Schweizer Stromkosten könnten massiv gesenkt werden
Mit Batterien der E-Autos Milliarden sparen

Die Energiewende ist machbar. Doch dazu braucht es viel Speicher. Batterien von E-Autos haben enormes Potenzial – auch finanziell.
Publiziert: 19.02.2023 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2023 um 14:55 Uhr
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Danny SchlumpfRedaktor SonntagsBlick

In der EU dürfen ab 2035 keine Benzin- und Dieselautos mehr neu zugelassen werden. Hierzulande ist der Ofen für Verbrenner spätestens 2050 aus. Die Elektrifizierung des Verkehrs ist gut fürs Klima, treibt allerdings den Stromverbrauch in die Höhe.

E-Autos können Energie auch speichern und weitergeben. Ans Ziel bringen sie die Passagiere trotzdem: Ihre Reichweite liegt nämlich bei 450 Kilometern, pro Tag spulen sie im Durchschnitt aber nur 35 Kilometer ab.

Dezentrale Speicherkapazität

Das Speicherpotenzial ist enorm: Eine E-Autobatterie kann ein Einfamilienhaus vier Tage lang mit Strom versorgen. Das ist eine Chance für die Energiewende, die mit dem Umstand kämpft, dass die Sonne nur tagsüber scheint. «E-Autos können dieses Problem lösen», sagt Noah Heynen (34), CEO der Solarfirma Helion. «Bis 2050 ist ihr Speichervolumen doppelt so gross wie dasjenige der heutigen Pumpspeicherwerke.»

Die Batterie eines E-Autos kann ein Einfamilienhaus vier Tage lang mit Strom versorgen.
Foto: Zvg
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Hinzu komme ihre Bedeutung für ein dezentralisiertes Energiesystem, sagt GLP-Präsident Jürg Grossen (53). «Die E-Autos stehen zu Hause oder am Arbeitsort – dort, wo wir Strom verbrauchen. Diese dezentrale Stromspeicherung in den Autobatterien sichert die Versorgung und bietet viele Vorteile.»

Enormes Sparpotential

Eine neue ETH-Studie zeigt: Die konsequente Nutzung von Autobatterien als Speicher könnte auch die Kosten des Schweizer Stromsystems senken – um 14 Prozent bis 2050, immerhin 6,5 Milliarden Franken.

Für die massive Kostenreduktion sind drei Gründe verantwortlich. Dank der E-Autos lässt sich erneuerbarer Strom viel effizienter verwerten, um bis zu 70 Prozent. Denn ihre Batterien können Strom in Zeiten hoher Produktion tanken und ihn in Flautephasen abgeben – und so bis 2050 mehr als 55 Terawattstunden im Wert von einer Milliarde Franken zusätzlich ins Netz speisen.

Sie helfen aber auch mit, bei Energieknappheit die Nachfrage zu decken – und machen damit teure fossile Notstromaggregate überflüssig. Schliesslich ermöglichen sie es, Marktpreisunterschiede flexibel zu nutzen. In Zeiten höherer Preise bedeutet dies weniger Importe.

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«Wenn Batterien zur Speicherung genutzt werden, müssen sie vom Netzentgelt befreit sein»
Jürg Grossen, GLP-Chef
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Die Stromunternehmen freut das. Aber was haben die Autofahrer davon? E-Autobatterien seien kleine Pumpspeicherwerke, erklärt Helion-Chef Heynen. «Mit dem Unterschied, dass die Batterien dem Volk gehören! Und wie Unternehmen, die Pumpspeicherwerke besitzen, werden die Besitzer der Autobatterien nur liefern, wenn sie etwas dafür kriegen.»

Es gibt allerdings einen Unterschied: Pumpspeicherwerke sind vom Netzentgelt befreit. Das ist ein enormer Vorteil, denn diese Gebühr ist so hoch, dass sie den Energiepreis verdoppelt.

E-Autobatterien hingegen sind vom Netzentgelt nicht befreit, weshalb ihre Nutzung als Speicher heute noch unrentabel ist.

Jürg Grossen will diese Ungleichbehandlung möglichst rasch beseitigen. Kommende Woche trägt er das Anliegen in die Energiekommission des Nationalrats, die das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit Erneuerbaren diskutiert.

«Wenn Batterien zur Speicherung genutzt werden, müssen sie vom Netzentgelt befreit sein», sagt Grossen. «Damit fällt eine zentrale Hürde bei der Nutzung des enormen Potenzials der E-Autobatterien.»

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