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Umfrage zum Vaterschaftsurlaub
Rund drei Viertel stehen hinter der Papi-Zeit

Die Befürworter gehen mit einem grossen Vorsprung in den Abstimmungskampf. Eine Umfrage zeigt eine hohe Zustimmung zum zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub.
Publiziert: 07.06.2020 um 09:44 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2020 um 17:24 Uhr
Simon Marti und Camilla Alabor

Ende September kommen gleich fünf Vor­lagen zeitgleich an die Urne, darunter solche Brocken wie die Begrenzungs-Initiative der SVP und der Kauf neuer Kampfjets.

Aber das Volk fällt auch sein Urteil über den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub: ein Kompromiss, auf den sich das Parlament nach einem jahrelangen Hin und Her verständigt hat, gegen den aber Vertreter der SVP und der Jungfreisinnigen das Referendum ergriffen hatten.

71 Prozent für Vaterschaftsurlaub

Die Befürworter der Vorlage gehen mit einem gewaltigen Vorsprung ins Rennen, wie eine repräsentative Umfrage des Link-­Instituts im Auftrag des ­Vereins «Vaterschaftsurlaub jetzt» zeigt. Dafür wurden zwischen dem 20. und 26. Mai insgesamt 1034 Wahlberechtigte interviewt.

Vertreter von SVP und Jungfreisinnigen haben gegen die Vorlage das Referendum ergriffen.
Foto: keystone-sda.ch
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Die Umfrage fällt eindeutig aus: Demnach stimmen 71Prozent der Befragten ­einem zweiwöchigen bezahlten Urlaub für Väter zu. 46 Prozent gaben an, die Vorlage «stark» zu befürworten, weitere 26 Prozent gaben an, «eher dafür» zu sein.

Als die beiden wichtigsten Argumente für ein Ja nannten die Befragten die Unterstützung der Mütter und die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Bei 10 Prozent Unentschlossenen steht das Nein-Lager derzeit bei gerade 16 Prozent. Auch die Milliarden zusätzlicher Schulden, die sich die Schweiz bei der Bewältigung der Corona-Pandemie gerade auflädt, schrecken die Bevölkerung von den zusätzlich rund 230 Millionen Franken nicht ab, welche die Papi-Zeit jedes Jahr mit sich brächte.

Heutige Regelung «ein Hohn»

Adrian Wüthrich (40), Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse, steigt entsprechend optimistisch in den Abstimmungskampf. «Das Resultat zeigt klar, dass Corona ein verstärktes Bewusstsein für die so wichtige Vereinbarkeit von ­Familie und Erwerbstätigkeit geschaffen hat und der ­Vaterschaftsurlaub als nötig erachtet wird.» Die Be­völkerung habe längst erkannt, dass die heutige ­Regelung, die einen einzigen Tag für die Väter vorsieht, ein Hohn sei.

In der nun anlaufenden Kampagne gehe es darum, auch jene zu mobilisieren, denen dieser Kompromiss nicht weit genug gehe. «Die Schweiz bleibt auch nach einem Ja zur Vorlage ein ­familienpolitisches Entwicklungsland», so Wüthrich. «Aber ein Nein zu ­dieser Vorlage würde uns um Jahre zurückwerfen.»

Deshalb starte die Ja-Kampagne bereits heute Sonntag in den sozialen Medien – pünktlich zum Vatertag. «Wir geben Fahnen ab, um schon vor den Sommer­ferien öffentlich präsent zu sein. Ab August werden wir auch auf der Strasse werben», so Wüthrich.

Die Zahlen seien tatsächlich erfreulich, sagt auch CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (43, SO). «Aber die Schlacht folgt erst noch», betont er. «Man muss berücksichtigen, dass durch Abstimmungen über die Begrenzungs-Initiative der SVP gerade auch jene Milieus mobilisiert werden, die dem Vaterschaftsurlaub kritisch gegenüberstehen», so Müller-Altermatt. Letztlich müsse es den Befürwortern gelingen, «jene jungen Familien an die Urne zu bringen, die vielleicht nicht in jeder freien Minute po­litisieren».

SVP-Gutjahr kampfeslustig

Auf der anderen Seite gibt sich Diana Gutjahr (36) kampfeslustig. Die mise­rablen Werte der jüngsten Umfrage beeindrucken die SVP-Nationalrätin nicht gross. «Für mich gibt es nur eine Umfrage, die zählt», sagt die Unternehmerin. «Und das ist die Abstimmung vom 27. September.»

Gutjahr ist Co-Präsi­dentin des Referendumskomitees und eine der ­treibenden Kräfte gegen den Vaterschaftsurlaub. Sie finde es verantwortungslos, ein neues Sozialwerk aufzubauen, sagt Gutjahr, wenn man sehe, wie schwer sich die Politik schon mit der ­Sanierung der AHV und der zweiten Säule tue.

Überhaupt seien Sozial­werke dazu da, Menschen vor finanziellen Nöten oder Risiken zu bewahren. Und nicht dafür, Kinderbetreuungszeit zu finanzieren. «Wenn man genug Eigenverantwortung hat, eine ­Familie zu planen, kann man nach der Geburt eines Kindes auch in Eigenverantwortung Ferien beziehen», sagt Gutjahr.

Zudem leiste der Vaterschaftsurlaub keinen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. «Es geht nicht darum, eine Lösung für die ersten zwei Wochen zu finden – ein ­Vater muss sich mindestens während 18 Jahren Zeit für seine Kinder nehmen.»

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