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Vor einem halben Jahr stimmte er noch für die Vorlage
SVP-Reimann kritisiert plötzlich Antiterror-Gesetz

Im Parlament stimmte Lukas Reimann für die Verschärfung. Bei der Abstimmung im Juni wird er aber Nein einlegen. Er warnt vor einem Blankoscheck für die Behörden.
Publiziert: 04.04.2021 um 21:21 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2021 um 19:18 Uhr
Simon Marti

Kein Politiker ändert gern seine Meinung – schon gar nicht in einer Frage, über die demnächst abgestimmt wird. Der SVP-Nationalrat Lukas Reimann (38) aber tat genau das: Wenn am 13. Juni das Bundesgesetz über «polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» (PMT) an die Abstimmungsurne kommt, wird der St.Galler ein Nein einlegen.

Noch vor einem halben Jahr votierte Reimann für die Vorlage, mit ihm eine Mehrheit der Bürgerlichen. Und noch heute sind es Vertreter seiner Partei, die in «Law and Order»-Manier am lautesten für ein Ja weibeln.

«Ich habe mit der Fraktion dem Antiterrorgesetz zugestimmt. Als Parlamentarier kennt man nicht alle Geschäfte im Detail», sagt Reimann rückblickend. Inzwischen kritisiert der Jurist die Handhabung des Terror-Begriffs im Gesetzestext scharf: Als Terrorismus gelten demnach «Bestrebungen zur Beeinflussung oder Veränderung der staatlichen Ordnung, die durch die Begehung oder Androhung von schweren Straftaten oder mit der Verbreitung von Furcht und Schrecken verwirklicht oder begünstigt werden sollen.» Eine sehr breite Formulierung.

Nationalrat Lukas Reimann warnt nun vor einer Annahme des Antiterror-Gesetzes.
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Hausarrest für unbescholtene Bürger?

Gegner warnen: damit lassen sich Massnahmen wie Hausarrest auf blossen Verdacht hin anordnen. Bei dieser «unscharfen Definition», präzisiert Reimann, könne er nicht ausschliessen, «dass zum Beispiel Umweltaktivisten plötzlich darunter fallen». Hier wäre eine klare Fokussierung auf islamistischen Terror nötig gewesen, findet er. Dies sei nicht geschehen – unter anderem, weil nicht die Rechtskommission den Text beraten hat, sondern die Sicherheitspolitische Kommission (SiK).

«Ich bin mir sicher: Hätte die Rechtskommission das Gesetz verhandelt, wäre es nie und nimmer in dieser Form verabschiedet worden.» Die Mehrheit in der SiK aber wollte den Behörden einen möglichst freien Spielraum verschaffen, vermutet er. Dass es im vergangenen Jahr in Morges VD und Lugano TI zu Anschlägen gekommen ist, bestärkte die Befürworter, gerade in der SVP. «Aber eben auch, weil wir die Vorlage nie ernsthaft diskutierten, sei es in der Fraktion oder an der Delegiertenversammlung», sagt Reimann. Zwar wünscht auch er sich eine Verschärfung der heute gültigen Rechtsordnung, doch warnt er davor, der Strafverfolgung einen «Blankoscheck auszustellen».

Derzeit sind bürgerliche Parlamentarier bereits dabei, das Gesetz erneut zu verschärfen – noch bevor das Volk der Vorlage zugestimmt hat.

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