Studie demaskiert Super-Papis
Teilzeit-Vater? Von wegen!

Männer kämpfen für Vaterschaftsurlaub. Aber Väter wollen ihr Arbeitspensum gar nicht zugunsten der Familie reduzieren.
Publiziert: 09.10.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:18 Uhr
Sermîn Faki und Matthias Halbeis

Das klassische Familienmodell ist passé. Dass Frauen sich um die Kinder kümmern und Männer das Geld heimbringen, entspricht in den Augen der meisten nicht mehr der Realität. Eine neue Studie, die SonntagsBlick exklusiv vorliegt, lässt allerdings Zweifel an dieser Darstellung aufkommen. Das Institut Sotomo des Politgeografen Michael Hermann hat bei fast 22'000 Schweizerinnen und Schweizern nachgefragt, wie sie es halten mit der Familie.

Das Positive vorweg: Familie liegt im Trend. Knapp drei Viertel der 18- bis 25-Jährigen können sich gut vorstellen, Kinder zu haben. Junge Männer sind Kindern gegenüber sogar aufgeschlossener als ihre Altersgenossinnen: Während sich neun Prozent der jungen Frauen nicht vorstellen können, Kinder zu bekommen, sind es bei den jungen Männern nur vier Prozent. 47 Prozent der jungen Männer finden Familie sogar wichtiger als Karriere. Und bei den 35- bis 54-jährigen Männern, die Kinder haben, wünschen sich 48 Prozent mehr Zeit für die Familie.

Nur jede fünfte Mutter arbeitet Vollzeit

Sich diese Zeit wirklich zu nehmen, etwa über eine Reduktion des Arbeitspensums, das vermeiden die Männer allerdings. Das geht aus Hermanns Studie, die er im Auftrag der Krankenkasse KPT gemacht hat, hervor. Während nur jede fünfte Mutter Vollzeit arbeitet, sind es bei den Vätern 87 Prozent. Damit arbeiten Väter sogar häufiger Vollzeit als ihre kinderlosen Geschlechtsgenossen: Von den Männern, die keine Familie haben, arbeiten nur 79 Prozent Vollzeit.

Ist das Kind da, verliert Teilzeitarbeit für Männer ihren Reiz.
Foto: thinkstock
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Trotzdem sind die Väter offenbar ganz glücklich mit ihrem Leben. Nur 18 Prozent finden die Möglichkeit zu Teilzeitarbeit und flexiblen Arbeitszeiten im Beruf wichtig. Bei den Kinderlosen sind es deutlich mehr, 24 Prozent nämlich. Das heisst: Sind Männer zu Vätern geworden, wollen sie gar nicht mehr Teilzeit arbeiten.

Das will Markus Theunert von männer.ch, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen, so nicht stehenlassen. «Man kann nicht einfach sagen, dass es den Männern nicht ernst ist», findet er. Die Geburt eines Kindes sei eben die grösste Traditionsfalle: Paare fallen trotz anderer Absichten in die klassische Rollenteilung zurück.

Familiengründung führt zu einer stärkeren Rollenteilung

Das sieht auch Studienautor Michael Hermann so: «In der Praxis führt die Familiengründung zu einer stärkeren Rollenteilung.» Er glaubt, dass Männer zwar mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen, dabei jedoch ihre beruflichen Perspektiven nicht einschränken wollen. «In der Praxis setzt sich offenbar in der Regel Letzteres durch.»

Theunert glaubt, dass viele Männer sich vor Teilzeit scheuten, weil sie sich dann nicht mehr als vollwertige Arbeitskräfte fühlten: «Für Männer, so erlebe ich das in meinem Umfeld, ist der Einsatz am Arbeitsplatz heute wohl schon noch befriedigender als die Betreuung von Kindern.» Sich selbst nimmt der Vater einer kleinen Tochter da gar nicht aus.

Auf der Strecke bleiben dadurch jene Mütter, die sich selbst auch mehr berufliche Entwicklungsmöglichkeiten wünschen. Was rät ihnen Theunert? «Wenn sich eine Frau davor schützen will, lässt sie sich das Versprechen für eine gemeinsame Teilzeitlösung beider Partner am besten schon beim ersten Date schriftlich geben.»

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