Weil sie zu beliebt sind
Solothurn kürzt Deutschkurse für Flüchtlinge

Seit Anfang Jahr konnten Asylsuchende im Kanton Solothurn intensiv Deutsch büffeln. Die Nachfrage war riesig – doch das Geld dafür reichte nicht. Jetzt streicht der Kanton die Hälfte der Lektionen.
Publiziert: 19.05.2017 um 14:45 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:31 Uhr

Sie wollen Deutsch lernen. So schnell es irgendwie geht. Doch bald können Asylsuchende im Kanton Solothurn nicht mehr in Intensivkursen büffeln: Übung abgebrochen – wegen grossen Erfolgs, heisst es dort.

Laut «Solothurner Zeitung» hat der Kanton den Verantwortlichen mitgeteilt, dass «ab September 2017 Personen mit Ausweis N nicht mehr in zentrale Intensivkurse, die mehr als zehn Lektionen pro Woche beinhalten, zugelassen werden». Konkret heisst das: Ein integrationswilliger Asylsuchender kann dann nur noch halb so intensiv lernen. Statt wie bisher 20 Lektionen gibt es künftig nur noch zehn Lektionen pro Woche.

«Unerwartet viele Personen» hätten an den Kursen teilgenommen, so der Kanton. Seit Januar gibt es das Angebot. Im ersten Quartal starteten 56 Intensivkurse mit 355 Personen mit Ausweis N. 

Integrationswillig: Dieser Aslysuchende lernte 2016 Deutsch. Der Kanton Solothurn streicht nun solche Intensivkurse wieder – weil zu viele Menschen Deutsch lernen wollten.
Foto: Keystone

CVP-Kantonsrätin übt harsche Kritik

Der Entscheid des Kantons bringt die Kantonsrätin Susan von Sury auf die Palme. «Dann müssen die Asylsuchenden länger in den Kursen bleiben, bis sie Deutsch können», so die CVP-Frau. Für sie geht die Rechnung nicht auf: Ohne Sprachkenntnisse könne ein Asylsuchender nicht oder nur schlecht in den Schweizer Arbeitsmarkt integriert werden. Resultat: Er hänge länger am Tropf des Staates, beziehe Sozialhilfe oder andere Leistungen. Auf lange Sicht komme dies dann erst recht teuer, argumentiert Sury. 

Und auch bei den Menschen, die täglich mit den Deutschschülern im Klassenzimmer büffeln, ist die Verunsicherung gross. «Es ist wie ein Fussballspiel, das angepfiffen wird. Und dann gibt es gleich einen Penalty gegen dich», sagt Bruno Flury, Geschäftsführer der Ecap-Regionalstelle Solothurn, die einen Teil der Lektionen verantwortet. Extra für die Asylsuchenden im Januar eingestellte Lehrer wüssten nun nicht, ob ihnen die Pensen gekürzt würden.

Wie viele Kurse ab September noch angeboten werde können, weiss Barbara Käch, Leiterin der Volkshochschule Solothurn, nicht. «Ich kann noch nicht sagen, wie viele Kurse ab Ende August laufen», so Käch. 

Und der Kanton Solothurn? Der ruft jetzt nach Bern. «Das Geld vom Bund reicht nicht aus», sagt Reto Steffen, Fachstellenleiter Integration. In Zahlen heisst das: Pro Asylsuchenden gibt es eine einmalige Integrationspauschale von 6000 Franken sowie monatlich knapp 1500 Franken pro Person. Das Geld muss für Integrationsprogramme, Unterkunft, Krankheitskosten oder auch Pflegefamilienprogramme für minderjährige Asylsuchende reichen.

Die Solothurner wurden vom Lernwillen der Asylsuchenden wohl überrascht: «In unseren Kalkulationen sind wir insgesamt von einem tieferen Mengengerüst ausgegangen», so Steffen. Er relativiert aber: «Die Asylsuchenden können weiterhin sehr stark in der Sprachförderung gefördert werden. Die Erreichung des geforderten Sprachniveaus geht mit der heutigen Änderung einfach etwas länger.» (vfc)

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