200 km/h zehn Autos überholt. Er wurde zwar durch das Kantonsgericht Lugano TI zu einem Jahr Knast verurteilt. Doch R. hatte damals nur ein müdes Lächeln übrig für die Schweizer Justiz. «Das Urteil interessiert mich nicht!», sagte er zu BLICK nach dem Urteil. Die Behörden in der Schweiz und Deutschland arbeiteten zusammen. Und schliesslich wanderte der Gotthard-Raser in Deutschland in den Knast. (jmh)

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