Trotz wachsender Kritik in Parlament und Bevölkerung
Bund will bei Ukraine-Flüchtlingen Zügel nicht anziehen

Kritiker erkennen beim Schutzstatus S für Ukraine-Flüchtlinge Missbrauch sowie hohen Aufwand und Kosten für die Behörden. Sie fordern daher schärfere Massnahmen. Der Bundesrat aber will davon nichts wissen.
Publiziert: 25.04.2024 um 12:10 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2024 um 13:55 Uhr
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Dass der Bundesrat den Schutzstatus S für Ukrainerinnen und Ukrainer nicht verschärfen will, kann der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth (56) nicht verstehen. Denn heute sei es nach wie vor möglich, mehrfach in die Schweiz ein und wieder auszureisen – und so auch mehrfach Rückkehrhilfe zu beziehen. «Offenbar will der Bundesrat diesen Tourismus weiter zulassen, was für mich unverständlich ist», kommentiert Würth.

Gemeinsam mit Mitstreitern aus FDP und SVP fordert die Mitte gleich mit zwei Vorstössen, dass der Schutzstatus S aberkannt wird, wenn eine Person beispielsweise für 14 Tage ins Ausland reist. Auch wenn die schutzsuchende Person Rückkehrhilfe bezogen hat oder der Schutzstatus missbräuchlich erlangt wurde, soll sie diesen verlieren. Zudem sei sicherzustellen, dass der Schutzstatus innerhalb des Dublin-Raums nur ein Mal erteilt wird.

Heute könnten Flüchtende auf den Schutzstatus S verzichten, Rückkehrhilfe beziehen und nach einigen Wochen wieder einreisen. Das bedeute für Bund, Kantone und Gemeinden hohen Aufwand und Kosten. Es brauche daher rechtliche Anpassungen, sind die Kritiker überzeugt. Nicht nur, weil der Bundesrat sowieso im Asylbereich sparen will. In der Bevölkerung nehme auch die Akzeptanz für den Schutzstatus S ab.

Die Kritik am Schutzstatus S für Ukraine-Flüchtende wächst. Die Mitte-Partei sowie FDP und SVP erkennen regelmässigen Missbrauch.
Foto: Keystone
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Für den Bundesrat genügen die geltenden Gesetze

Von schärferen Regeln aber will der Bundesrat um Asylminister Beat Jans (59) nichts wissen. Er teile zwar das Anliegen, Missbräuche konsequent zu bekämpfen. Für ihn aber genügen die geltenden Gesetze. So erlösche zum Beispiel der vorübergehende Schutz schon heute, wenn sich Schutzbedürftige wiederholt oder länger als 15 Tage in ihrem Heimat- oder Herkunftsstaat aufgehalten haben. Auch sei der mehrmalige Bezug von Rückkehrhilfe bereits nach geltendem Recht ausgeschlossen.

Habe sich eine Person den vorübergehenden Schutz durch falsche Angaben erschlichen, werde dieser schon heute widerrufen, versichert der Bundesrat ausserdem. Auch erhalte schon heute niemand den Status S, wenn er einen solchen schon in einem anderen Staat erhalten habe und dorthin zurückkehren kann.

Allerdings: Um den Schutzstatus S rasch und effizient gewähren zu können und so das Asylsystem zu entlasten, werde auf eine individuelle Prüfung der Asylgründe verzichtet. Gleichzeitig müsse es möglich sein, ein Schutzgesuch mehr als einmal einzureichen. «So könnte jemand etwa in seine Heimat zurückkehren und dann nach einer erneuten russischen Offensive doch wieder fliehen müssen», erklärt der Bundesrat. «Dies zu verunmöglichen, würde dem Grundgedanken des Schutzstatus S zuwiderlaufen.»

Schutzstatus S bleibt umstritten

Allerdings ist der für rund 65'000 Personen geltende Schutzstatus S auch im Bundesrat selber nicht unumstritten. Infrage gestellt hatte ihn etwa SVP-Bundesrat Albert Rösti (56), der beantragt hatte, «von einem pauschalen zu einem differenzierten Ansatz zu wechseln», wie Blick berichtete. Für Personen aus Gebieten, die «von der Kriegsfront weit entfernt» liegen, sollte der Status S mit einer angemessenen Frist auslaufen. In der Regierung lief Rösti mit diesem Antrag allerdings auf.

Und auch im Parlament bleibt Kritik. «Sollten die gesetzlichen Normen tatsächlich ausreichen – was ich bezweifle –, dann hapert es massiv im Vollzug», findet Mitte-Ständerat Würth. Der Handlungsbedarf sei nach wie vor erheblich. «Man kann nicht alles mit Verfahrenseffizienz begründen, wenn gleichzeitig die Lasten für Kantone und Gemeinden und somit auch die finanziellen Abgeltungen für den Bund massiv ansteigen.»

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