Nach Rösti-Rücktritt sucht die SVP einen Einpeitscher
Wieder ein Bauer – oder Banker Matter?

Albert Rösti hat genug: Der SVP-Präsident tritt im Frühling ab. Nun sucht die Partei einen neuen Einpeitscher. In der Poleposition stehen mit dem Schwyzer Bauern Marcel Dettling und dem Zürcher Banker Thomas Matter zwei SVPler, die unterschiedlicher kaum sein könnten.
Publiziert: 22.12.2019 um 10:54 Uhr
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Aktualisiert: 23.12.2019 um 09:32 Uhr
SVP-Präsident Albert Rösti hat genug. Er gibt sein Amt im Frühling 2020 ab.
Foto: Thomas Meier
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Ruedi Studer

Bei den Nationalratswahlen am 20. Oktober steckte die SVP eine Schlappe ein. Zwar blieb die SVP mit 25,6 Prozent klar stärkste Partei, doch das Minus von 3,8 Prozent schmerzte. Im Nationalrat gingen zwölf Sitze verloren, im Ständerat kam nur einer hinzu.

Jetzt zieht SVP-Chef Albert Rösti (52) die Konsequenzen: «Ich habe mich entschieden, nicht mehr als SVP-Präsident anzutreten», sagt er im Sonntagsblick. Im Frühling 2020 macht er einem Nachfolger Platz. Ihm sei klar geworden, dass die SVP grosse Arbeit in den Kantonen leisten müsse, so Rösti. Ein zukünftiger Parteipräsident müsse da noch mehr Zeit investieren können. Rösti räumte ein, dass er kein Restrukturierer sei, sondern ein Gestalter. «Mit harter Hand in den Kantonen durchzugreifen, liegt mir weniger.»

Klar ist bereits: Der neue Präsident wird an der Delegiertenversammlung vom 28. März 2020 in Basel gewählt. Über das sonstige Vorgehen will der Parteileitungsausschuss im neuen Jahr entscheiden.

Blocher-Vertraute im Fokus

Zwar zeichnet sich derzeit kein klarer Favorit ab, doch das Kandidatenkarussell dreht bereits. Im Fokus stehen vor allem Vertraute von Übervater Christoph Blocher (79) – ein neuer Chef wäre wie schon die Vorgänger ein Präsident von Blochers Gnaden.

Dazu gehört Fraktionschef Thomas Aeschi (40). Wäre es nach Blocher gegangen, wäre der Zuger 2015 zum Bundesrat gewählt worden – doch stattdessen machte der Waadtländer Guy Parmelin (60) das Rennen. Aeschi politisiert bereits seit acht Jahren in Bern und gehört zum innersten Machtzirkel der Partei.

Doch nun nimmt sich Aeschi bereits aus dem Rennen: «Als Fraktionspräsident – gewählt im November 2017 – stehe ich als Nachfolger von Albert Rösti als SVP Schweiz Parteipräsident nicht zur Verfügung», erklärt er gegenüber BLICK.

Banker Matter als Option

Zum engsten Kreis zählt auch der Zürcher Nationalrat und Banker Thomas Matter (53). Er strebt in der SVP schon länger nach höheren Weihen. Der Millionär gehört als Finanzchef dem Parteileitungsausschuss an, verantwortete die Kampagne für die Selbstbestimmungs-Initiative und sorgte 2015 mit einem Wahlkampfsong und 2019 gar mit einem Wahlkampffilm für Furore. Über Youtube präsentiert er zudem wöchentliche eine kurze Sendung unter den Titel «In den Sümpfen von Bern».

Zu den engsten Vertrauten Blochers gehören natürlich auch seine Tochter Magdalena Martullo-Blocher (50, GR) sowie Roger Köppel (54, ZH). Die SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher sagt aber gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ab. Für sie als internationale Unternehmerin und Nationalrätin komme eine Kandidatur für das Amt als Parteipräsidentin nicht in Frage. Denn das Präsidium erfordere sehr viel zeitliche Ressourcen. Sie werde aber bei der Nachfolgesuche eine wichtige Rolle übernehmen.

