Vor 30 Jahren ausgemustert
Brieftauben flogen 77 Jahre für die Armee

Während 77 Jahren haben Brieftauben über weite Distanzen Botschaften für die Armee transportiert. Das mit einem Tempo von durchschnittlich 60 km/h und bei hoher Erfolgsquote. Doch vor 30 Jahren entliess die Schweizer Armee ihre Brieftauben aus dem Dienst.
Publiziert: 14.09.2024 um 10:01 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Im Jahr 1917 beschloss der Bundesrat die Anschaffung von 1000 jungen Brieftauben
  • 7000 Brieftauben der Armee wurden im Jahr 1994 ausgemustert
  • Auch 30'000 Miliz-Brieftauben waren betrofffen
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Im Jahr 1917 beschloss der Bundesrat die Anschaffung von 1000 jungen Brieftauben, wie dem damaligen Sitzungsprotokoll der Landesregierung zu entnehmen war. Das Verfügen eines Heimfindevermögens machte die Taube damals nützlich für die Armee. Eine solche angeborene Fähigkeit ermöglicht den Tauben, aus einem ihnen unbekannten Gebiet zurück in ihr Revier zu fliegen.

Die Brieftaube kann bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern Strecken von 100 Kilometern und mehr bei hoher Erfolgsquote zurücklegen. In der Fusshülse kann sie 6 und in der Brusthülse 40 Gramm transportieren. Gemäss der Webseite des Schweizerischen Brieftaubenverbands (SBV) taugten die Tauben beispielsweise für den Transport von Originaldokumenten oder Erdproben.

Wie der Vogel mit einem Gewicht von zirka 300 bis 500 Gramm und einer Flügelspannweite von etwa 70 Zentimetern zurückfindet, sei bis heute nicht vollständig geklärt. Bekannt ist, dass Brieftauben die Sonne, Erdmagnetismus, Gehör, Sicht und Geruch als Orientierungshilfe benützen, wie weiter zu lesen war.

Bis in die 90er Jahre übermittelten Brieftauben für die Armee Botschaften und kleine Ware. (Archivbild)
Foto: STR

Gemäss der Bibliothek am Guisanplatz, der Leitbibliothek der Bundesverwaltung und der Armee, war der Brieftaubendienst der Armee zuerst provisorisch angedacht, bevor er 1920 professioneller wurde. Der Umgang mit den Vögeln wurde in Spezialkursen erlernt.

Nur tagsüber verwenden

So sei empfohlen worden, die Tiere nur tagsüber und bei guten Wetterbedingungen zum Meldeflug zu verwenden, weil eintretende Dunkelheit, Nebel und heftige Gewitter Rückflüge der Tauben unsicher machten. Eine weitere Gefahr seien Raubvögel, sagte Hugo Bühler, Vize-Präsident des Brieftaubenverbands, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage.

Nebst den Tauben der Armee, die in Sand bei Schönbühl BE stationiert waren, wurden auch in Kooperation mit dem Verband der Brieftaubenzüchter – der später zum SBV unbenannt wurde – Miliz-Brieftauben aufgeboten. Dafür erhielt der Züchter laut dem SBV pro Vogel und Tag 20 Rappen Sold sowie eine pauschale Futterentschädigung für das ganze Jahr.

1994 war Schluss

Im Rahmen der Armeereform 95 wurden die Brieftauben bei der Armee ausgemustert. Wie das damalige Eidgenössische Militärdepartement schrieb, haben der Spardruck, die wachsenden Betriebskosten der elektronischen Übermittlung und die schwindende militärische Bedeutung der Brieftauben zum Abschaffungsentscheid geführt.

Betroffen waren 7000 Brieftauben der Armee sowie rund 30'000 Miliz-Brieftauben. Damit ging am 22. September 1994 eine 77-jährige Tradition zu Ende.

Auf den Entscheid reagierte ein Komitee mit der Lancierung einer Initiative, um die Brieftauben in der Armee zu erhalten. Obschon diese nicht zustande kam, wurde die Zukunft der Brieftauben gesichert. Sie blieben in der Station Sand und wurden durch eine Stiftung übernommen. So mussten die 7000 Tiere nicht geschlachtet werden.

Auch wenn die Armee heute nicht mehr über Brieftauben verfügt, sind mit Hunden und Pferden weiterhin Tiere im Dienst. Durch den Einsatz von Tragpferden ist der sogenannte Train in der Lage, Waren in unwegsamem oder alpinem Gelände sowie bei schlechter Witterung zu transportieren, wie Armeesprecher Mathias Volken auf Anfrage sagte.

Bieftauben-Einsatz im Notfall möglich

Für die Kommunikation stünden heute moderne Übermittlungs- und Führungssysteme im Einsatz. Die Übermittlung geschehe in digitaler Technik und stelle eine hohe technische Verfügbarkeit und grosse Flexibilität der Kommunikationssysteme sicher, so Volken.

SBV-Vizepräsident Bühler kann sich eine spezifische Situation vorstellen, in welcher Brieftauben noch heute zum Einsatz kommen könnten: «Wenn aufgrund von Störungen und Ausfällen die Elektronik nicht mehr funktioniert, dann könnten Brieftauben als letztes Mittel für die Kommunikation zum Einsatz kommen.» Es müssten aber mindestens zwei Tauben losgelassen werden, um zu gewährleisten, dass die Botschaft auch ankomme.

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