SP-Nationalrat Corrado Pardini zum Kampf ums Rahmenabkommen
«Dann treten wir besser gleich der EU bei»

SP-Nationalrat Corrado Pardini attackiert den Freisinn. Der Gewerkschafter warnt aber auch vor neoliberalen Tendenzen in seiner eigenen Partei.
Publiziert: 11.03.2019 um 14:19 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2019 um 14:03 Uhr
Simon Marti
Simon MartiRedaktor SonntagsBlick

BLICK: Herr Pardini, der SP gelingt es nicht, sich eine klare Meinung zum Rahmenvertrag zu bilden. Wieso eiert Ihre Partei beim wichtigsten politischen Dossier derart herum?
Corrado Pardini: Die Haltung der SP ist klar: Ein Rahmenabkommen, das den Lohnschutz infrage stellt, ist nicht tragbar und hat im Volk keine Mehrheit. Alle, die sich jetzt als Europafreunde geben, vor allem die FDP, entfernen uns von der EU, wenn das Abkommen an der Urne scheitert. Statt diesem Rahmenvertrag zuzustimmen, treten wir besser gleich der EU oder dem EWR bei.

Die Gewerkschaften sagen zu allem einfach Nein. Ist Ihnen aufgefallen, dass diese betonharte Haltung in der SP nicht mehrheitsfähig ist?
Wenn hier jemand betoniert, dann die Neoliberalen. Zum Beispiel die FDP. In der SP wird diskutiert. Aber jene SPler, die uns nun auf neoliberalen Kurs bringen wollen, sollten sich in Europa umschauen: Die Sozialdemokraten, die sich von der sozialen Frage verabschiedet haben, sind tot. Entscheidend ist die Mehrheit der Partei. Und die sagt Ja zum Lohnschutz, Ja zu Europa.

Die Losung «Ja zum Lohnschutz und Ja zu Europa» ist billig. Auf dieser Basis kann jeder lauthals alles fordern.
Wir sind realistisch: Wir wollen einen Rahmenvertrag mit Personenfreizügigkeit, der eigenständige flankierende Massnahmen garantiert. Der vorliegende Entwurf leistet das nicht.

SP-Nationalrat Pardini attackiert Bundesrat Cassis und dessen FDP scharf.
Foto: KARL-HEINZ HUG
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Ablehnung ist für Sie ein Vorschlag?
Der Vorschlag, den der Bundesrat der EU machen muss, lautet: Die flankierenden Massnahmen müssen vom Abkommen ausgenommen werden. Weiter muss die Frage der staatlichen Beihilfen geklärt werden, dann haben wir auch die Kantone auf unserer Seite. Und dann haben wir ein Abkommen.

Sie glauben ernsthaft, dass die EU sich darauf einlässt?
Warum nicht? Lohnschutz ist in der EU gerade das grosse Thema. Und wir bieten etwas an. Der Bundesrat soll der Europäischen Union bei der Unionsbürgerricht-linie entgegenkommen. Das stärkt die Rechte aller.

Sie setzen die Interessen der Gewerkschaften mit dem Landesinteresse gleich.
Ohne Lohnschutz kommen alle Schweizer Löhne ins Rutschen. Ist das sichere Nein zu diesem Rahmenvertrag etwa im Interesse des Landes? Meine Lösung berücksichtigt, dass die Wirtschaft die Öffnung braucht, und zugleich werden die Menschen vom Druck der Marktöffnung geschützt. Wir wollen keinen freisinnigen Putsch!

Wenn alles so einfach ist, warum haben wir dann diesen Konflikt mit der EU?
Weil Aussenminister Cassis ihn provoziert hat – in der Hoffnung, die flankierenden Massnahmen zu schleifen. Die Mehrheit im Bundesrat muss nun Führungswillen zeigen und der 
EU endlich eine eigene ­Lösung präsentieren. Ob Cassis und seine Crew dazu in der Lage sind, ist nach ­ihrer schwachen Leistung schwierig zu beurteilen.

Mit diesem Freisinn, den Sie hier attackieren, will SP-Präsident Christian Levrat nun eine Lösung finden ...
Unser Präsident soll mit allen reden. Die FDP ist gespalten. Ich wage die Prognose, dass wir nach den Wahlen sehr schnell zu ­einer Lösung kommen. 

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