Totalschaden beim Postauto-Bschiss
Alle haben Schiss!

Totales Behördenversagen: Die Bundesanwaltschaft, aber auch die Berner Generalstaatsanwaltschaft fühlen sich nicht zuständig beim Postauto-Bschiss. Das Bundesamt für Verkehr sieht sich nicht in der Lage, die Vorfälle zu untersuchen.
Publiziert: 21.02.2018 um 23:53 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:03 Uhr
Pascal Tischhauser und Sermîn Faki

Im Postauto-Skandal droht ein Totalschaden: Sowohl Bundesanwalt Michael Lauber (52) als auch die Berner Staatsanwaltschaft erklären, sie dürften laut Gesetz den Postauto-Bschiss nicht untersuchen. Die in der Strafanzeige geltend gemachten Vergehen fielen unter das Verwaltungsstrafrecht. Daher müsse sich das Bundesamt für Verkehr (BAV), das den grössten Subventionsbetrug der Schweizer Geschichte aufdeckte, selbst darum kümmern. Eine weitere dramatische Wende im Postauto-Bschiss!

Wer ist schuld am Schlamassel?

Jetzt schiebt man sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu: Je nach Lesart war entweder das BAV, das letzte Woche die Strafanzeige eingereicht hat, zu wenig sorgfältig. Oder aber die Strafverfolger verstecken sich hinter Paragrafen, um nicht tätig werden zu müssen.

Die Strafverfolger haben den Ball wieder dem BAV zugespielt. Dieses sieht sich ausserstande, die Strafuntersuchung zu führen. Es habe nicht die Ressourcen, heisst es. Für Strafrechtsexperten spielt das keine Rolle. Auch Bundesanwaltschaft (BA) und Staatsanwaltschaft könnten sich nicht hinter Ressourcenknappheit verstecken. Das Amt müsse halt Fachleute beantragen. Es spiele auch keine Rolle, dass das BAV als Entdecker des Bschisses befangen sein könnte. Wenn Staatsanwälte einen Anfangsverdacht hegten, seien sie das nicht minder.

Er will nicht: Für Bundesanwalt Michael Lauber hat die Strafanzeige des Bundesamts für Verkehr gegen Unbekannt zu wenig strafrechtliche Substanz.
Foto: FABRICE COFFRINI
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«BAV kann das nicht»

Das sieht FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (36) anders. «Das BAV kann diesen Fall nicht untersuchen, denn es ist womöglich gar nicht befugt dazu und Teil des Problems», sagt er. Seinen zweiten Einwand würden viele unterschreiben: Auf die postinterne Untersuchung allein könne man sich nicht verlassen. Wie BLICK berichtete, gilt Untersuchungschef und Post-Präsident Urs Schwaller (65) als befangen.

Es gibt aber einen Ausweg. Der Bundesrat kann eine andere Verwaltungsstelle mit dem Fall betrauen. In den Berner Amtsstuben laufen die Telefondrähte heiss. Denn: Sonst wird der Eindruck erweckt, man wolle die Post-Machenschaften unter den Teppich kehren. Bundesrätin Doris Leuthard (54) muss also schleunigst eine Lösung präsentieren.

Möglicherweise nimmt sich die BA später doch noch des Bschisses an. Denn sie schliesst ihre Zuständigkeit nicht völlig aus – wenn es genügend Belege für Straftatbestände gebe. In Frage kämen Betrug, ungetreue Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung oder ungetreue Amtsführung.

GPK und PUK im Gespräch

Derweil muss das Parlament für Wasserfallen «schnell handeln». Laut dem Berner hat sich die Geschäftsprüfungskommission (GPK) mit dem Postauto-Bschiss zu befassen. Diese könne zwar nicht bestrafen, aber untersuchen. «Schnell, denn wenn Verantwortliche bis hin zum Bundesrat erst mal nicht mehr im Amt sind, wird es schwierig, sie vorzuladen.» SP-Nationalrat Cédric Wermuth (32) bereitet bereits einen Antrag vor.

SVP-Nationalrat Ulrich Giezendanner (64) geht noch weiter: Er will eine PUK. Mit seinem Ruf nach einer Parlamentarischen Untersuchungskommission steht er aber noch recht alleine. Sollte sich jedoch der Postauto-Bschiss so weiterentwickeln wie bisher, könnte eine PUK unumgänglich werden.

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