«500'000 Fr. für jeden Betrieb via Hausbank»
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Maurers Corona-Hilfe, so gehts:«500'000 Fr. für jeden Betrieb via Hausbank»

Ueli Maurer zum Rettungspaket für die Wirtschaft
«Geht es so weiter, sind wir in zehn Tagen ausgeschossen»

Die Pandemie lähmt die Gesellschaft und stürzt zahllose Betriebe in die Krise. Finanzminister Ueli Maurer erklärt die Hilfsaktion des Bundes – und warum der Staat wohl bald nachlegen muss.
Publiziert: 28.03.2020 um 20:35 Uhr
|
Aktualisiert: 27.05.2020 um 10:57 Uhr
Interview: Simon Marti und Camilla Alabor

SonntagsBlick: Herr Bundesrat, in einem ersten Schritt garantiert der Bund Kredite über 20 Milliarden Franken für Firmen in Schwierigkeiten. Reicht das aus?
Ueli Maurer: Es ist möglich, dass wir nachlegen müssen. Die 20 Milliarden sind knapp bemessen. Wir sind am Donnerstag gestartet. Wenn es so weitergeht, sind wir in spätestens zehn Tagen ausgeschossen. Über 30000 Anträge wurden bereits gestellt. Alleine am Donnerstag und Freitag hat der Bund insgesamt Bürgschaften in der Höhe von rund vier Milliarden garantiert. Tempo ist jetzt alles: Wenn wir nicht rasch Geld in die Wirtschaft pumpen, ­haben wir innert Wochen Zehntausende Arbeitslose.

Wie viel kann der Bund zur Not zahlen?
So viel, wie eben nötig ist. Wir verschulden uns, um Arbeitsplätze zu retten.

Konkret: Wie viele Schulden sind aus Ihrer Sicht tragbar?
In den letzten 14 Jahren hat der Bund 30 Milliarden Franken Schulden abgebaut und ist damit finanziell in einer guten Ausgangslage. Geht man von 50 Milliarden zusätzlichen Schulden aus, dann dauert es rund 25 Jahre – oder eine Generation – bis wir diesen Betrag wieder abbezahlt haben. Das muss man im Auge behalten. Geld ist schnell verteilt.

Bundesrat Ueli Maurer präsentierte am Mittwoch in Bern das Hilfspaket des Bundes.
Foto: keystone
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Dann schieben Sie dem Rettungspaket bald ein Sparpaket hinterher?
Nicht unmittelbar. Nach der Krise brauchen alle etwas Luft, da darf man die sich erholende Wirtschaft nicht gleich wieder abwürgen.

Als Sie Ihre Pläne verkündeten, klangen Sie ziemlich zufrieden. So etwas sei «nur bei uns möglich», sagten Sie. Wie meinen Sie das?
Viele Länder versprechen grosse Beträge, ohne zu wissen, wie das Geld zu den Betrieben kommt. In der Schweiz aber kennt man sich, alle zogen am selben Strick. Mit dem Resultat, dass Kredite unter einer halben Million nun tatsächlich innert ­einer halben Stunde abgewickelt werden. Es funktioniert.

Die Hausbanken gewähren den Firmen nun rasch Kredite. Manche Firmen können tatsächlich entgangene Aufträge in Zukunft nachholen. Aber die heutigen Ausfälle des Coiffeurs oder der Wirtin lassen sich morgen nicht kompensieren.
Unsere Rechnung sieht so aus: Wir stellen Geld für die Unkosten von ungefähr drei Monaten zur Verfügung. Diesen Betrag muss ein Unternehmer in fünf bis sieben Jahren abbezahlen. Konkret also muss er jährlich die Unkosten eines halben Monats begleichen. Das muss möglich sein. Wer das nicht kann, ist vielleicht heute schon auf dem falschen Dampfer.

Aber viele kleine Betriebe kalkulieren mit extrem kleinen Margen. Das wird auch bei kleinen Krediten sportlich.
Die Alternative wäre, dass man gar kein Geld hat. Da ist ein zinsfreies Darlehen die bessere Chance.

Oder man unterstützt kleinere Betriebe mit Direktzahlungen?
Wer zahlt es dann? Die Allgemeinheit.

Die zahlt auch, wenn die Firmen in Konkurs gehen.
Ja, aber nicht bei allen! Wenn fünf Prozent der Betriebe den Kredit nicht zurückzahlen, kostet das die Allgemeinheit bereits eine Milliarde Franken. Es kann aber sein, dass es in Einzelfällen spezielle Lösungen braucht.

Manch ein Firmeninhaber hat nun Anrecht auf eine Pauschale von 3320 Franken pro Monat. Damit fahren etliche schlechter als ihre Angestellten in Kurzarbeit. Ist das fair?
Das sind Sofortmassnahmen. Vielleicht müssen wir das nochmals anschauen. Über alles gesehen, haben wir innert weniger Tage sehr vernünftige Entscheide getroffen.

Hätten die Banken nicht aus Eigeninte­resse den KMU geholfen?
Ohne die Bürgschaften des Bundes hätten die Banken die relativ riskanten Kredite kaum gewährt. Sicher nicht in dem Ausmass, wie es nun nötig ist. Für die meisten von ­ihnen ist das ohnehin eher ein Verlustgeschäft.

