Umstrittene Personalpolitik
Knatsch im Seco

Kurz vor ihrer Pensionierung schickt das Seco eine 62-Jährige nach Washington. Das sorgt für Unmut in der Belegschaft.
Publiziert: 29.01.2024 um 11:28 Uhr
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Die Personalpolitik im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) mit Helene Budliger Artieda (58) an der Spitze gibt zu reden. Formal muss noch der Bundesrat zustimmen, doch wie Blick weiss, kann sich Beatrice Maser Mallor (62) über eine prestigeträchtige Beförderung freuen. Die ehemalige Botschafterin der Schweiz in Vietnam wechselt zur Weltbank. Als Mitglied des Exekutivkomitees gehört sie zum illustren Kreis der weltweit wichtigsten Entwicklungsfinanzierer. Ein Job mit Einfluss und üppigem Salär. Maser Mallor wird in Washington 234'000 Franken verdienen, hinzu kommen Zuschüsse für ein Luxusappartement und Spesen. So kann sie vor ihrem 64. Geburtstag ihre Pension vergolden.

Die Personalie ist im Seco entschieden worden, wo Beatrice Maser Mallor bestens bekannt ist. Einst war sie hier Leiterin der Direktion für Aussenwirtschaft. Und trotzdem sorgt der Personalentscheid für dicke Luft, denn: Macht es Sinn, eine Frau kurz vor ihrer Pensionierung für eine vierjährige Amtszeit zu berufen? Das Seco stellt klar: Für bestimmte Posten kann die Pensionierung – für Frauen wie Maser Mallor gilt hier der 64. Geburtstag – ausgehebelt werden. Im Klartext: Wenn Maser Mallor will, kann sie auch als Seniorin die Schweizer Stimme bei der Weltbank in Washington sein.

Schlüsselpositionen gehen an Personen ausserhalb des Secos

Doch auch andere Personalentscheide sind umstritten. Eine Kaderperson beklagt: «Es ist im Seco von Nachteil, im Seco zu arbeiten.» Denn Schlüsselpositionen gingen in letzter Zeit öfter an Menschen, die ausserhalb des Secos arbeiten. Konkret:

Die Personalpolitik von Seco-Chefin Helene Budliger Artieda gibt zu reden.
Foto: Getty Images
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  • Thomas Marthaler (62): Der Finanzchef des Staatssekretariats für Migration (SEM) wechselt ins Seco und wird dort Personal- und Finanzchef.
  • Maryline Basset (48): Die Kaderfrau war an verschiedenen Stellen in der Bundesverwaltung tätig, unter anderem im VBS und im WBF, bevor sie im Juli die Stabsleitung im Seco übernahm.
  • Andrea Rauber Saxer (55): Die grünliberale Nationalratskandidatin, die im Wahlkampf unter anderem auf die «Drogen- und Alkoholikerszene» rund um den Bahnhof in Brugg AG hinwies, hat als Diplomatin Karriere gemacht und war aussenpolitische Beraterin der Bundesräte Hans-Rudolf Merz (81) und Doris Leuthard (60). Nach der verlorenen Wahl im Oktober kann sich Rauber Saxer über einen Karrieresprung im Seco freuen: Sie übernahm am 1. Januar die Leitung des Leistungsbereichs Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Behörden auf der Suche nach den besten Köpfen in fremdem Revier jagen. Das kann zwecks Austausch und Vernetzung innerhalb der Bundesverwaltung sogar von Vorteil sein. Und trotzdem frustriert die Personalpolitik von Staatssekretärin Helene Budliger Artieda führende Seco-Mitarbeitende. «Es ist nicht schön, wenn man sieht: Die Hausleitung befördert am liebsten externe Leute», sagt eine Kaderperson. Das Seco widerspricht: «Seit ihrer Ernennung hat die Staatssekretärin auch vier interne Personen aus dem mittleren Seco-Kader als neue Geschäftsleitungsmitglieder gewählt.»

Staatssekretärin Helene Budliger Artieda leitet seit einem guten Jahr das Seco. Über ihre Amtsführung hört man Unterschiedliches. Die einen loben den frischen Wind, den sie ins Seco mitbrachte. Andere finden, Budliger Artieda könnte mit Blick auf die Russland-Sanktionen strenger hinschauen und die Peitsche schwingen. Für Unmut sorgte im Frühjahr eine Einschätzung von Simon Plüss (54), der beim Seco den Kriegsmaterial-Export kontrolliert. Plüss kam in einem E-Mail zu der Einschätzung, 96 Ruag-Panzer in Norditalien könnten nach Deutschland verkauft und dort für die Ukraine überholt werden. Später zückte er hingegen die Rote Karte und blamierte VBS-Chefin Viola Amherd (61) vor den Nato-Partnern.

Die Fehleinschätzung hat Plüss nicht geschadet: Im September wurde er zum Leiter des Leistungsbereichs Exportkontrollen und Sanktionen befördert. «Immerhin eine interne Beförderung», lästern manche im Seco.

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