Sommaruga greift durch
Energiefirmen müssen Bücher öffnen

Geld ja, Transparenz nein. Mit dieser Devise der Strom- und Gasunternehmen soll Schluss sein. Der Bund will den Energiefirmen auf die Finger schauen. Insiderhandel wird verboten.
Publiziert: 16.12.2022 um 14:31 Uhr
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Aktualisiert: 16.12.2022 um 15:03 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Der Bund will den Energiefirmen auf die Finger schauen. Denn was vor einem Jahr passiert ist, soll sich nicht mehr wiederholen. Kurz vor Weihnachten klopfte das Stromunternehmen Alpiq beim Bund an. Es brauche sofort Geld, wie der «Tages-Anzeiger» damals publik machte.

1,4 Milliarden Franken hätte Alpiq gerne vom Bund gehabt. Doch in die Bücher schauen lassen wollte sich das mehrheitlich der öffentlichen Hand gehörende Unternehmen dann doch nicht. Das liess die abtretende Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) aber nicht mit sich machen.

Transparenzproblem

Die von Sommaruga eingesetzte Energie-Taskforce signalisierte schnell, dass es bei den Energieversorgern ein Transparenzproblem gibt. Während Schweizer Energieversorger, die im EU-Raum Strom handeln, sich den dortigen Offenlegungsregeln unterwerfen, besteht hierzulande keine Rechtsgrundlage, um den Firmen in die Bücher zu schauen.

Die abtretende Energieministerin Simonetta Sommaruga will Stromkonzernen auf die Finger schauen.
Foto: keystone-sda.ch
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Das soll sich nun ändern. Sommaruga hat kurz vor ihrem Rücktritt aus dem Bundesrat schärfere Regeln auf den Weg gebracht. Wie sie diesen Freitag vor den Medien ausführt, soll die Stromaufsicht Elcom den Strom- und Gasfirmen auf die Finger schauen – und bei Verstössen auf diese klopfen können. Darum soll auch der Energie-Insiderhandel neu unter Strafe stehen. Der Bundesrat hat die Vernehmlassung zum Gesetz eröffnet.

Rettungsschirm

Über die systemkritischen Energieunternehmen – neben der Alpiq sind das die Axpo und die BKW – hat der Bund im Juni zudem einen 10-Milliarden-Schutzschirm aufgespannt. Nachdem Strom und Gas knapper geworden waren und die Energiepreise emporschnellten – nicht zuletzt als Folge des Kriegs in der Ukraine – sah sich nach anderen europäischen Ländern auch die Schweiz veranlasst, Geld zur Seite zu legen für den Fall, dass ein Energieunternehmen ausfällt und es plötzlich zu einer Kettenreaktion bei europäischen Energiefirmen käme.

Tatsächlich geriet die Axpo in einen Liquiditätsengpass. Das Unternehmen sicherte sich vier Milliarden Franken für den Fall, dass sie auf dem Finanzmarkt kein Geld mehr bekäme. Inzwischen hat sich die Lage für die Axpo wieder normalisiert. Bis heute hat die Axpo den Kredit nicht benötigt.

Folge-Regeln

Das Rettungsschirmgesetz ist jedoch bis Ende 2026 befristet. Danach will es das Umwelt- und Energiedepartement (Uvek) durch andere Regeln ersetzen. So soll mit dem neuen Transparenzgesetz und einer verbesserten Aufsicht der Strom- und Gashandel abgesichert werden. Und weil die Energieunternehmen gegenüber der Elcom Rechenschaft ablegen müssen über ihr Handeln, soll diese frühzeitig erkennen können, wenn einem Unternehmen finanziell der «Pfuus» auszugehen droht.

Zudem will man den Energieunternehmen Vorgaben für Eigenmittel und die notwendige Liquidität machen. Das Ganze erinnert an die verschärften Regeln für Banken, die nach den Erfahrungen in der Finanzkrise eingeführt wurden, als der Bund die UBS mit Milliarden hatte retten müssen.

Insofern wird die Elcom neu so etwas wie die Finanzmarktaufsicht Finma – und bleibt nicht mehr nur zahnloser Tiger. Zumindest dann nicht, wenn der Vorlage nicht noch alle Zähne gezogen werden. Die Vernehmlassung läuft noch bis Ende März 2023. Dann wird nicht mehr Simonetta Sommaruga Energieministerin sein, sondern der neu in den Bundesrat gewählte Albert Rösti (55). Das Transparenzgesetz wird ein erster Prüfstein für den langjährigen Öl-, Auto- und Atomlobbyisten.

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