Schutzklausel aktiviert
Bundesrat beschränkt Migration aus Kroatien

2023 wird der Zugang kroatischer Arbeitskräfte zum Schweizer Arbeitsmarkt erneut beschränkt. Grund: Die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Kroatien sei im laufenden Jahr stark gestiegen.
Publiziert: 16.11.2022 um 14:40 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2022 um 16:13 Uhr

Seit dem 1. Januar 2022 gilt für Kroatinnen und Kroaten die volle Personenfreizügigkeit. Die im Freizügigkeitsabkommen (FZA) vorgesehene Schutzklausel erlaubt es der Schweiz jedoch, für eine begrenzte Zeit einseitig wieder Bewilligungskontingente einzuführen, wenn die Zuwanderung aus Kroatien einen bestimmten Schwellenwert überschreitet.

Zu diesem Instrument greift der Bundestrat nun im Fall von Kroatien: Er aktiviert die Schutzklausel. Im kommenden Jahr stehen 1150 neue Bewilligungen B und 1007 neue Bewilligungen L für kroatische Arbeitskräfte zur Verfügung.

Kriterien sind erfüllt, Kritik gibt es dennoch

Der Schwellenwert ist erreicht, wenn die Zahl der erteilten Bewilligungen (2022) mehr als 10 Prozent über dem Durchschnitt der drei vorangegangenen Jahre (2019-2021) liegt. Zwischen Januar und Oktober 2022 hat die Schweiz 2413 Bewilligungen B für kroatische Arbeitskräfte erteilt, der Schwellenwert für das gesamte Jahr 2022 liegt aber nur bei 178. Die quantitativen Bedingungen für die Anwendung der einseitigen Schutzklausel im nächsten Jahr sind also erfüllt.

Der Bundesrat beschränkt die Arbeitszuwanderung aus Kroatien.
Foto: Keystone
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Dennoch sind nicht alle Politiker mit der Massnahme einverstanden. «Der Entscheid ist für mich unverständlich», sagt etwa die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (58). Einerseits sei die Schweiz wegen rekordtiefer Arbeitslosigkeit und Fachkräftemangel auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen. «Andererseits ist das Signal nach Brüssel angesichts der schwierigen Beziehung zur EU nicht hilfreich.»

Im FZA vorgesehene Massnahme

Dass der Schwellenwert so stark überschritten wurde, hat mit Corona zu tun – während der Pandemie war die Mobilität stark eingeschränkt, daher ging auch die Zuwanderung zurück. Die rasche wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise ging im Jahr 2022 mit einer stark steigenden Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte in die Schweiz einher.

Auch die Zahl der Bewilligungen für kroatische Staatsangehörige hat zugenommen. Kroatische Arbeitskräfte waren im Sekundärsektor vor allem in der verarbeitenden Industrie und im Baugewerbe gefragt, während im Tertiärsektor insbesondere im Gastgewerbe, im Handel und in der Arbeitsvermittlung Bedarf bestand.

Schutzklausel immer wieder angewendet

Das FZA mit der Europäischen Union wurde mit einem Zusatzprotokoll auf Kroatien ausgeweitet. Dieses ist seit dem 1. Januar 2017 in Kraft. Es sieht während eines Übergangszeitraums von zehn Jahren eine schrittweise Öffnung des Zugangs von kroatischen Staatsangehörigen zum Schweizer Arbeitsmarkt vor.

Der Bundesrat nutzt die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente für eine bessere Migrationssteuerung entsprechend dem wirtschaftlichen Bedarf. In der Vergangenheit hat er wiederholt gegenüber Angehörigen anderer Staaten, die neu der EU beigetreten waren, von der Schutzklausel Gebrauch gemacht. (pt/sf)

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