SVP droht mit Grenzschutz-Initiative – Wahlkampfleiter Dettling erhöht Druck auf Justizministerin
«Baume-Schneider ist ein Sicherheitsrisiko für unser Land»

SVP-Nationalrat Marcel Dettling hat seine Partei als Wahlkampfleiter zum Erfolg geführt. Nun hofft er auf weitere Sitze im Ständerat. Und er sagt, wie die SVP beim Wahlkampf-Thema Nr. 1 – der Asylpolitik – Druck machen will.
Publiziert: 06.11.2023 um 10:04 Uhr
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Aktualisiert: 06.11.2023 um 10:08 Uhr
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der grosse Wahltag ist zwar vorüber – zurücklehnen kann sich Marcel Dettling (42), Wahlkampf-Chef der SVP, aber noch nicht. In neun Kantonen stehen zweite Wahlgänge für den Ständerat an. Dettling sagt im Blick-Interview, was er sich dabei erhofft. Und wie seine Partei im Parlament Druck aufsetzen will.

BLICK: Herr Dettling, auch die Grünen steigen ins Rennen um den Bundesrat ein. Dürfen sie auf SVP-Support hoffen?
Marcel Dettling: Wir stehen zur Konkordanz und sind für Spielchen nicht zu haben. Die drei grössten Parteien bekommen zwei Bundesratssitze, die viertgrösste einen. Diese Formel bietet Stabilität in der Regierung. Und diese ist angesichts der grossen Herausforderungen bei der Migration, den Krankenkassenprämien oder den Bundesfinanzen dringend nötig. Deshalb werden wir auch bei der SP-Vakanz jemanden vom offiziellen SP-Ticket wählen.

Als Wahlkampfleiter stehen für Sie zuerst die zweiten Wahlgänge bei den Ständeratswahlen im Vordergrund. Noch nie hat die SVP mehr als acht Ständeratssitze geholt. Toppen Sie nun diesen Rekord?
Fünf Sitze haben wir bereits auf sicher. In fünf Kantonen treten SVP-Kandidaten zum zweiten Wahlgang an. Mit dem Parteilosen Thomas Minder in Schaffhausen, der unserer Fraktion angehört, sind es sogar sechs. Es geht nicht um «Rekorde». Ich hoffe sehr, dass wir im Ständerat stärker werden, um auch dort die Sorgen der Bevölkerung besser einbringen zu können: ob Asyl-Chaos, unkontrollierte Zuwanderung oder eine bezahlbare und sichere Energieversorgung.

Der Schwyzer SVP-Nationalrat Marcel Dettling hat seine Partei als Wahlkampfleiter zum Erfolg geführt.
Foto: Thomas Meier
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Befürchten Sie nicht wie 2015 eine Art Gegenbewegung nach dem SVP-Wahlsieg, der den SVP-Kandidaten schadet?
Dieses Mal war es nicht der gleiche Erdrutschsieg wie 2015. Die zweiten Wahlgänge sind auch nicht vergleichbar mit 2015. Kommt hinzu, dass der bürgerliche Block – samt Bauernverband und Economiesuisse – jetzt besser spielt. SVP und FDP unterstützen sich vielerorts gegenseitig und ziehen die schwächeren Kandidaten zurück. Alle sind sich bewusst: Der politische Feind ist links.

Ausgerechnet im Tessin sieht es anders aus: Für SVP-Chef Marco Chiesa besteht ein gewisses Restrisiko, die Wiederwahl zu verpassen.
Um Marco Chiesa mache ich mir am wenigsten Sorgen. Er hat ein hervorragendes Ergebnis erzielt. Er ist glaubwürdig und vertritt eine klare Haltung. Der Kanton wird von illegalen Migranten und Asylsuchenden überschwemmt. Hinzu kommt die Grenzgänger-Problematik. Gerade in der Migrationspolitik ist Chiesa sehr nahe am Puls der Tessiner Bevölkerung.

«Niemand von euch würde heute in Chiasso leben und wohnen»
2:02
Chiesa zur Migration im Tessin:«Niemand von euch würde heute in Chiasso leben»

Falls das Unerwartete doch eintrifft, braucht es einen neuen Parteichef. Steigen Sie dann in die Hosen?
Chiesa wird wiedergewählt. Deshalb lohnt es sich nicht, irgendwelche Überlegungen anzustellen.

