Zu wenig Stausee-Wasser aus Schneeschmelze
Droht im nächsten Winter ein Strom-Engpass?

Auch für die Stromkonzerne ist die Trockenheit ein Problem. Denn der Schneemangel bedroht die Füllstände in den Stauseen. Die Produzenten hoffen auf einen verregneten Sommer.
Publiziert: 25.02.2023 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2023 um 12:55 Uhr
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Sermîn FakiPolitikchefin

Strahlende Sonne, grüne Pisten. Der Schneemangel in diesem Winter treibt nicht nur Skifahrern die Tränen in die Augen. Auch den Energieversorgern bereitet die Trockenheit schlaflose Nächte. Denn Schnee, der nicht fällt, kann im Frühling auch nicht schmelzen und die Stauseen füllen.

Alpiq-Chefin Antje Kanngiesser (48) machte an der Bilanzmedienkonferenz am Donnerstag denn auch keinen Hehl daraus, dass ein regenreicher Frühling und Sommer in diesem Jahr für die Wasserkraftreserve im kommenden Winter wichtig wären.

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Mehr Importe im Sommer

«Die Schneeschmelze ist sehr bedeutend für die Wasserkraftwerke», sagt auch Martin Koller (45), Chefökonom der Axpo. Die Gletscherschmelze, die bei Schneemangel und hohen Temperaturen grösser ausfallen könnte, kann den Schneemangel laut Koller nicht ausgleichen – weder mengenmässig noch geografisch. Denn Stauseen, die von Gletscherwasser gespiesen werden, gibt es nur wenige.

Die Trockenheit bereitet auch den Stromkonzernen Kopfzerbrechen. Denn es hat zu wenig Schnee, der schmelzen könnte.
Foto: keystone-sda.ch
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Sitzen wir in einem Jahr im Dunkeln? Koller glaubt das nicht: «Dass wir die Stauseen vor dem kommenden Winter nicht füllen können, ist eher unwahrscheinlich.» Anpassungen werde es aber brauchen. Sollte der Sommer ebenso trocken sein wie der Winter, würde man weniger turbinieren, also die Produktion drosseln. «Mit der Folge, dass die Schweiz im Sommer Strom importieren statt exportieren würde.»

Ein Problem wäre das nicht – im Sommer sollte in Europa genug Strom aus Sonne und Wind vorhanden sein. Im Gegenzug würde man die Schweizer Wasserkraft schonen und für das Winterhalbjahr reservieren. Das wäre auch betriebswirtschaftlich interessant, denn im Winter sind die Strompreise höher.

Preisdeckel als falsches Signal

Die Stromversorgung im kommenden Winter ist nicht ausschliesslich ein Schweizer Problem, sondern beschäftigt ganz Europa. Dementsprechend koordiniert sei der Kontinent unterwegs. «Sowohl die Energieunternehmen als auch die Staaten sind im ständigen Austausch und wissen um die Herausforderung.»

Mehr Sorgen als das Wetter bereiten Koller die Strom- und Gaspreisdeckel, die in verschiedenen EU-Staaten in Vorbereitung sind. «Ich verstehe die Motivation, die Endkunden vor hohen Preisen zu schützen», sagt der Ökonom. «Aber eine solche Deckelung sendet das völlig falsche Signal aus. Denn die Kunden werden dann weniger sparsam sein, was eine Knappheit verstärken würde.»

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