«Schweiz wird bei Zielsetzungen unfair behandelt»
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Das will SVP-Imark ändern:«Schweiz wird bei Zielsetzungen unfair behandelt»

SVP-Nationalrat Christian Imark war der Motor im Kampf gegen das CO₂-Gesetz
Der grosse Generator

52 Prozent Nein. Für SVP-Nationalrat Christian Imark bedeutet diese Zahl einen riesigen Sieg. Das CO₂-Gesetz ist gebodigt. Jetzt will der Solothurner bei der Klimapolitik ein gewichtiges Wörtchen mitreden.
Publiziert: 16.06.2021 um 15:19 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2021 um 12:34 Uhr
Ruedi Studer

Sucht man beim CO2-Gesetz einen Matchwinner, kommt man um einen Namen nicht herum: SVP-Nationalrat Christian Imark (39). Der Solothurner – pardon, Schwarzbube – führte die gegnerische Kampagne und weibelte unermüdlich für ein Nein. Im «Blick Abstimmungs-Kampf» trat er gegen FDP-Ständerat Damian Müller (36, LU) an. «Wir müssen die Leute nicht derart abzocken. Warum gehen Sie immer auf die kleinen Leute los?», warf Imark ihm an den Kopf. In der SRF-«Arena» fuhr er SP-Klimaministerin Simonetta Sommaruga (61) an den Karren.

Und diesmal klappte, was ihm 2017 beim Kampf gegen die Energiestrategie noch versagt geblieben war: Er packte das Stimmvolk erfolgreich am Portemonnaie. «Autofahren nur für Reiche?», fragte die SVP und stempelte die Vorlage zum «linken CO2-Gesetz». Die Warnung vor teurerem Autofahren, Fliegen oder Heizen verfing diesmal – das Stimmvolk lehnte die Vorlage mit 51,6 Prozent knapp ab.

«Ich bin kein Klimaleugner»

Blick trifft einen zufriedenen Abstimmungssieger an. «Ich habe meinen Leuten immer gesagt, dass wir unterschätzt werden und diese Abstimmung gewinnen können. Sie hat viele Angriffsflächen geboten», erzählt er. Je näher der Abstimmungstermin rückte und je höher in den Umfragen der Nein-Anteil stieg, desto motivierter kämpfte die SVP-Basis für ein Nein. Imark trieb sie an, mobilisierte, erzeugte eine Siegesstimmung – der grosse Generator. Er weiss: «Den Ausschlag gab das Portemonnaie.»

Christian Imark (links) gehört mit seinen Parteikollegen zu den Matchwinnern beim CO2-Gesetz.
Foto: Keystone
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Nur, das Nein zum CO2-Gesetz ist dem Klimawandel egal. Imark streitet diesen auch nicht ab. «Ich bin kein Klimaleugner. Auch wir sind für mehr Klimaschutz», sagt er. Persönlich gehört er jedenfalls nicht gerade zu den Klimasündern.

So beheizt er sein neu gebautes Eigenheim mit einer Wärmepumpe. Für eine seiner Firmen hat er eben erst drei Elektrolastwagen angeschafft. Und er baut ein Gewerbehaus – mit guter Dämmung, ohne Heizung.

«Ich bin auch kein Vielflieger. Für die Ferien steige ich im Durchschnitt einmal jährlich ins Flugzeug», so Imark weiter. Dafür leistet sich die vierköpfige Familie zwei Autos – ein Familienauto und einen kleinen Zweitwagen. Imarks wohnen in Fehren SO auf dem Land. Ohne Auto läuft da nicht viel.

Geld gezielter einsetzen

Was die Klimapolitik soll, ist für Imark klar: «Wir müssen für jeden eingesetzten Franken möglichst viel Klimaschutz bekommen.» Er setzt deshalb auf ganz andere Rezepte. Vor allem neue Techniken sollen es richten.

So soll zum Beispiel überschüssiger Strom aus Sonnen-, Wasser- und Windenergie künftig der Wasserstoffherstellung dienen, weil dieser besser speicherbar sei. Kehrichtverbrennungen will er mit CO2-Rückgewinnungsanlagen ausstatten. «Allein damit sparen wir zehn Prozent der Rauchgas-Emissionen ein», so Imark.

Und bei der Zielsetzung des Pariser Abkommens, wonach die Schweiz bis 2030 im Vergleich zu 1990 mindestens 50 Prozent weniger Treibhausgase ausstossen soll, will er die Bevölkerungsverschiebungen durch Zu- beziehungsweise Abwanderung mit in die Rechnung einbeziehen. «Wenn zum Beispiel 1000 Polen zuwandern und hier Auto fahren, heizen, konsumieren, dann schlägt sich das negativ in der CO2-Bilanz nieder – das muss man berücksichtigen», moniert Imark. «Alles andere ist unfair.»

Was das aktuell geltende CO2-Gesetz betrifft, bei dem Ende Jahr wichtige Massnahmen auslaufen, zeigt er sich zu Kompromissen und einer Verlängerung bereit. «Es darf aber nichts draufgepackt werden», stellt er klar.

Als Neuling zahlte er Lehrgeld

Imark weiss mittlerweile, wie das politische Gambling in Bern läuft. Und wann höher gepokert werden kann. Das war nicht immer so. Zu Beginn seiner Politkarriere im Bundeshaus musste er auch Lehrgeld bezahlen. Als es 2017 um die Rentenreform und einen 70-Franken-AHV-Zuschlag ging, zeigte er sich offen für den Mitte-links-Kompromiss.

Das trieb die Parteioberen zur Weissglut – und so wurde Imark gleich von drei Parteikollegen, inklusive des damaligen Parteichefs Toni Brunner (46), ins Gebet genommen. Imark rettete sich in der entscheidenden Abstimmung in eine Enthaltung. Er wollte es sich dann doch nicht mit den Kollegen verderben. «Der Preis innerhalb der Partei wäre für mich zu hoch gewesen», räumte er damals ein. Ein Parteikollege frotzelte, künftig heisse es «jemanden verimarken», wenn einer auf die Parteilinie zurückgepeitscht werde.

Eine Anekdote, über die der Solothurner heute lachen kann. «Und heute sind wir bei den Renten nicht viel weiter», schiebt er hinterher. «Mittlerweile hat auch unsere Partei einsehen müssen, dass es nicht ohne Kompromisse geht.»

Seine Loyalität von damals hat sich jedenfalls ausgezahlt. Er sitzt nicht nur in der gewichtigen Umwelt- und Energiekommission, sondern führt dort auch die SVP-Gruppe als Leader an. Da will er bleiben. Denn ein Neuanlauf beim CO2-Gesetz ist so sicher wie das Amen in der Kirche – und da will der Abstimmungssieger quasi als neuer Energie-Experte weiterhin ein gewichtiges Wörtchen mitreden.

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