Tollhaus Bundeshaus
Das waren die skurrilsten Vorstösse des Jahres

Waldschnepfen, Sondermarken oder Masturbations-Kurse – es gibt nichts, das für das Parlament in Bern kein Thema ist. Auch 2022 wurden wieder viele eigenwillige Forderungen aufgestellt. Blick bietet eine kleine Auswahl.
Publiziert: 30.12.2022 um 11:31 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_398.JPG
Daniel BallmerRedaktor Politik

Motionen, Postulate, Interpellationen oder einfache Anfragen – 2716 Vorstösse hat das Parlament alleine im ablaufenden Jahr eingereicht. Der Fundus an Ideen, Wünschen und Forderungen ist in Bundesbern schier unerschöpflich. Darunter finden sich jedes Jahr auch witzige oder ziemlich skurrile Forderungen. Blick bietet eine kleine Auswahl.

Sondermarke einstampfen

Seit Anfang Juli gilt in der Schweiz die Ehe für alle. Für die Post ist es nicht weniger als ein «Meilenstein auf dem Weg zur Gleichstellung». Sie hat deshalb eigens eine Sondermarke herausgegeben. Das ist dem Ausserrhoder SVP-Nationalrat David Zuberbühler (43) ein Dorn im Auge. Dies sei ein Missbrauch staatlicher Mittel zu Propaganda-Zwecken – «gesellschaftsspaltend», meint er. In einer Anfrage hat er deshalb beim Bundesrat angeregt, die Post solle die Briefmarke zurückziehen und die Restauflage vernichten. Hier sei verraten: Hat sie nicht.

Schiessplätze als Oasen der Ruhe

Biodiversität wird grossgeschrieben. Bei den Grünen, aber auch im Verteidigungsdepartement VBS. Waffen- und Schiessplätze sollen regelrechte «Horte der Artenvielfalt» werden. Dass über die Gelände oft aber auch Strassen führen, stört die Waadtländer Grüne Léonore Porchet (33). Verschmutzung und Lärm hätten enorme Auswirkungen auf Flora und Fauna. Sie regt an, alle Waffen- und Schiessplätze in Orte für Langsamverkehr umzuwandeln. Der Bundesrat zeigt sich jedoch zurückhaltend: Meist seien Kantone und Gemeinden zuständig. Bleibt die Frage, ob Strassenverkehr auf Schiessplätzen tatsächlich das grösste Lärmproblem ist.

2716 Vorstösse hat das Parlament alleine 2022 eingereicht. Der Fundus an Ideen, Wünschen und Forderungen ist in Bundesbern schier unerschöpflich.
Foto: Shutterstock
1/10

Reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist

Im Nationalrat soll künftig auch Schweizerdeutsch erlaubt sein, fordert der St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann (40). Schweizerdeutsch erlebe eine «kulturelle Blüte», so auch in den sozialen Medien. Es stünde der grossen Kammer gut an, den Dialekt vermehrt zu pflegen, ist Reimann überzeugt. Damit würde das Parlament auch der Vielfalt der Schweiz gerecht. Für Französisch- und Italienischsprachige im Rat sieht er ebenfalls kein Problem: Die Dolmetscher sollten auch in der Lage sein, von Mundart statt Hochdeutsch zu übersetzen.

Bedrohte Waldschnepfe

Die Waldschnepfe scheint GLP-Nationalrat François Pointet (53) am Herzen zu liegen. Vor allem aber macht er sich Sorgen um den Vogel: 2021 seien 11 Prozent mehr Tiere gejagt worden als im Vorjahr. Der Bestand der bereits bedrohten Art nehme weiter ab, verweist er auf eine Studie – und feuert eine Breitseite kritischer Fragen an den Bundesrat ab. Dieser verweist allerdings trocken auf die gleiche Studie, wonach Veränderungen des Lebensraums entscheidend seien. Die Jagd dagegen habe kaum Einfluss auf den Waldschnepfen-Bestand.

Masturbations-Hilfe auf Staatskosten

Die staatlich unterstützte Organisation Sexuelle Gesundheit Schweiz will Selbstbefriedigung zum Thema machen – auch an den Schulen. Es soll eine «Kampfansage» sein an ein «bereits zu lange herrschendes Tabu». Zu stark seien noch immer Scham und das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Staatlich finanzierte Masturbations-Kurse für Kinder – das geht der SVP zu weit. Die Thurgauer Nationalrätin Verena Herzog (66) möchte der Organisation am liebsten den Geldhahn zudrehen.

Pausenmilch stösst sauer auf

Wem das noch nicht genügt, hier noch eine Forderung von Animal Rights: Mit einer Petition verlangt die Tierschutzorganisation das Ende des Tags der Pausenmilch an Schweizer Schulen. Dieser wird jedes Jahr von Swissmilk organisiert und soll auf Milch als «gesunde Zwischenverpflegung» aufmerksam machen. Darüber sind die Tierschützer empört: Denn was mit Kühen und Kälbern in der Milchindustrie gemacht werde, sei nichts für Kinderaugen. Die Lobby-Werbung führe zu einem unkritischen und verzerrten Bild der Milchindustrie.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?