SVP-Präsident Marco Chiesa legt dem SP-Bundesrat den Rücktritt nahe
«Berset sollte einen Schlussstrich ziehen»

Die Affäre um die Corona-Leaks aus dem Innendepartement von Alain Berset (50) dreht weiter. Nun macht der SVP-Parteipräsident Marco Chiesa (48) deutlich, dass es aus seiner Sicht für die Schweiz das Beste wäre, wenn der SP-Magistrat aus dem Amt scheiden würde.
Publiziert: 23.01.2023 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 23.01.2023 um 07:33 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

BLICK: Herr Chiesa, Sie sagen im «Tages-Anzeiger», Ihr Fraktionschef Thomas Aeschi habe voreilig gesagt, die SVP werde Alain Berset als Bundesrat wiederwählen. Wird ihm Ihre Partei also die Wiederwahl verwehren?
Marco Chiesa: Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Herr Berset im Dezember zur Wiederwahl antritt. Die Schweiz befindet sich heute in einer institutionellen Krise. Schuld daran sind die Informationen, die sein früherer Sprecher dem Ringier-Chef laufend über die Corona-Massnahmen zugeschickt hat.

Bestätigt Ihre Partei Herrn Berset im Amt, ja oder nein? Falls die Grünen nicht massiv verlieren, könnten Sie doch eine Grünen-Kandidatur dem SPler vorziehen, nicht?
Das ist mir zu hypothetisch. Wir wissen noch nicht genug. Stand heute gibt es nur zwei Optionen: Erstens, Herr Berset war informiert darüber, dass sein Sprecher Ringier über die Regierungstätigkeit vorgängig orientierte. Dann muss er gehen. Oder zweitens, Herr Berset wusste es nicht und merkte auch nicht, was Sprecher Peter Lauener tut – dann muss er ebenfalls die Konsequenzen ziehen.

So oder so: Faktisch verlangen Sie den Rücktritt von Alain Berset.
Bersets Rückzug aus der Regierung wäre hilfreich. Schauen Sie nach Österreich. Als Kanzler Sebastian Kurz sein Amt zur Verfügung stellte, war das eine Befreiung für die österreichische Politik. Was ich derzeit verlange, ist eine lückenlose Aufklärung. Wenn Berset nachvollziehbare Gründe für sein Handeln hätte, würden wir diese gerne kennen.

Für SVP-Präsident Marco Chiesa sollte SP-Bundesrat Alain Berset einen Schlussstrich ziehen.
Foto: Thomas Meier
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Ich nehme an, dass Sie sich für die Offenlegung auch in der GPK einsetzen.
Natürlich, die Protokolle der Einvernahme von Herrn Berset müssen öffentlich werden. Genauso wie der Datenverkehr zwischen Herrn Lauener und ihrem Chef, Ringier*-CEO Marc Walder. Und auch der Austausch zwischen Walder und Berset.

Da könnte man der Justiz in die Quere kommen. Sollte man dieser nicht den Vortritt lassen?
Nochmals: Wir haben eine Krise. Die Bevölkerung hat das Vertrauen in Alain Berset verloren. Das Vertrauensverhältnis innerhalb des Bundesrats ist zerstört. So ist das Funktionieren dieser Kollegialbehörde infrage gestellt. Und auch das Ansehen der Medien hat gelitten. Wenn die Bevölkerung der Presse misstraut, ist das eine schlechte Voraussetzung. Die vierte Gewalt muss unabhängig sein. In solch einer Situation ist Transparenz alles. Die Protokolle müssen auf den Tisch – es geht um unser Land!

Sie glauben also, dass die GPK beschliesst, sich den Corona-Leaks rasch anzunehmen. Kommt es gar zur PUK?
Glücklicherweise will nicht nur die SVP eine Klärung. Selbst die Grünen haben genug. Nach den Hinweisen, die ich habe, gibt es eine Mehrheit dafür, sich dem Fall rasch anzunehmen. Auch eine PUK halte ich nicht für chancenlos. Schliesslich beschäftigt sich die GPK nicht zum ersten Mal mit Berset. Es dürfte Sie nicht erstaunen, dass hinter vorgehaltener Hand auch SPler einräumen, sie hätten genug und das Handeln Bersets sei ihnen peinlich. – So kann es doch nicht weitergehen! Berset sollte einen Schlussstrich ziehen.

*Der Ringier-Verlag gibt unter anderem den Blick heraus.

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