Während der Finanzkrise hat der Bund die Banken gerettet. Stehen die Banken jetzt in der Pflicht, die Wirtschaft zu retten?
Die Banken haben seit der Finanzkrise natürlich gewisse Imageprobleme. Mit der ­jetzigen Aktion können sie zeigen, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht und Eigenkapital aufgebaut haben. Aus diesen Gründen sind sie heute überhaupt in der Lage, diese Rolle einzunehmen. Die Schweizer Banken gehören weltweit zu jenen, die am besten kapitalisiert sind.

Von wem stammte die Idee für das Paket, so wie es jetzt ausgestaltet ist?
Es ist eine Mischung von zwei ­Konzepten. Die Banken hatten vor allem die grossen Firmen und ihre Beteiligung mit 15 Prozent am Risiko im Auge. Wir aber sagten: Bevor wir nicht den Kleinen geholfen haben – dem Coiffeur, der Blumenverkäuferin – können wir nicht den Grossen das Geld verteilen.

Wenn die aktuelle Situation über Monate andauert, schiessen die Kosten weiter in die Höhe. Wie lange hält die Schweizer Wirtschaft den aktuellen Zustand aus?
Wir müssen jetzt schon anfangen zu planen, wie man die Lockerung herbeiführen kann. Die Wirtschaft muss möglichst schnell wieder in den Normalzustand kommen. Dazu kommt der mentale Aspekt: Die Leute müssen raus, man kann die Leute nicht ewig drinnen ­einsperren. Der jetzige Zustand ist längerfristig nicht haltbar, weder mental noch wirtschaftlich.

Wäre denn denkbar, dass man das Versammlungsverbot wieder etwas lockert – aber nur für Menschen unter 65?
Das muss man sich überlegen. Wichtig ist, dass wir den Betrieb nicht von null auf hundert hochfahren. Den Leuten muss bewusst sein, dass gewisse Massnahmen weiterhin gelten. So werden die Mitarbeiter in den Unternehmen anfangs weiterhin Abstand halten müssen. Und bei gefährdeten Personen werden wir den Schutz länger aufrechterhalten müssen.

Eine schrittweise Lockerung ist doch fast unmöglich zu kommunizieren.
Das wird in der Tat schwierig. Ich habe die Lösung auch noch nicht.

Zum Schluss: Sie sind 69-jährig, gehören also zur Risikogruppe. Fahren Sie überhaupt noch Zug?
Ja, natürlich. Die Leute schätzen das ausserordentlich, wenn ich am Morgen in den Zug einsteige. Ah, der Bundesrat fährt auch Zug, sagen sie dann. Manchmal komme ich auch mit dem Velo zur Arbeit und friere mir bei minus drei Grad die Füsse ab. Ich versuche einfach, normal zu leben. Aber selbstverständlich bin ich vorsichtig, wasche regelmässig meine Hände und versuche, niemandem zu nahe zu kommen.

Zur Person

Seit 2016 steht Ueli Maurer (69) dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) vor. Zuvor war der Zürcher Oberländer sechs Jahre lang Chef im Verteidigungsdepartement (VBS). Seine politische Kar­riere begann Maurer als Gemeinderat in Hinwil ZH. Von 1983 bis zu seiner Wahl in den Nationalrat 1991 politisierte er für die SVP im Zürcher Kantonsrat. Von 1996 bis 2008 präsidierte Maurer die SVP Schweiz. 2013 und 2019 amtete er als Bundespräsident. l

Seit 2016 steht Ueli Maurer (69) dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) vor. Zuvor war der Zürcher Oberländer sechs Jahre lang Chef im Verteidigungsdepartement (VBS). Seine politische Kar­riere begann Maurer als Gemeinderat in Hinwil ZH. Von 1983 bis zu seiner Wahl in den Nationalrat 1991 politisierte er für die SVP im Zürcher Kantonsrat. Von 1996 bis 2008 präsidierte Maurer die SVP Schweiz. 2013 und 2019 amtete er als Bundespräsident. l

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Schutz gegen Coronavirus

Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit, wie Sie sich selbst schützen können:

Hygienemassnahmen

  • Hände regelmässig mit Wasser und Seife waschen und/oder Desinfektionsmittel nutzen.
  • Nicht in Hände niesen oder husten, sondern Taschentuch oder Armbeuge nutzen. Taschentücher anschliessend sofort korrekt in geschlossenem Abfalleimer entsorgen.
  • Bei Fieber und Husten zwingend zu Hause bleiben.

Kontakt minimieren

  • Zu Hause blieben und Kontakte mit Personen möglichst minimieren. Nur in Ausnahmesituationen aus dem Haus gehen: Lebensmittel einkaufen / Arzt- oder Apothekenbesuch / Homeoffice ist für Ihre Arbeit nicht möglich / Sie müssen anderen Menschen helfen. Kontakt mit Personen vermeiden, die Atembeschwerden oder Husten haben.
  • Wichtig: Keine Begrüssungsküsschen, keine Umarmungen, kein Händeschütteln.
  • 2 Meter Abstand zu Mitmenschen halten, beispielsweise beim Anstehen oder bei Sitzungen.
  • Öffentliche Verkehrsmittel meiden und Lieferdienste nutzen.
  • Bei Symptomen (Atembeschwerden, Husten oder Fieber) nicht in die Öffentlichkeit gehen und umgehend – unbedingt zuerst telefonisch – eine Ärztin, einen Arzt oder eine Gesundheitseinrichtung kontaktieren.

Informiert bleiben

  • An die Regeln und Ansagen der Behörden halten. Infoline Coronavirus: 058 463 00 00, Info-Seite des BAG: bag-coronavirus.ch

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Kontakt minimieren

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