Strafverfahren wegen Schrottmasken
Bestechung, Urkundenfälschung, Amtsmissbrauch

Das Chaos um die Maskenbeschaffung könnte für die Armee und zwei einst leitende Personen im Verteidigungsdepartement erhebliche Konsequenzen haben: Die Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren eröffnet.
Publiziert: 15.06.2022 um 12:51 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2022 um 14:55 Uhr
Daniel Ballmer

Die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft (BA) sind happig. Erstmals macht sie bekannt, in welchen konkreten Punkten die BA gegen zwei ehemals leitende Personen im Verteidigungsdepartement (VBS) sowie gegen Unbekannt ermittelt: Es geht um den Verdacht der Bestechung, Urkundenfälschung im Amt, des Amtsmissbrauchs und Begünstigung.

Gut 300 Millionen Hygiene- und FFP2-Masken hatte der Bund im Pandemiejahr 2020 eingekauft – teilweise zu horrenden Preisen. Bis zu 9.90 Franken pro Stück zahlte die Armeeapotheke für eine Atemschutzmaske. Und diese waren teilweise von minderwertiger Qualität. Das vor über einem Jahr gestartete Strafverfahren läuft noch immer.

Masken wurden erst Monate später zurückgerufen

Den Betroffenen wird unter anderem zur Last gelegt, wahrheitswidrige Aussagen über Preise und Qualität verbreitet, mangelhafte Masken zu spät zurückgerufen und den Kaufpreis nicht zurückgefordert zu haben.

Die Armeeapotheke hat zu Beginn der Corona-Pandemie Masken minderwertiger Qualität eingekauft.
Foto: Helena Schmid
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Es geht um den Kauf von Masken der Zuger Firma Emix, die dem Bund Hunderttausende FFP2-Masken des Typs Chemi Pharma aus Ägypten lieferte. Der Bund liess dafür mehr als sechs Millionen Franken springen. Eine weitere Million zahlte er für 110'000 Masken des Typs Yuenfong. Schon kurz nach der Lieferung war dem Bund bewusst geworden, dass er Schrottmasken gekauft hatte. Das zeigte auch ein Prüfbericht des Labor Spiez vom April 2020. Dennoch wurden die Masken erst Monate später zurückgerufen.

Parlamentskommission äusserte scharfe Kritik

Dass sich das VBS grobe Fehler geleistet hat, stellte im Februar auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats fest. Bundesrat und VBS hätten der Armeeapotheke nicht genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt, weshalb die Qualitätskontrollen vernachlässigt worden seien. Aus dem selben Grund habe die Armee zudem die Möglichkeit verpasst, Mängelrügen bei den Lieferanten zu machen und allenfalls von Verträgen zurückzutreten.

Auch die ausgehandelten Preise stellte die GPK infrage. Sie kritisierte die VBS-interne Revision, die zum Schluss gekommen war, dass es sich um marktgerechte Preise gehandelt habe. Ohne konkrete Vergleiche mit anderen damaligen Angeboten liess sich die GPK jedoch nicht überzeugen.

VBS habe Mängel erst auf Druck eingeräumt

Kommt hinzu: Das VBS habe es an Transparenz vermissen lassen. Es sei «bedauerlich, dass das VBS die Mängel bei den Qualitätskontrollen der Masken und deren Konsequenzen gegenüber der Kommission erst nach mehrmaligem Nachfragen und unter einem gewissen Druck eingeräumt hat».

Der Bundesrat zeigte sich in seiner Stellungnahme zum GPK-Bericht wenig einsichtig. Zur Frage, ob die Preise überzogen waren, äusserte sich die Regierung gar nicht erst. Auch sieht sie keinen Handlungsbedarf für eine eigene Untersuchung dazu.

Bundesrat stellt sich vors VBS

Zwar will der Bundesrat einen Vorschlag der GPK zur Schaffung einer akkreditierten Qualitätsprüfungsstelle für Masken prüfen. Ansonsten aber stellte er sich vor die Armeeapotheke und das VBS. Zudem betonte die Regierung, die damals herrschenden Bedingungen seien schwierig gewesen.

Dass so auch Fehler passierten, sei verständlich: «Letztlich ist es auch dem grossen Einsatz der Armeeapotheke zu verdanken, dass dem Gesundheitswesen genügend Schutzmasken zur Verfügung standen», wird die Apotheke in Schutz genommen.

Ob die Bundesanwaltschaft Anklage erhebt, ist noch offen.

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