Ständerat will Bericht dazu
Geht die Schweiz bald mit Kronzeugen auf Mafioso-Jagd?

Im Kampf gegen die organisierte Kriminalität soll der Bundesrat die Einführung einer Kronzeugenregelung prüfen. Das fordert der Ständerat. Er hat am Mittwoch ein entsprechendes Postulat gutgeheissen.
Publiziert: 20.12.2023 um 12:25 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2023 um 12:31 Uhr
Mafia-Treffen im Hinterzimmer einer Thurgauer Pizzeria. 2014 nahm die Polizei in einer konzertierten Aktion in mehreren Kantonen 15 mutmassliche Mafiosi der N'drangheta fest.
Foto: Keystone
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Eine Mehrheit des Ständerats will den Bundesrat damit beauftragen, die Vor- und Nachteile einer Kronzeugenregelung in einem Bericht darzulegen.

Wer auspackt, muss weniger lang hinter Gitter: In Italien gilt die Kronzeugenregelung als ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Mafia. In der Schweiz hingegen gibt es diese Möglichkeit nicht.

Im Bericht sollen nun die Erfahrungen von anderen Staaten berücksichtigt werden. Zudem sei darzulegen, wie ein entsprechendes Modell im Schweizerischen Straf- und Strafprozessrecht ausgestaltet werden könnte.

Der Ständerat hat am Mittwoch ein entsprechendes Postulat seiner Rechtskommission (RK-S) gutgeheissen – mit 22 zu 16 Stimmen.

Bundesanwaltschaft lobbyierte

Die Kommission beschloss das Postulat nach einer Anhörung von Bundesanwalt Stefan Blättler, wie deren Sprecher Daniel Jositsch (SP/ZH) sagte. Blättler hatte in der Vergangenheit für die Einführung einer Kronzeugenregelung plädiert. Ein entsprechender Grundlagenbericht erlaube es, das weitere Vorgehen sorgfältig zu prüfen, sagte Jositsch.

Eine Minderheit im Ständerat plädierte dafür, das Postulat abzulehnen. Ein Bericht bringe nichts, so der Tenor der Gegnerschaft. Das Parlament hatte sich bereits mehrmals in den vergangenen Jahren gegen eine weitergehende Kronzeugenregelung ausgesprochen. Mit einer solchen kann beispielsweise bereits die Staatsanwaltschaft Kronzeugen verbindlich eine Strafreduktion oder Straffreiheit zusichern.

Ein Ja des Ständerats bedeute nicht, dass es tatsächlich zu einer Gesetzesänderung komme, machte Jositsch im Namen der Kommission klar. Es gehe lediglich darum, die Ausgangslage zu beschreiben und verschiedene offene Fragen abklären zu lassen.

Kooperation kann sich lohnen

Das Schweizer Strafgesetzbuch kennt heute die sogenannte kleine Kronzeugenregelung. Dies bedeutet, dass das Gericht Mitgliedern krimineller Organisationen für ihre Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden eine Strafmilderung nach freiem Ermessen zusprechen kann. Für Personen, die durch ihre Mitwirkung in einem Strafverfahren gefährdet sind, sind ausserdem Zeugenschutzprogramme vorgesehen. (SDA/sie) 

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