Selbst wenn die SVP im Ständerat zulegt: Sowohl im Stöckli wie im Nationalrat wird es dem Rechtsblock auch zusammen mit der FDP nicht für eine absolute Mehrheit reichen. Wie wollen Sie da Ihren Wahlsieg in Sacherfolge ummünzen?
Wir müssen im Parlament mehr Überzeugungsarbeit leisten. Gerade in unserem Kernthema, der Migration, braucht es nun Fortschritte. Ich erwarte von FDP und Mitte ein Entgegenkommen bei der Asyl-Problematik. Hier braucht es deutliche Verschärfungen. Da bin ich auch optimistisch, dass wir eine Lösung finden.

Inwiefern?
Die Schweiz muss für Asylmigranten unattraktiver werden, etwa bei den Sozialleistungen. Es braucht auch Asyl-Transitzonen an der Grenze und wir müssen Asylmigranten in sicheren Staaten in Afrika unterbringen. Als wir das erstmals gefordert haben, wurden wir ausgelacht und verhöhnt. Jetzt wälzt die EU ähnliche Pläne mit Asylzentren an der EU-Aussengrenze. Hier müssen wir bürgerliche Lösungen finden. Von der Linken können wir diesbezüglich nichts erwarten.

Wieso auch, die SVP attackiert SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider ja bei jeder Gelegenheit.
Zu Recht! Sie ist mitverantwortlich für das Asylchaos. So hat sie im Alleingang entschieden, dass Afghaninnen neu den Flüchtlingsstatus erhalten. Die Asylzahlen sind explodiert! Baume-Schneider ist ein Sicherheitsrisiko für unser Land. Auch gegen die illegale Migration unternimmt diese Regierung nichts. Hier müssen wir weiter Druck machen.

Und wie?
Mit einer Petition fordern wir die Einführung von Grenzkontrollen. Es ist unverständlich, dass der Bundesrat hier nichts unternimmt. Erst recht, da Deutschland und andere EU-Länder temporär wieder systematische Grenzkontrollen anwenden. Und dies teils schon seit Jahren.

Petitionen verstauben doch bloss in irgendeiner Schublade.
Wenn die Petition bei Bundesrat und Parlament nichts bewirkt, muss das Volk entscheiden. Deshalb prüfen wir eine neue Volksinitiative, welche eine bessere Sicherung unserer Grenzen verlangt. Es braucht einen Mechanismus, bei welchem systematische Grenzkontrollen zum Einsatz kommen, wenn die illegale Zuwanderung überhandnimmt. Alleine letztes Jahr wurden 52'000 Illegale aufgegriffen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn die Schweiz hier weiter schläft, braucht es eine Grenzschutz-Initiative. Wir haben noch keinen fixen Text, machen uns aber bereits Überlegungen dazu.

Ein anderer Streitpunkt ist ebenfalls programmiert: FDP-Aussenminister Ignazio Cassis wird bald schon seinen Fahrplan für ein EU-Rahmenabkommen vorlegen.
Unsere Haltung dazu ist klar: Eine automatische Übernahme von EU-Recht ist ausgeschlossen. Wir werden keine fremden Richter akzeptieren. Auch wenn es auf ein paar Nebenschauplätzen Kompromisse mit der EU geben wird, kommt die Schweiz in der Kernfrage unter die Räder. Hier dürfen wir keinen Millimeter nachgeben.

Spannend wird es auch in der Sozialpolitik. Die Initiative für eine 13. AHV-Rente kommt vors Volk und das Anliegen stösst auch bei der SVP-Basis auf grosse Zustimmung. Wie wollen Sie da ein Ja verhindern?
Ich verstehe, dass die Initiative bei unseren Leuten auf Sympathien stösst. Wenn man sieht, dass jedes Jahr Milliarden für das Asylwesen oder Entwicklungshilfe ausgegeben werden, fragen sich viele, warum es nicht auch bei der AHV mehr geben soll. Wir müssen deshalb noch viel Aufklärungsarbeit leisten.

Wie wollen Sie den Turnaround schaffen?
Eine 13. AHV-Rente zerstört die AHV. Mit der letzten AHV-Reform haben wir sie zumindest bis 2030 saniert. Mit einer 13. AHV-Rente werden diese Anstrengungen gleich wieder zunichtegemacht. Der Schuldenberg wächst und das Problem wird der nächsten Generation aufgebürdet. Wer zahlt die zusätzlichen fünf Milliarden? Die Arbeitnehmer, die Jungen, die Betriebe. Das müssen wir aufzeigen. Nachdem der Staat während der Corona-Pandemie mit Milliarden um sich geworfen hat, haben viele das Gefühl, der Staat habe genügend Geld und könne alles richten. Die Abstimmung wird daher nicht einfach.

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