Vertrauliche KPMG-Präsentation beweist
Revisionsfirma half Post, Gewinne zu «sichern»

Die Rolle der Revisionsfirma im Postauto-Fall hat schon im Frühsommer zu reden gegeben. BLICK liegt eine «streng vertrauliche» Präsentation vor, die kein gutes Licht auf KPMG wirft.
Publiziert: 05.10.2018 um 08:45 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 21:15 Uhr
Die Revisionsfirma KPMG hat die Post bei der Sicherung von Postauto-Gewinnen beraten.
Foto: REUTERS
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Pascal Tischhauser

Die Revisionsgesellschaft KPMG hat die Post bei der Umstrukturierung von Postauto zur Sicherung der Gewinne im regionalen Personenverkehr beraten. Das belegt eine «streng vertrauliche» KPMG-Präsentation, die BLICK vorliegt. Postauto war aufgeflogen, jahrelang illegale Gewinne erzielt und versteckt zu haben. Für diesen Bschiss zahlt der Postkonzern 205 Millionen Franken an die öffentliche Hand zurück. 

In der Präsentation schildert KPMG das Problem, dass die Kontrollen durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) und die Kantone verstärkt worden seien und die Prüfung des Preisüberwachers (PUE) das Thema «Gewinne im RVP» brisanter gemacht habe. 

KPMG macht sich mit Post gemein

Noch brisanter: In der Präsentation vom 29. Oktober 2013 macht sich KPMG gemein mit Postauto: «Was passiert, wenn wir nichts tun?», fragt der KPMG-Partner, der sie verfasst hat. Und er antwortet: «Bei einer möglichen Marktöffnung in der Schweiz ist Postauto nicht mehr marktfähig.» Die Gefahr, dass Postauto von der Post abgestossen werde, wachse.

Um das zu verhindern, hält KPMG als eines der «Detailziele» fest, es solle «keine direkte Abschöpfung durch Besteller», also Kantone und Gemeinden, geben. KPMG schlägt dem Postkonzern als «Lösungsansatz» eine Umstrukturierung von Postauto in mehrere Aktiengesellschaften und allenfalls mit einer Sub-Holding vor.

Auch dem heutigen Post-Verwaltungsrat sei die Präsentation seit Vorliegen des Untersuchungsberichts von Kellerhals Carrard (KC) bekannt, so die Post. «Sie ist eines von vielen Indizien dafür, dass sämtliche Kontrollmechanismen auf allen Führungsebenen eklatant versagt haben», schreibt Sprecherin Lea Wertheimer. Auch basierend auf dieser Erkenntnis habe man sämtliche personellen und operationellen Konsequenzen gezogen.

Wechsel der Revisionsstelle war Konsequenz des Berichts 

Eine Konsequenz des KC-Berichts sei, dass der Verwaltungsrat im Juni beschlossen hat, die Revisionsgesellschaft fürs Geschäftsjahr 2019 zu wechseln, schreibt Wertheimer.

«Das ist schon wieder ein Skandal!», schimpft SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner (64). Wenn eine Revisionsgesellschaft der Post Handlungsanleitungen gebe, wie sie die zu Unrecht erzielten Gewinne «verstecken kann, geht das zu weit». Das müsse politische Folgen haben «und das wird es auch, da können Sie mich beim Wort nehmen», so der Aargauer.

«Die Präsentation ist höchst brisant», findet auch SP-Nationalrat Thomas Hardegger (62). «Man muss unbedingt abklären, was genau die Rolle von KPMG war.» Ihm scheine, dass es hier eine unzulässige Verquickung von Beratertätigkeit und Rechnungsprüfung gegeben habe. «Wenn es tatsächlich eine Anleitung zum Gewinnverstecken gab, hat KPMG ihre Pflichten verletzt», hält er fest. CVP-Nationalrat Martin Candinas (38) meint ebenfalls: «Wenn das so stimmt, stellen sich gravierende Fragen zu dieser Revisionsstelle. Das muss untersucht werden.»

Revisionsaufsicht, Fedpol und Post haben KPMG im Visier

Die Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) ist denn auch daran, Abklärungen zu KPMG in Bezug auf den Postauto-Bschiss zu machen. Dazu schreibt KPMG BLICK: Tatsächlich überprüfe die RAB, «ob wir im Rahmen unserer Arbeit die einschlägigen Standards eingehalten haben». Allfällige Erkenntnisse werde KPMG selbstverständlich in die laufende Weiterentwicklung des Qualitätssicherungssystems einfliessen lassen, verspricht man.

Die Schlussfolgerung, wonach KPMG «den Durchblick über die Buchungspraxis» von Postauto gehabt haben müsste, «entspricht nicht den Tatsachen», hält die Revisionsgesellschaft auf Anfrage fest. «Uns liegen keine Hinweise vor, dass KPMG-Mitarbeitende von unrechtmässigen Manipulationen in der subventionsrechtlichen Berichterstattung der vergangenen Jahre Kenntnis hatten.» Den Vorwurf, «wonach wir Vorschläge zur Verschleierung von unrechtmässig erzielten Gewinnen gemacht hätten, weisen wir entschieden zurück», betont KPMG.

Die KPMG-Präsentation, die nicht nur im KC-Bericht, sondern auch im Expertenbericht dazu erwähnt wird, vermittelt ein anderes Bild. Dennoch: Es gilt die Unschuldsvermutung. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) führt derzeit ein Verwaltungsstrafverfahren zum Bschiss durch. Und die Post prüft aktuell Organhaftungs- und Schadenersatzklagen gegen sämtliche involvierten Personen.

Sie schaut Post-Managern nun auf die Finger

Sie schaut den Post-Managern künftig auf die Finger. Esther Brändli übernimmt per Anfang 2019 die Leitung der Konzernrevision der Post. Das teilte der Verwaltungsrat gestern mit. Brändli verfüge über «profunde internationale Erfahrung», viel Wissen auch in den Bereichen Interne Revision, Finanzen und Projektleitung.

Zuletzt war sie Leiterin Integration Swiss Caution bei der Schweizerischen Mobiliar. In ihrer neuen Rolle rapportiert sie an den Verwaltungsrats­ausschuss Audit, Risk und

Compliance. Die 55-Jährige folgt auf die geschasste Revisorin Martina Z*., die im Postauto-Skandal eine prominente Rolle spielte. Z. wies bereits 2013 in einer von BLICK publik gemachten Aktennotiz auf die widerrechtlichen Buchungstricks bei Postauto hin. Im Juni dieses Jahres wurde sie per sofort freigestellt. Sven Zaugg

*Name der Redaktion bekannt

Esther Brändli wird neue Leiterin der Post-Konzernrevision.
Zvg

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