Vorhersage von Trump-Sieg
Ist Google der bessere Meinungsforscher?

Die meisten Meinungsforscher versagten mit ihren Vorhersagen zu den US-Wahlen. Auch die Brexit-Abstimmung endete überraschend – aber nicht für Google.
Publiziert: 16.11.2016 um 22:36 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:57 Uhr
Vinzenz Greiner

Eine Woche, nachdem die Amerikaner Donald Trump ins Weisse Haus gewählt haben, fragen sich noch immer viele: Warum hat das niemand kommen sehen? Wohl auch in der Redaktion der «New York Times». Das Blatt hatte noch am Tag der Wahl erklärt, ein Sieg der Demokratin Hillary Clinton sei zu 85 Prozent wahrscheinlich. Ein Sieg des Unwahrscheinlichen? Die Wahl als Aufstand der Wahrscheinlichkeitsrechnung?

Suchbegriff Trump war beliebter als Clinton

Dabei hätte ein Blick gerade ins Hillary-freundliche Kalifornien Aufschluss geben können – genauer gesagt nach Mountain View, wo Google seinen Hauptsitz hat. Denn die Anfragen, die der kalifornische Suchmaschinen-Gigant vor der Wahl verarbeitete, zeigten deutlich: Der Suchbegriff Trump war beliebter als Clinton.

Wie Google in einer Wahlkarte detailliert darstellt, lag Trump bei den Suchanfragen in den letzten drei Tagen vor der Wahl auch in wichtigen Bundesstaaten vor seiner demokratischen Gegenkandidatin – etwa im Swing State Ohio oder in Pennsylvania, wo ein Sieg der Demokratin schon ausgemacht schien. Amerika-weit war der Suchbegriff Trump mit 55 Prozent deutlich beliebter bei Usern als Clinton.

DARF NICHT MEHR VERWENDET WERDENBereits in der ersten Juni-Woche haben die Google-Anfragen auf einen Wahlsieg von Donald Trump hingewiesen.
Foto: REUTERS
Trump hat die Nase vorn: Suchanfragen in den USA vor der Wahl.
Foto: Google

Suchanfragen bei Google deuteten Brexit an

Ähnlich verhielt es sich, als die Briten sich am 23. Juni in einem Referendum mit einer knappen Mehrheit dafür aussprachen, die EU zu verlassen. Dabei hatten einige Meinungsforschungsinstitute lange einen Verbleib in der EU prognostiziert, die Buchmacher sogar mit bis zu 75 Prozent gegen den Brexit gewettet.

Doch die Suchanfragen bei Google sprachen eine andere Sprache: Bereits in der ersten Juni-Woche zeigte sich an den eingetippten Suchbegriffen, dass es eng werden könnte.

In den letzten beiden Tagen vor der Abstimmung schossen die Anfragen nach Leave (dt. austreten) nach oben, die Suchanfragen nach Remain (bleiben) stiegen viel weniger stark.

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Ist Google also der bessere Meinungsforscher?

Was die Grippe mit den Wahlen in den USA zu tun hat

«Es kann sein, dass Google-Anfragen ein Hinweis sein können auf Abstimmungsresultate», erklärt Lukas Golder (42), Co-Leiter des Umfrageinstituts GFS Bern. Denn es gebe sicher Menschen, die aus ihrer aktuellen Stimmungslage heraus sich noch einmal kurzfristig übers Internet schlau machten.

Golder hält es dennoch für riskant, sollten Meinungsforscher die Google-Suchanfragen in ihre Methodik einbeziehen. Warum? Fehlschlüsse!

«Google behauptete etwa, schneller als jede Gesundheitsorganisation zu wissen, wo eine Grippewelle drohe – aufgrund der Suchanfragen», so Golder. «Aber nicht jeder, der nach Grippe sucht, ist automatisch daran erkrankt.» Heisst: Nicht jeder, der nach Trump suchte, hat ihn auch gewählt.

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