Zug bereitet sich aufs Eidgenössiche vor und fürchtet um die letzte Schwinget-Wiese
«Nur sie ist noch gross genug»

Im Vorfeld des Zuger Schwinget erklärt OK-Präsident und SVP-Regierungsrat Heinz Tännler, was der Event für Zug bedeutet und weshalb der nationale Hosenlupf vom August der letzte in der globalisierten Stadt sein könnte.
Publiziert: 20.04.2019 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2019 um 16:45 Uhr
Marcel Odermatt
Marcel OdermattBundeshausredaktor

Nicole Trinkler (22) lenkt gerade ihren Rasenmäher über eine Wiese in Zug, als Finanzdirektor Heinz Tännler (58) die Szene betritt. Exakt kürzt die junge Gärtnerin die Halme auf einem Sechseck, wo in vier Monaten das Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (ESAF) 2019 stattfinden wird.

Es ist ein teures und rares Stück Erde. Teuer, weil das Feld für 
1,4 Millionen Franken planiert und trainiert werden musste – es war zu uneben, um die gewaltige Arena aufzunehmen, die in den nächsten Wochen hier entstehen soll.

Der einzige mögliche Platz in Zug

Aber auch rar, weil es schlicht der einzige Platz im Kanton Zug ist, der geeignet und gross genug ist, um ein Ereignis dieser Grösse durchzuführen. Allerdings nur für kurze Zeit: Ein Teil des Landes befindet sich in der Bauzone des Boomorts. Und das bedeutet, dass auch an dieser Stelle schon bald Häuser stehen werden.

Platz für 56'500 Fans. So wird die Schwingarena in Zug im August aussehen.
Foto: zvg
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Heinz Tänner, der das ESAF als OK-Präsident vorbereitet: «Gut möglich, dass das Schwingfest deshalb das letzte sein wird, das wir bei uns feiern. Einfach, weil diese Wiese zwischen Zug und Baar die letzte ist, die genug gross ist und niemand sagen kann, wie lange das noch so bleibt.»

Passt das zusammen?

Auf der einen Seite das Eidgenössische, das wie kein anderer Grossanlass für Brauchtum und Tradi­tion steht, auf der anderen das total globalisierte Zug, das sich am liebsten mit Begriffen wie «Crypto Valley» bezeichnet sieht: Passt das überhaupt noch zusammen?

Der SVP-Regierungsrat ist überzeugt: «Die beiden Aspekte schliessen einander nicht aus. Wir Zuger versuchen offen für Neues zu sein, verschliessen uns aber auch nicht den Traditionen.» Gerade bei den vielen Menschen aus anderen Ländern, die hier arbeiten – sogenannten Expats – spüre er grosses Inte­resse an diesem Anlass, der schweizerischer nicht sein könne.

Sprungbrett in den Ständerat

Wenn am 25. August zwischen 16 und 17 Uhr der Schlussgang beginnt und im Anschluss der neue Schwingerkönig erkoren wird, dürften viele Blicke auf die Zen­tralschweiz gerichtet sein. Und klappt alles wie geplant, wird auch Heinz Tännler grosses Lob zuteilwerden. Keine schlechte Sache für einen Politiker, der im Oktober den Sprung in den Ständerat schaffen will.

Weil im Stöckli nach dem Rücktritt von Joachim Eder (68, FDP) ein Platz frei geworden ist, kämpft Tännler jetzt mit seinem ehemaligen Regierungsratskollegen Matthias Michel (55, FDP) und dem bisherigen Ständerat Peter Hegglin (58, CVP) um einen der beiden begehrten Sitze.

Seit sechs Jahren OK-Präsident

Es wird ein enges Rennen. Die Publizität des Schwingfests dürfte da nicht schaden. «Natürlich freut es mich, dass sich diese beiden Ereignisse zufälligerweise kreuzen. Ich möchte aber betonen, dass ich bereits seit sechs Jahren OK-Präsident des ESAF bin.»

Nicole Trinkler hat mittlerweile ihre Mährunde abgeschlossen. Zumindest, was die perfekt hergerichtete Wiese betrifft, könnte das Eidgenössische schon beginnen.

350'000 Fans an drei Tagen: Sport oder Chilbi?

In 124 Tagen, am 23. August, Punkt 14 Uhr, beginnt das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) 2019 mit einem Festumzug durch die Stadt Zug.

Der dreijährliche Anlass ist ein Mega-Event. Ab Anfang Mai entsteht auf einer Wiese zwischen Zug und Baar ZG eine Arena für die sieben Sägemehlringe mit Platz für 56'500 Schwingfans (siehe Haupttext), die weltweit grösste Konstruktion ihrer Art.

