«Wir haben schon die schärfsten Tierschutzgesetze weltweit»
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Bauer aus Zürich:«Haben schon die schärfsten Tierschutzgesetze weltweit»

Vor Abstimmung zur Massentierhaltung nehmen Tierschützer Grossverteiler ins Visier
Detailhändler sollen weniger Fleisch anbieten

Eine Kampagne fordert mehr Einsatz fürs Tierwohl von den hiesigen Grossverteilern. Diese sehen auch Konsumentinnen und Konsumenten in der Pflicht.
Publiziert: 24.07.2022 um 17:57 Uhr
Dana Liechti

Am 25. September geht es um die Wurst: Dann kommt die Initiative gegen Massentierhaltung vors Volk. Sie will – wie es ihr Name schon verrät – die Massentierhaltung in der Schweiz abschaffen und das Tierwohl stärken. Nebst kleineren Tierbeständen pro Stall und Hof fordert die Initiative unter anderem Einstreu und Auslauf im Freien für alle Nutztiere sowie eine bessere Kontrolle des Betäubungsvorgangs bei der Schlachtung. Unterstützung finden diese Punkte etwa bei SP-Ständerat Daniel Jositsch, Grünen-Nationalrätin Meret Schneider oder GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy.

Im Vorfeld der Abstimmung nehmen die Trägerorganisationen der Initiative – Sentience, Vier Pfoten, die Fondation Franz Weber und Greenpeace – nun die Grossverteiler ins Visier. Diese spielen mit ihrer Marktmacht eine Schlüsselrolle im «System Massentierhaltung» und tragen grosse Verantwortung für Produktion und Konsum von Tierprodukten, sagt Kampagnenleiter Philipp Ryf: «Damit sind sie auch in der Lage, die Weichen neu zu stellen.»

Kampagne «Tierwohl jetzt!»

In welche Richtung sich die Grossverteiler ihrer Meinung nach bewegen sollten, machen die Organisationen hinter der Massentierhaltungs-Initiative mit der Kampagne «Tierwohl jetzt!» deutlich.

Die Initiative gegen Massentierhaltung will unter anderem die Anzahl erlaubter Tiere pro Stall einschränken.
Foto: Keystone
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Dabei fordern sie die Detailhändler auf, beschönigende Werbung für tierische Produkte zu unterlassen und künftig auf Aktionen für Fleisch, Milchprodukte und Eier zu verzichten. Ausserdem soll die industrielle Geflügelzucht nicht weiter ausgebaut werden. Nicht zuletzt verlangt die Kampagne von den Detailhändlern, sich Reduktionsziele beim Verkauf von Tierprodukten zu setzen.

Werbung vs. Realität

Aktuell würden die Grossverteiler zwar gerne mit ihrem Einsatz fürs Tierwohl werben, sagt Philipp Ryf. Die Realität sehe anders aus: «Migros und Coop schmücken sich unter anderem mit Eigenmarken wie Natura Beef, die in Wahrheit nur einen kleinen Teil des Sortiments ausmachen, während Tier, Mensch und Umwelt weiter unter der Dominanz von Billigfleisch leiden.»

Aus diesem Grund wollten die Tierschutzorganisationen nun von den Grossverteilern wissen, wie sie die Forderungen der Massentierhaltungs-Initiative im Fall einer Annahme durch das Volk umsetzen wollen und welche Massnahmen sie dann zu treffen gedenken, um das Tierwohl zu stärken.

Coop beschwichtigt

Die Antwortschreiben der Detailhändler liegen SonntagsBlick vor. Coop hält fest, man engagiere sich seit vielen Jahren für hohe Tierwohlstandards und sei führend in diesem Bereich. Mit Pionierprojekten wie dem Zweitnutzungshuhn oder Labelprogrammen setze man zusätzlich auf besonders nachhaltige Lösungen. Zudem habe sich Coop zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2026 rund 90 Prozent der tierischen Erzeugnisse aus Produktion mit «Mehrwerten hinsichtlich Tierwohl» zu beziehen. Generell orientiere man sich an den Bedürfnissen der Kundschaft und biete dieser die Wahlfreiheit, «weshalb wir neben tierischen Produkten auch viele pflanzliche Produkte anbieten».

Migros schreibt, man achte seit mehreren Jahren darauf, die Nutztierhaltung auf Plakaten und in TV-Spots «wenn, dann nicht beschönigend oder übertrieben idyllisch darzustellen.» Aktionen seien jedoch wichtig, um möglichst alle Fleischstücke eines Tieres verkaufen zu können. Migros reagiere mit ihrem Angebot grundsätzlich auf die Nachfrage. Momentan sei Geflügelfleisch sehr gefragt: «Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, den Konsumentinnen und Konsumenten den Konsum von Poulet zu verwehren.» Auch in den Migros-Filialen wachse überdies die Auswahl an pflanzlichen Eiweissalternativen stetig.

Keine Fleischreduktion

Letzteres freut die Tierschützer, dennoch geben sie sich mit den Antworten der Grossverteiler nicht zufrieden. «Sie haben die Zeichen der Zeit zwar erkannt», sagt Philipp Ryf, «gleichzeitig halten sie aber auch am Status quo fest.»

So habe sich etwa keines der Unternehmen zu einer Fleischreduktion verpflichtet. «Damit verhindern sie den Wandel, der bereits im Gange ist, und schieben die Verantwortung gänzlich auf die Konsumenten ab.»

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