Schluss mit herzigen Meersäuli
Bundesrat will Streichelzoo verbieten

Der Bundesrat will Kaninchen, Meerschweinchen und Küken in temporären Streichelzoos an Ausstellungen und Messen verbieten. Kleintierhalter erachten das Verbot als unnötig. Stattdessen plädieren sie für strenge Auflagen für die Veranstalter.
Publiziert: 26.10.2016 um 22:10 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:57 Uhr
Ruedi Studer

Die Zuger Messe lockt Tierfreunde derzeit mit einem «grossartigen Tierparadies» – mit dabei sind etwa Ferkel, Geissen und Kaninchen. Und verspricht dabei: «Aus der Nähe betrachten und streicheln ist erlaubt!» Viele Messen, Landwirtschafts- oder Kleintierausstellungen werben mit Streichelzoos um Publikum.

Doch damit ist nun Schluss. Zumindest teilweise. Der Bundesrat will temporäre Streichelzoos «mit Kaninchen, Kleinnagern und Küken an Veranstaltungen» künftig verbieten. Dies schlägt er in einer neuen Tierschutzverordnung vor, welche diese Woche in die Vernehmlassung ging.

Potenziell beträchtliche Belastung

Die erwähnten Tierarten sei klassische Beutetiere, so das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) dazu. «Sie sind jederzeit auf Flucht eingestellt und können deshalb – besonders in ungewohnter Umgebung – sehr schreckhaft sein.»

Temporäre Streichelzoos sollen künftig ohne Kaninchen, Meerschweinchen und Co. auskommen. (Symbolbild)
Foto: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER

In Streichelgehege seien die Tiere einer potenziell beträchtlichen Belastung ausgesetzt. Insbesondere wenn ihnen hinterher gejagt oder sie sogar hoch gehoben würde, stehe diese Belastung der Tiere in keinem Verhältnis zu einem allfälligen Nutzen für Veranstalter und Publikum.

Auflagen statt Verbot

«Es gibt tatsächlich unschöne Bilder, wie sich Kinder in Streichelzoos schon fast um die Tiere reissen. Das wollen auch wir nicht», sagt Markus Vogel, Verbandspräsident von Kleintiere Schweiz. «Ein Verbot geht aber zu weit. Stattdessen braucht es klare Auflagen.»

So sollten die Tiere etwa fachmännisch betreut werden müssen sowie über Ruhezonen und –zeiten verfügen. Solche Auflagen müssten aber für alle Streichelzoos gelten, also etwa auch bei Ausflugrestaurants, sagt Vogel. «Da muss mit gleichen Ellen gemessen werden.»

Olma-Tierschauen-Präsident Christian Manser (rechts) mit Bundesrat Ueli Maurer bei der diesjährigen Olma.

Schon heute erfüllt der Streichelzoo an der Olma in St. Gallen freiwillig gewisse Auflagen – gerade auch für Kaninchen. «Als Betreiber ist uns wichtig, dass die Tiere permanent betreut werden und über Rückzugszonen verfügen», sagt Christian Manser, Präsident der Olma-Tierschauen.

Die Kaninchen dürften auch nicht herumgetragen oder gefüttert werden. «Für viele Kinder sind solche Streichelzoos die einzige Möglichkeit, mit Tieren in Kontakt zu kommen», gibt Manser zu bedenken. «Wenn auf die Tiere Rücksicht genommen wird, ist ein Verbot unnötig.»

«Zwangsstreichelei ist Tierquälerei»

Der Schweizer Tierschutz hingegen begrüsst den bundesrätlichen Vorschlag. «Für Fluchttiere wie Kaninchen oder Meerschweinchen ist die Zwangsstreichelei eine Tierquälerei», sagt Sprecherin Helen Sandmeier.

Sie geht noch einen Schritt weiter: «Typische Fluchttiere sind für Streichelzoos ungeeignet, deshalb sollte man das Verbot auf sämtliche solche Einrichtungen ausweiten.»

Bei stationären Streichelzoos schätzt das BLV die Belastung der betroffenen Tiere allerdings «als deutlich geringer ein», erklärt BLV-Sprecher Marcel Marti den entsprechenden Verbotsverzicht. «Die Tiere bleiben in ihrer vertrauten Umgebung, und ihre Gehege sind in der Regel gut strukturiert und weisen somit auch geeignete Rückzugsmöglichkeiten auf.» 

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