Die Organisatoren rechnen bis am Sonntag mit insgesamt 350'000 Zuschauern. Das Budget für die dreitägige Gala in der Zentralschweiz beträgt 37 Millionen Franken – alleine die Sponsoren buttern 17 Millionen hinein.

Auch wenn der Schwingsport im Trend zu scheinen liegt, spricht OK-Präsident Heinz Tännler (58) von einer Gratwanderung, vom «Spagat zwischen Sport und 
Chilbi und Kommerz: Wir müssen auch in Zug dafür sorgen, dass bei aller Unterhaltung, der Show, den Zuschauermassen der eigentliche Schwingsport nicht in den Hintergrund gedrängt wird». Deshalb dürfe das ESAF nicht überborden, «das ganze Drumherum muss seine Grenzen haben», so Tännler.

Obwohl: Mit dem Sport ist das so eine Sache. Natürlich sind die kräftigen Männer in den Schwinghosen längst Hochleistungssportler und Topathleten.

6000 freiwillige Helfer

Aber sie pflegen eben auch ein Brauchtum. Oder wie der Schriftsteller Peter Bichsel (84) sagt, ein bekennender Anhänger des Schwingsports: «Für mich ist Schwingen nach wie vor ein Spiel, vielleicht auch Arbeit. Oder anders gesagt: Schwingen ist ein kameradschaftliches Kräftemessen.»

Eins zu eins mit anderen kommerziellen Publikumsveranstaltungen lässt sich das ESAF aber immer noch nicht vergleichen. Nur ein Beispiel: Die dafür notwendigen 6000 freiwilligen Helferinnen und Helfer wurden in den letzten Monaten erfolgreich rekrutiert. Sie erhalten einen Stundenlohn von acht Franken. Fällt das Ergebnis der Schlussabrechung des ESAF besser aus als budgetiert, erhalten die Zuarbeiter mehr – geplant ist eine Anpassung auf bis zu zwölf Franken.

Etwelcher Gewinn geht an Schwingerverbände, Klubs oder die Juniorenförderung. Die 125 Mitglieder des grossen OKs dagegen arbeiten alle ehrenamtlich. 

In 124 Tagen, am 23. August, Punkt 14 Uhr, beginnt das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) 2019 mit einem Festumzug durch die Stadt Zug.

Der dreijährliche Anlass ist ein Mega-Event. Ab Anfang Mai entsteht auf einer Wiese zwischen Zug und Baar ZG eine Arena für die sieben Sägemehlringe mit Platz für 56'500 Schwingfans (siehe Haupttext), die weltweit grösste Konstruktion ihrer Art.

Die Organisatoren rechnen bis am Sonntag mit insgesamt 350'000 Zuschauern. Das Budget für die dreitägige Gala in der Zentralschweiz beträgt 37 Millionen Franken – alleine die Sponsoren buttern 17 Millionen hinein.

Auch wenn der Schwingsport im Trend zu scheinen liegt, spricht OK-Präsident Heinz Tännler (58) von einer Gratwanderung, vom «Spagat zwischen Sport und 
Chilbi und Kommerz: Wir müssen auch in Zug dafür sorgen, dass bei aller Unterhaltung, der Show, den Zuschauermassen der eigentliche Schwingsport nicht in den Hintergrund gedrängt wird». Deshalb dürfe das ESAF nicht überborden, «das ganze Drumherum muss seine Grenzen haben», so Tännler.

Obwohl: Mit dem Sport ist das so eine Sache. Natürlich sind die kräftigen Männer in den Schwinghosen längst Hochleistungssportler und Topathleten.

6000 freiwillige Helfer

Aber sie pflegen eben auch ein Brauchtum. Oder wie der Schriftsteller Peter Bichsel (84) sagt, ein bekennender Anhänger des Schwingsports: «Für mich ist Schwingen nach wie vor ein Spiel, vielleicht auch Arbeit. Oder anders gesagt: Schwingen ist ein kameradschaftliches Kräftemessen.»

Eins zu eins mit anderen kommerziellen Publikumsveranstaltungen lässt sich das ESAF aber immer noch nicht vergleichen. Nur ein Beispiel: Die dafür notwendigen 6000 freiwilligen Helferinnen und Helfer wurden in den letzten Monaten erfolgreich rekrutiert. Sie erhalten einen Stundenlohn von acht Franken. Fällt das Ergebnis der Schlussabrechung des ESAF besser aus als budgetiert, erhalten die Zuarbeiter mehr – geplant ist eine Anpassung auf bis zu zwölf Franken.

Etwelcher Gewinn geht an Schwingerverbände, Klubs oder die Juniorenförderung. Die 125 Mitglieder des grossen OKs dagegen arbeiten alle ehrenamtlich. 

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