Volksinitiative will Tierversuche verbieten
1:09
124'000 Unterschriften:Volksinitiative will Tierversuche verbieten

Umfassendes Verbot gefordert
Radikale Tierversuchs-Initiative spaltet Tierschützer

Heute wurde eine Initiative eingereicht, die Tierversuche in der Schweiz ohne Ausnahme verbieten will. Auch der Handel wäre betroffen. Das geht sogar dem Schweizer Tierschutz zu weit.
Publiziert: 18.03.2019 um 16:36 Uhr
|
Aktualisiert: 10.03.2021 um 11:54 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_1049.JPG
Lea HartmannRedaktorin Politik

Das erste Etappenziel haben sie geschafft. Über 120'000 Unterschriften haben Ostschweizer Tierschützer für ihre Initiative für ein Tierversuchs-Verbot gesammelt. Heute reichten sie diese in Bern ein.

Die Initiative sieht ein komplettes Verbot für Tierversuche vor. Auch dem Import und Export von Produkten, für die Tierversuche direkt oder indirekt durchgeführt werden, soll ein Riegel geschoben werden. Tierversuche seien «organisierte Übergriffe an Wehrlosen» und ein «brachiales Massaker», so die drastische Wortwahl des Initiativkomitees.

Hochschulen warnen

Lanciert hat die Initiative vor vier Jahren die diplomierte Naturwissenschaftlerin und Künstlerin Irene Varga (59) aus Berg SG, im Co-Präsidium sitzen neben ihr auch Renato Werndli (64), Arzt und Besitzer eines Vegan-Ladens aus Eichberg SG, und die St. Galler Naturheilpraktikerin Luzia Osterwalder (57). Vier der acht Mitglieder des Initiativkomitees sind parteilos, die anderen gehören Grünen, SP oder PdA an. Im Dunstkreis der Initiative tummeln sich aber auch Rechte, Psychiatrie-Kritiker und Alternativmediziner.

Das Initiativkomitee besteht mehrheitlich aus Tierschützern aus der Ostschweiz.
Foto: Zvg
1/7

Das Begehren der Initianten ist radikal – zu radikal selbst für manch andere Tierschützer. «Mit der Initiative würde sich die Schweiz wirtschaftlich und wissenschaftlich vollkommen isolieren», sagt Julia Fitzi (54), Leiterin der Fachstelle Tierversuche beim Schweizer Tierschutz (STS). Die Organisation unterstützt das Volksbegehren deshalb nicht aktiv.

Auch Swissuniversities, die Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen, warnt vor der Initiative. Diese vertrete eine extreme Haltung, die nicht nur die Forschung gefährden würde. «Sie würde auch verhindern, dass Menschen und Tiere in der Schweiz von künftigen medizinischen Fortschritten profitieren können.»

«Wir sind nicht radikal, sondern konsequent»

Renato Werndli kann die Kritik nicht nachvollziehen. «Wir sind nicht radikal, sondern konsequent», sagt der Co-Präsident des Initiativkomitees. Tierversuche verursachten nicht nur Tierleid, sondern seien auch «total unwissenschaftlich», so der Vorwurf der Tierschützer. Denn zahlreiche Studien zeigten, dass man von Tieren nicht auf den Menschen schliessen könne.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Dass es heute trotz Tierversuchen noch Krankheiten wie Diabetes oder Krebs gebe, zeigt aus Sicht von Arzt Werndli, dass diese nichts brächten. Dass es in gewissen Bereichen keine Alternativen dazu gebe, streitet er ab. Man könne heute beispielsweise auch mit Computermodellen arbeiten oder an Zellkulturen Tests durchführen.

Diese Ansicht teilt der Schweizer Tierschutz. Künftig müssten wesentlich mehr Mittel in die Förderung von Ersatzmethoden und Methoden, die Tiere möglichst wenig belasten, fliessen, sagt Fitzi.

Belastende Tierversuche nehmen zu

In der Schweiz dürfen Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Die Zahl der Tiere, die für Tierversuche eingesetzt werden, ist seit Jahren relativ stabil. Mit grossem Abstand am häufigsten werden Versuche an Mäusen und Ratten durchgeführt. Zugenommen hat in den vergangenen Jahren aber der Anteil an Tieren, die für Tierversuche eingesetzt werden, die für sie belastend sind. Unterschieden werden vier Kategorien. Versuchen der Kategorie 0 und 1 (nicht bis wenig belastend) waren 2017 knapp 73 Prozent aller Tiere ausgesetzt. Knapp 25 Prozent der Tiere wurden für Versuche mit mittelschwerer Belastung eingesetzt, knapp 3 Prozent für solche mit schwerer Belastung. Zwei Jahre zuvor betrug der Anteil noch rund 21 (Kategorie 2) beziehungsweise 2 Prozent (Kategorie 3).

Diese Entwickung kritisiert der Schweizer Tierschutz. «Schwere Belastungen dürfen nicht mehr sein», sagt Fitzi. Im Parlament ist ein Vorstoss von Grünen-Nationalrätin Maya Graf (57) hängig, die solche Tierversuche der höchsten Belastungsstufe untersagen will.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?