Auch für «Weltwoche»-Verleger Köppel dürfte das zeitaufwändige Amt nicht in Frage kommen.

Gewerblerin oder Landwirt?

Ebenfalls im Parteileitungsausschuss sitzen Sandra Sollberger (46, BL) und Marcel Dettling (38, SZ). Sollberger ist als Malermeisterin gut im Gewerbe verankert, Dettling als Bauer in der Landwirtschaft.

Letzterer wird bereits als heisser Kandidat gehandelt: «Er ist in der Fraktion breit akzeptiert und ein sehr valabler Kandidat», sagt Nationalrat Franz Grüter (56, LU). Grüter selbst steht nicht zur Verfügung. «Das ist für mich zeitlich unmöglich», sagt der Unternehmer und neue Vizefraktionschef.

Dettling selbst signalisiert grundsätzlich Interesse. «Ich sage nicht kategorisch nein, das wäre ein interessanter Job», sagt er zu BLICK. Er habe sich aber noch nicht gross Gedanken darüber gemacht. Zuerst wolle er noch Gespräche führen, um zu klären, was das für Familie, Betrieb und Partei bedeuten würde. «Es braucht jetzt eine breite Auslegeordnung, was für die Partei am besten ist.»

Sollberger lässt eine Kandidatur ebenfalls noch offen. «Als Unternehmerin bin ich es mir gewohnt, vor einem wichtigen Entscheid die Lage genau zu analysieren.» Allerdings sei sie als Malermeisterin, neue Vizefraktionschefin und zweifache Mutter schon stark belastet. «Ich werde mir ein paar Tage Zeit nehmen und Anfang Januar entscheiden», sagt sie zu BLICK.

Auch Christian Imark (37, SO), der sich als Energiepolitiker einen Namen gemacht hat und als Kantonalpräsident wirkt, ist ein möglicher Kandidat. Für einen gemässigten Kurs hingegen würde die Thurgauer Unternehmerin und Nationalrätin Diana Gutjahr (35) stehen. Allerdings steht sie ausgerechnet der SVP-Begrenzungsinitiative kritisch gegenüber, was ihre Chancen stark schmälert.

Allenfalls wäre auch die neue St. Galler Nationalrätin Esther Friedli (42) eine Option. Dann wäre der Rollentausch mit ihrem Lebenspartner Toni Brunner (45) – dem früheren Parteichef und Nationalrat – perfekt.

Rösti bleibt Nationalrat

Der zweifache Vater Rösti will sich künftig auf sein Nationalratsmandat und sein Teilpensum als Gemeindepräsident der 6000-Seelen-Gemeinde Uetendorf bei Thun konzentrieren sowie mehr Zeit mit seiner Familie verbringen.

Rösti amtiert seit 2011 als Nationalrat und wurde 2016 als Nachfolger von Toni Brunner (45) zum SVP-Chef gewählt. Zuvor war er als Wahlkampfleiter für den historischen Wahlsieg 2015 mitverantwortlich. Zudem gehörte er zur Kampagnenleitung für die Masseneinwanderungs-Initiative, welche 2014 vom Stimmvolk angenommen wurde.

Als Parteichef hatte Rösti an der Urne aber weniger Glück. Gleich reihenweise gingen wichtige Abstimmungen verloren: 2016 kam das von der SVP bekämpfte Asylgesetz deutlich durch, 2017 das Energiegesetz. Die härteste Niederlage folgte 2018, als nur gerade jeder dritte Stimmbürger die Selbstbestimmungs-Initiative befürwortete.

Bei den letzten Wahlen konnte der Berner aber einen persönlichen Sieg verbuchen: Er war der bestgewählte Nationalrat – landesweit!

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