Zürcher Sozialvorsteher Golta kritisiert Bund
«Manche Geflüchtete sind unterstützungstechnisch im Nirwana gelandet»

Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer wollen fast alle in Zürich leben – was zu Unterbringungsproblemen führt, wie der Stadtzürcher Sozialvorsteher Raphael Golta kritisiert. Künftig will der Bund sie besser auf die Kantone verteilen.
Publiziert: 13.04.2022 um 11:40 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2022 um 12:14 Uhr

Täglich kommen in der Schweiz Flüchtlinge in der Schweiz an. In den letzten Wochen zeigt sich, dass die Verteilung auf die Kantone sehr einseitig erfolgt. Die Flüchtlinge konzentrieren sich vor allem auf die Städte wie Zürich, Basel und Bern.

Das führt zu Unterbringungsproblemen und zu Kritik – etwa beim Stadtzürcher Sozialvorsteher Raphael Golta (46). Er wirft im «Tages-Anzeiger» dem Bund vor, er habe das bewährte Asylverfahren nicht eingehalten und damit ein Durcheinander verursacht. Statt sofort die Kapazitäten in den Bundesunterkünften zu erhöhen, habe er die Flüchtlinge teilweise direkt bei Gastfamilien untergebracht, noch bevor diese den Schutzstatus S erhielten.

Für die Stadt Zürich hatte dies zur Folge, dass die Behörden von vielen Geflüchteten nichts wissen und diese wiederum nichts von den Angeboten der Stadt. Deshalb seien einige Flüchtlinge «unterstützungstechnisch im Nirwana gelandet.» Bereits in der Stadt Zürich angekommene Flüchtlinge will Golta nicht in andere Ortschaften verschieben: «Sie sollen mittelfristig in Zürich bleiben und nicht in andere Gemeinden wechseln müssen.»

Der Sozialvorsteher der Stadt Zürich, Raphael Golta (SP), kritisiert, dass der Bund hätte seine Kapazitäten schneller hochfahren müssen.
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1000 Geflüchtete leben in der Stadt Zürich

Bei grossen Flüchtlingszahlen seien private Gastfamilien für die Erstunterbringung nicht geeignet, so Golta. Die Menschen müssten zueinander passen, damit dies eine nachhaltige Lösung sei. Diese Abklärungen müssten deswegen am Schluss des Aufnahmeprozesses gemacht werden. Der Bund hätte seine Kapazitäten schneller hochfahren müssen, um die Menschen unterbringen zu können, sagt der Sozialvorsteher.

Bisher wohnten rund 1000 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Stadt Zürich bei Privatpersonen. Diese Zahl könne bis auf 1500 steigen, sagte Golta. «Wir haben bereits mehr Flüchtlinge, als wir vom Kontingent her haben müssten.»

Sonderstab Asyl reagiert

Der Bund hat bereits angekündet, dass der Verteilschlüssel bei der Zuweisung an die Kantone grundsätzlich wieder eingehalten werden soll. Eine Arbeitsgruppe wird die in Zukunft geltenden Kriterien erarbeiten. Zudem sollen Gesuche um Kantonswechsel nur ausnahmsweise bewilligt werden, etwa um eine Kernfamilie zusammenzuführen oder um eine weit entfernte Arbeitsstelle antreten zu können, teilt das Bundesamt für Migration (SEM) mit.

Besonders verletzliche Personen wie etwa Waisenkinder oder Menschen mit Beeinträchtigungen, die als Gruppe eingereist sind, sollen wenn immer möglich aber auch künftig gemeinsam untergebracht werden, heisst es beim SEM. (SDA/sie)

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