Steigende Krankenkassenprämien
SP plant erneut Initiative für Einheitskasse

Am Parteitag am Samstag will die SP erneut eine Initiative für eine staatliche Krankenkasse lancieren. Es ist der dritte Anlauf gegen die Prämienexplosion. Und auch dieser stösst auf Widerstand.
Publiziert: 20.08.2023 um 15:56 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2023 um 14:40 Uhr

Der nächste Prämienschock steht schon wieder bevor. Er dürfte per 2024 ähnlich hoch ausfallen wie dieses Jahr, wie frühere Berechnungen des Vergleichsdienstes Comparis zeigen. Im Schnitt um sechs Prozent, bei einigen Kassen gar um über 10 Prozent.

Um Schweizer Haushalte zu entlasten, hat die SP bereits eine Initiative lanciert, welche die auf zehn Prozent des Einkommens begrenzen will. Und an ihrem Parteitag vom kommenden Samstag soll bereits der nächste Schritt folgen. Geplant sei eine erneute Volksinitiative für eine staatliche Krankenkasse, wie die Zeitung «Le Matin Dimanche» berichtet.

Bestehendes System habe versagt

Federführend sind die beiden SP-Nationalräte Baptiste Hurni (37) und Pierre-Yves Maillard (55). Noch sei der Initiativtext nicht bis ins Detail ausgearbeitet. Die SP wolle mit anderen linken Parteien, Verbraucherverbänden und Gewerkschaften zusammenarbeiten – und diese nicht vor vollendete Tatsachen stellen.

Gesundheitsminister Alain Berset wird im September eine weitere Prämienerhöhung verkünden müssen – im Schnitt wohl um 6 Prozent.
Foto: keystone-sda.ch
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In den Grundsätzen aber steht das Volksbegehren bereits: Jeder Kanton hätte seine öffentliche Kasse, mit der Möglichkeit interkantonaler Kassen. Auch hier wären die Prämien an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gebunden und dürften zehn Prozent des Einkommens nicht übersteigen. Bund und Kantone sollen die Differenz übernehmen.

Diese Kassen wären Teil einer nationalen Struktur, die mit den Tarifpartnern verhandeln könnte. Die Gewinne würden vollständig an die Versicherten zurückgezahlt. Und ein Teil der Prämien soll in die Prävention investiert werden.

Die Pläne der SP sind nicht neu. Bisher aber sind sämtliche Anläufe der SP an der Urne gescheitert, zuletzt 2014 die Initiative für eine Einheitskasse. Dennoch zeigen sich die beiden SP-Nationalräte von ihrem Vorhaben überzeugt. «Die Prämien explodieren», so Hurni. Das derzeit ultraliberale System versage völlig.

Kassen hätten heute kein Interesse an Prävention

«Jedes Mal haben uns unsere Gegner erklärt, dass der Wettbewerb die Probleme lösen würde», ergänzt Maillard. Tatsächlich aber könnten immer mehr Schweizerinnen und Schweizer ihre Prämien nicht mehr stemmen.

Natürlich würde auch die neue SP-Initiative die Gesundheitskosten nicht von einem auf den anderen Tag sinken lassen. Aber man könne bei der Werbung, der Verwaltung, den Gehältern der Makler oder der Kassenchefs sparen, gibt Hurni zu bedenken. Zudem seien langfristige Ergebnisse zu erwarten, wenn die Prävention gestärkt werde: «Heute haben die Kassen kein Interesse daran, in diesen Bereich zu investieren, da die Versicherten jedes Jahr ausscheiden können. Eine öffentliche Kasse würde eine echte Betreuung des Patienten ermöglichen.»

Bürgerliche sehen nur Nachteile

Im bürgerlichen Lager stösst das Comeback der öffentlichen Kasse auf Widerstand. «Man spürt, dass wir uns den Wahlen nähern. Die Länder, die dieses Modell kennen, haben nur Nachteile», wird Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit (60) zitiert. «Ich habe eine Schwester, die in Kanada lebt. Das System ist vom Beamtengeist durchsetzt und die Leistungen sind begrenzt.»

Zwar sei der Unmut der Versicherten verständlich. Das eigentliche Problem aber seien die steigenden Gesundheitskosten. Die Mitte-Partei habe daher eine Initiative lanciert, die diese bremsen soll. «Die Experten sagen uns, dass man durch die Vermeidung von Verschwendung 20 Prozent einsparen kann, ohne die Leistungen anzutasten», betont Roduit.

Auch FDP-Ständerätin Johanna Gapany (35) kann mit den SP-Plänen nichts anfangen. «Es handelt sich um eine Verstaatlichung des Gesundheitssystems mit dem Ziel, die Prämien ans Einkommen zu koppeln und die Gesundheitskosten über die Steuern zu finanzieren», sagt sie. Das führe nicht nur zu Steuererhöhungen. Es bestehe auch die Gefahr, dass Patienten Leistungen vorenthalten würden, wenn die Staatsfinanzen schlecht da stünden. (dba)

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