Flims GR schlägt Alarm
Schlupfloch führt zu Wohnungsmangel

Eigentlich darf jede Gemeinde nur 20 Prozent Zweitwohnungen haben. So will es das Gesetz. Doch es gibt ein Schlupfloch – und das wird rege genutzt. Nun schlägt die Bündner Gemeinde Flims Alarm. Denn Einheimische und Arbeitskräfte finden keine Wohnung mehr.
Publiziert: 05.03.2023 um 17:53 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2023 um 07:50 Uhr
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Martin Hug (53), Gemeindepräsident von Flims GR, wird deutlich: «Die Wohnungsnot in unserer Gemeinde ist überall zu spüren! Es fehlt an zahlbaren Wohnungen für einheimische Familien und Einzelpersonen sowie an Personalwohnungen.» Die touristischen Dienstleister fänden keine Wohnungen mehr fürs Personal. Der Fachkräftemangel ist in Kombination mit den fehlenden Unterkünften Gift für die Servicedienstleistungen in den Ferienregionen.

Der Grund für Hugs Klage ist ein rechtliches Schlupfloch – und dieses hat es in sich. Grundsätzlich ist das Gesetz klar: Jede Gemeinde darf nur 20 Prozent Ferienwohnungen haben. Bloss: Die Umwandlung von Erstwohnungen in Zweitwohnungen wird durch das Gesetz nicht beschränkt.

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Plötzlich fehlen Wohnungen

Dies hat zur Folge, dass in Tourismusorten so von 80'000 Erstwohnungen rund 32'000 umgenutzt und mit Gewinn als Zweitwohnungen verkauft werden könnten. Zu diesem Schluss kommt die Fachhochschule Graubünden (FHGR). Sie untersuchte im Auftrag des Kantons von 2017 bis 2021, wie viele Wohnungen zu Ferienobjekten umgenutzt werden. Es sind Wohnungen, die in Tourismusorten wie Flims fehlen.

Die Gemeinde Flims hat deutlich zu wenig Wohnraum.
Foto: Keystone
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Auf diese Weise geht wertvoller Wohnraum verloren. Das stellt die Gemeinden vor riesige Probleme. Denn diese Wohnungen werden häufig an Auswärtige verkauft.

Wohnen darin vorerst Einheimische, bleibt die Wohnung auf dem Papier eine Erstwohnung. Langfristig kann aber davon ausgegangen werden, dass diese Wohnungen an Feriengäste vermietet werden. Sie können so nämlich teurer vermietet werden.

Nur sieben Wohnungen leer

Die Umnutzung von solchen Erst- in Zweitwohnungen verläuft meist still. In Flims beispielsweise gibt es jährlich 22 solcher «stillen Konversionen» zu Zweitwohnungen, wie die FHGR-Studie zeigt.

An den Flimser Zahlen lässt sich die Problematik gut aufzeigen: Im Jahr 2022 standen nur gerade sieben von 5200 Wohnungen leer. Und sieben von zehn Wohnungen in der Gemeinde werden als Zweitwohnungen genutzt. Mit dieser Quote befindet sich Flims auch national unter den Gemeinden mit dem höchsten Zweitwohnungsanteil.

Die Studie bestätigt die Aussagen Hugs nicht nur: Es gebe ein «massives Wohnunterangebot». Sondern sie warnt gar: Werden keine neuen Wohnungen gebaut, spitzt sich die Wohnungsnot in Flims noch drastisch zu.

Keine Wohnungen für Angestellte

Das ist auch Markus Wolf (50) bewusst. Der CEO der Weisse Arena Gruppe bestätigt, nicht nur, dass es für seine Gruppe zunehmend zum Problem wird, Mietwohnraum für Arbeitnehmende zu finden. Sondern er stellt schon fest: «Es gab Phasen im vergangenen Winter, in denen es keine freie Wohnung mehr gab.» Man finde auf dem freien Markt nichts mehr.

Wolf nennt noch einen weiteren Grund, weshalb die Wohnungsnot in den Feriendomizilen zugenommen hat: «Zweitwohnungsbesitzer vermieten ihre Wohnungen weniger, weil sie diese seit Corona vermehrt selber benutzen.» Dass die Pandemie zu einer erhöhten Nachfrage nach Zweitwohnungen im Alpenraum geführt hat, zeigt auch die Studie.

Lösungen in der Pipeline – aber das dauert

Flims will nun im Wohnungsbau aktiv werden. Es seien verschiedene Projekte in Planung. Laut Martin Hug sind Wohnungen für Familien und Einzelpersonen sowie Personalunterkünfte vorgesehen.

Und auch Markus Wolf erklärt, die Weisse Arena habe mehrere Wohnungen über einen längeren Zeitraum angemietet und auch selber welche gebaut. Zudem gebe es in den Gemeinden Flims und Laax verschiedene Initiativen für den Bau von Einheimischen- und Personalwohnungen.

Es ist allerdings klar: Bis neue Wohnungen bezugsbereit sind, braucht es Zeit.

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